Berlin-Marathon 1992: „Es war wie in einem Traum”

Von Jörg Wenig
Uta mit Christoph Kopp und Organisator Horst Milde © privat.
Uta mit Christoph Kopp und Organisator Horst Milde © privat.

„Es war ein traumhaftes Gefühl, wieder in Berlin gewinnen zu können”, erzählte Uta Pippig, nachdem vor heimischem Publikum zum zweiten Mal nach 1990 den Berlin-Marathon gewonnen hatte. Angefeuert wurde sie dabei einmal mehr von einem begeisterten Millionenpublikum am Streckenrand.

Während Uta vor zwei Jahren noch mit dem Streckenrekord von 2:28:37 Stunden gewonnen hatte, reichte es dieses Mal mit 2:30:22 nicht zu einer neuen Bestzeit, doch das tat der Freude der Berlinerin und ihres Coaches sowie Freundes Dieter Hogen keinen Abbruch.

Es war kein leichter Sieg, denn eine Fußverletzung machte ihr zu schaffen. Uta hatte vom Start weg versucht, als sie noch keine Probleme hatte, den deutschen Rekord von Katrin Dörre (2:25:24 Stunden) zu brechen. Die 27-Jährige hatte sich nach wenigen Kilometern von ihren Konkurrentinnen abgesetzt. Und die Zwischenzeiten von 51:11 Minuten bei 15 km und 1:12:37 Stunden bei der Halbmarathonmarke liefen ziemlich genau auf eine neue deutsche Bestzeit hinaus.

„Doch schon im Training vor dem Rennen habe ich mir den Fuß durchgetreten und stand kurz vor einem Ermüdungsbruch. Bei Kilometer 25 kamen die Schmerzen wieder, und ich habe sogar ans Aufhören gedacht”, erzählte Uta. Doch aufgeben vor einem derart begeisterten heimischem Publikum kam für sie nicht wirklich in Frage. Und schon gar nicht an dieser Stelle. Denn kurz nach Kilometer 25 verläuft die Strecke in unmittelbarer Nähe zum Berliner Wohnsitz von Uta. In Steglitz warteten viele Fans am Straßenrand, die sie persönlich kannten.

So gab Uta zwar das Rekordvorhaben auf, nicht aber das Rennen. Sie lief taktisch weiter. Deshalb konnten die Vorjahressiegerin und Streckenrekordhalterin Renata Kokowska (Polen/2:27:36) sowie die Russin Ljubow Klochko noch einmal zu Uta aufschließen. Das Trio blieb bis Kilometer 40 zusammen. „Es war ein langsames Tempo, doch ich wollte den Sieg nicht gefährden“, erzählte Uta, die mit ihrem entscheidenden Antritt bis zwei Kilometer vor dem Ziel wartete.

Dann konnten weder Kokowska noch Klochko mithalten, und Uta lief auf dem Kurfürstendamm, Kusshändchen in Richtung Publikum werfend, einem umjubelten Sieg entgegen. Mit 2:30:22 verfehlte sie aufgrund der Beschwerden auch die angestrebte persönliche Bestleistung (2:26:52) deutlich. Doch der Sieg war wichtiger. Und als Uta am Nachmittag zu ihrer Steglitzer Wohnung zurückkehrte, gab es noch eine Überraschung. Nachbarn hatten an der Hausfassade ein Transparent aufgehängt. „Das war super, Uta“, stand dort geschrieben.