Grundprinzipien des Trainings für die erste Aufbauphase Eurer Marathonvorbereitung

Von Uta Pippig

Liebe Freunde,

© Betty Shepherd
© Betty Shepherd

anknüpfend an meine Beiträge mit Informationen zu den Trainingsphasen für Eure Marathonvorbereitung sowie zu den Themen Erholung und Umfangsteigerung der langen Läufe, möchte ich Euch heute allgemeine Tipps zu Eurer ersten Aufbauphase geben. Im zweiten Teil dieses Textes findet Ihr einige Anmerkungen zu den Anzeichen von „Übertraining“.

Falls Ihr Euch auf einen Marathon vorbereitet, der in etwa zehn bis elf Wochen stattfindet, wechselt Ihr in diesen Tagen von der Grundlagenphase zur ersten Aufbauphase Eures Trainings. In dieser Phase werdet Ihr sowohl den Kilometerumfang einer jeweiligen Laufwoche als auch den Eurer längeren Läufe erhöhen.

Bitte beachtet in den kommenden drei bis vier Wochen die allgemeinen Grundprinzipien des Trainings, die ich für Euch im Folgenden zusammengefasst habe. Sie werden Euch dabei helfen, bestens für die anschließende zweite Aufbauphase (etwa sechs bis drei Wochen vor Eurem Rennen) vorbereitet zu sein, die dann den höchsten Kilometerumfang und die längsten Läufe Eurer Marathonvorbereitung beinhalten wird.

  • Folgt dem Konzept der Periodisierung, indem Ihr im Anschluss an eine harte Trainingsphase eine lockere Trainingsperiode absolviert. Ein guter Plan würde zwei bis drei harte und intensivere Trainingswochen vorsehen, denen sich eine Erholungswoche mit leichterem und weniger intensivem Training anschließt. Detaillierte Informationen zu den Erholungswochen habe ich Euch in diesem Beitrag Beitrag zur Verfügung gestellt.
  • Ein Grundprinzip des Trainings der ersten Aufbauphase ist die Erhöhung des Kilometerumfangs Eurer langen Läufe, die ab einer Länge von 30 Kilometern marathonspezifische Läufe genannt werden. Für Einsteiger würde dies bedeuten, am Ende der ersten Aufbauphase zwischen 25 und 30 Kilometer absolvieren zu können – für Leistungssportler wären es bis zu 35 Kilometer. Hier habe ich Euch Vorschläge zur Umfangsteigerung für alle Leistungsstufen gemacht. Dort findet Ihr dazu eine Tabelle weiter unten im Text. Bitte entnehmt die Anzahl Eurer marathonspezifischen Läufe in der ersten Aufbauphase dem speziell auf Euch zugeschnittenen Trainingsplan.
  • Für unsere Einsteiger und fortgeschrittenen Läufer: Wenn Euch der Kilometerumfang der langen Läufe keine Probleme bereitet, könnt Ihr nun auch deren Tempo langsam erhöhen. Aufgrund meiner Trainingserfahrungen schlage ich Euch vor, auf jeden Fall zunächst den Kilometerumfang gut zu meistern, bevor Ihr Eure Geschwindigkeit steigert. Und beginnt Eure Läufe in einem langsameren Tempo als Ihr sie beendet. Ihr folgt damit dem wichtigen Trainingsprinzip der „Negativen Splits“. Das bedeutet, dass Ihr es auf den ersten Kilometern etwas ruhiger angehen lasst und die zweite Hälfte Eurer gewählten Distanz etwas schneller lauft. Ich werde Euch noch einige Male auf diese „Negativen Splits“ hinweisen, denn es ist eines der notwendigen Hilfsmittel, um ein gutes Marathonresultat zu erreichen.
  • Für unsere Einsteiger: Neben Euren marathonspezifischen Läufen könnt Ihr nun auch eine Tempoeinheit pro Woche in Euer Programm aufnehmen. Das kann zum einen ein schneller Tempolauf, den Ihr in mittlerer Geschwindigkeit beginnt, oder ein Intervalltraining wie beispielsweise ein 800-Meter-Programm sein. Wenn Ihr noch keine Erfahrungen mit diesen Trainingsmitteln habt, dann absolviert diese Einheiten bitte mit besonderer Vorsicht. Folgt auch den Vorgaben Eures auf Euch zugeschnittenen Planes.
  • Für unsere weiter fortgeschrittenen Läufer und Leistungssportler: Einige von Euch werden schon ein Intervalltraining pro Woche aufgenommen haben, wie beispielsweise ein 1000-Meter-Programm. In der ersten Aufbauphase sollte ein derartiges Programm Teil Eures Planes sein. In der zweiten Aufbauphase kann es dann erweitert werden. Achtet bitte auch auf eine angemessene Umfangsteigerung dieser Programme sowie Eurer marathonspezifischen Läufe und der Dauerläufe in mittlerer wie auch schneller Geschwindigkeit – so wie es Euer speziell auf Euch zugeschnittener Trainingsplan vorsieht.
  • Behaltet bitte während der ersten Aufbauphase auch die darauffolgende zweite Aufbauphase im Auge. Trainiert also immer mit Reserven – anstatt zu oft alles aus Euch herauszuholen und zu hart zu trainieren. Konzentriert Euch dabei auf den Gesamtverlauf Eures Trainings. Das bedeutet: Versucht, Euch in eine gute Form zu bringen, aber trainiert so, dass Ihr in der Lage seid, diese jetzige Trainingsperiode mit guten Kräften zu beenden, damit Ihr Euch nach einer Erholungswoche wieder erfrischt und motiviert fühlt. So werdet Ihr mit genügend Energie Eure besten Trainingsleistungen in der zweiten Aufbauphase Eurer Marathonvorbereitung erzielen können.
  • Unseren Triathleten, die diesen allgemeinen Hinweisen folgen und die einige Zeit nach ihrem Marathon an einem Triathlon teilnehmen, würde ich vorschlagen, in der ersten Aufbauphase zunehmend mehr laufspezifische Trainingseinheiten zu absolvieren. Eine Kombination aus beidem, einer Marathon- und Triathlonvorbereitung, ist möglich, um in beiden Events erfolgreich zu sein.

Zum Abschluss habe ich Euch noch einmal kurz die Hauptpunkte zusammengefasst, auf die Ihr Euch konzentrieren solltet, um die erste Aufbauphase erfolgreich zu gestalten. Es geht hauptsächlich um: (1) die entsprechende Erhöhung des Kilometerumfanges einer jeweiligen Laufwoche, (2) die Steigerung des Streckenmittels – also der Länge – Eurer marathonspezifischen Läufe, (3) die Aufnahme einer Tempoeinheit pro Woche und (4) das Absolvieren aller Laufeinheiten mit der notwendigen Beachtung des Trainingsprinzips der „Negativen Splits“. Diese Herangehensweise wird dafür sorgen, dass Ihr ein „Übertraining“ vermeidet und mit ausreichenden Reserven als auch in der bestmöglichen Form die folgende zweite Aufbauphase beginnen könnt.

Ich wünsche Euch sehr, dass Ihr Eurem Plan erfolgreich folgen könnt und Euer Training gut läuft. Ihr habt noch einige Wochen Zeit bis zum Marathon, und so hoffe ich auch, dass Ihr zuversichtlich und zufrieden mit Euren Fortschritten seid.

Noch ein Gedanke: Falls Ihr einmal im Zweifel über eine harte Trainingseinheit seid, sie Euch zu schwer erscheint und Ihr Euch nicht kräftig genug fühlt, sie zu absolvieren, dann geht auf Nummer sicher und nehmt Abstand davon. Ihr könnt so einem „Übertraining“ oder gar einer Verletzung vorbeugen.

Anzeichen von „Übertraining“:

(1) ein erhöhter Ruhepuls am Morgen nach dem Aufwachen sowie ein erhöhter Puls während und nach einer Laufeinheit, (2) eine Verminderung der allgemeinen Erholungsfähigkeit, (3) anhaltende Müdigkeit und stärkere Muskelverspannungen als üblich, (4) vorzeitiges Abbrechen einer oder mehrerer Trainingseinheiten, (5) eine verstärkte Neigung zu Verletzungen, (6) die Schwächung des Immunsystems mit einem erhöhten Risiko für Erkältungen, (7) verminderter Appetit, (8) die Veränderung Eures normalen Schlafrhythmus, (9) Mangel an Konzentration und (10) das häufige Gefühl von Müdigkeit, Erschöpfung und/oder Überforderung.

© Jay Prasuhn
© Jay Prasuhn

Bitte fühlt Euch nicht entmutigt, wenn eine Verletzung, eine Erkältung, berufliche oder persönliche Herausforderungen oder vielleicht auch Reisepläne Euer Training verzögern. Das alles kann jedem passieren. Es ist nicht einfach, sich neuen Anforderungen zu stellen und sich den intensiven Trainingsbelastungen einer Marathonvorbereitung zu unterziehen. Falls Ihr Eurem Plan nicht folgen könnt, dann ist es immer gut, einen Schritt zurückzutreten, die Situation zu überdenken, Euren Plan zu modifizieren und dann mit verändertem Programm fortzufahren. Warum solltet Ihr Euch davor scheuen, wenn eine schwierige Situation es erfordert? Oftmals ist es der beste Weg, unnötigen Druck von Eurem bereits anspruchsvollen persönlichen Tagesplan und von anderen Zielen zu nehmen. Ihr werdet auf diese Weise mit mehr Kraft und neuem Mut das Training fortsetzen können.

Ich sende Euch alles Gute und viel Erfolg für Eure Fitness und Euer Training. Habt Spaß bei allen Läufen auf immer wieder tollen Strecken und Wegen – und bleibt vor allem verletzungsfrei.

Keep running,

Lesetipps:

  1. Utas Zusammenfassung für Eure Marathon-Vorbereitung. Teil I: Lauftraining
  2. Utas Zusammenfassung für Eure Marathon-Vorbereitung. Teil II: Ausgleichstraining
  3. Utas Zusammenfassung für Eure Marathon-Vorbereitung. Teil III: Ernährung

Aktualisiert am 4. Februar 2014
Erschienen im Februar 2013