In einem Jahr können Sie Marathon laufen

Von Dieter Hogen mit Uta Pippig
© Victor Sailer
© Victor Sailer

Einen Marathon haben Sie bisher nur als Zuschauer verfolgt, und ans Laufen haben Sie sich bisher noch nicht so richtig herangetraut? Macht nichts, trotzdem können Sie in etwa einem Jahr selbst bei einem Marathonrennen über 42,195 km mitlaufen. Bestimmt kann Ihnen das Trainingsprogramm für Anfänger, das Trainer Dieter Hogen aufgestellt hat, dabei helfen, Ihren Marathon-Traum wahr werden zu lassen. Es ist nicht nötig, schon vorher ein Läufer gewesen zu sein. Die langfristige Vorbereitung reicht aus, um einen Marathon rennen zu können. Natürlich ist es aber hilfreich, wenn Sie vor dem Laufen schon Sport getrieben haben.

Was Sie vorher brauchen? Nur eine Voraussetzung: die richtige Motivation. Sie wollen sich fit halten und vielleicht auch Ihr Gewicht reduzieren, Sie wollen sich einfach nur wohl fühlen oder haben Lust am Abenteuer Marathon – dann fangen Sie an zu laufen. Und eines Tages stehen Sie vielleicht am Start bei einem der großen Marathon-Klassiker von Berlin, Boston, Chicago, London oder New York.

© Victor Sailer
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Einige Dinge vorweg: Wenn Sie sich entschließen zu laufen und dies richtig dosiert tun, werden Sie viel Freude an Ihrem neuen Sport haben. Laufen ist gesund, macht Spaß und erhöht die allgemeine Leistungsfähigkeit. Und schließlich bringt das Laufen auch noch eine gute Figur. Bevor Sie die ersten Schritte machen, sollten Sie darüber mit Ihrem Hausarzt sprechen und sich sportmedizinisch untersuchen lassen. Ebenso wichtig ist es, sich beim Kauf der Laufschuhe gut beraten zu lassen. Weitere Informationen zu diesen und anderen Themen können Sie in Utas Artikel „Allgemeine Hinweise für Ihre Marathonvorbereitung – Trainieren Sie mit Freude”, erhalten. Dort finden Sie auch mögliche Antworten darauf, wie Sie Ihren spezifischen Trainingsplan mit allgemeinen Trainingsmitteln hervorragend unterstützen können.

Setzen Sie sich unter keinerlei Erfolgsdruck oder eine nervliche Belastung. Die richtig langen Trainingsstrecken kommen erst ganz am Ende der Vorbereitung – und bis dahin sind Sie gut vorbereitet und können auch diese Distanzen meistern. Einer der häufigsten Fehler ist ein viel zu schnelles Loslaufen. Damit können Sie sich überfordern und verlieren vielleicht sogar die Lust. Beginnen Sie also ganz vorsichtig und langsam. Wenn Sie während eines Trainingslaufes außer Puste kommen, machen Sie einfach eine Pause und gehen ein bisschen.

Wenn Sie in der Vorbereitungszeit einmal eine Woche nicht laufen können, ist das kein Problem. Es ist genug Zeit. Sie brauchen keine Angst zu haben, sich bei einem großen Marathonlauf wie Berlin oder New York zu blamieren. Sollte es unterwegs Probleme geben, können Sie natürlich Gehpausen einlegen. Das machen viel mehr Läufer als Sie denken. Egal, wie man sich vorbereitet hat, man wird unterwegs immer jede Menge Leute finden, die im gleichen Leistungsniveau sind. Und Sie werden den Spaß an einem gemeinsamen Erlebnis Marathon entdecken. Sie haben viel Zeit, das Ziel zu erreichen. Bei den großen Rennen wird das Ziel meist erst nach über sieben Stunden geschlossen. Das heißt, Sie brauchen in der Stunde nur rund sechs Kilometer zu laufen – das wären für jeden Kilometer zehn Minuten.

Wenn Sie langsam joggen, werden Sie deutlich schneller sein. Setzen Sie sich schon beim Beginn des Lauftrainings kurzfristige Ziele. Denn immer wiederkehrende Erfolgserlebnisse sind entscheidend, um am Tag X tatsächlich an der Startlinie zu stehen und das Abenteuer Marathon angehen zu können. Nach einem Training ist eine richtige Erholungsphase sehr wichtig. Machen Sie in jedem Fall erst nach dem Lauf eine Dehngymnastik, und bitte nur nach lockeren Trainingseinheiten. Danach können Sie ein Bad nehmen (bitte nicht zu warm!) oder in die Sauna gehen. Vergessen Sie nicht, generell ausreichend zu trinken.

Wir unterteilen das Jahr in vier Abschnitte mit jeweils drei Monaten Länge und bezeichnen diese als

  • Gewöhnungsphase (I),
  • Aufbauphase (II),
  • allgemeine Vorbereitungsphase (III) und
  • spezielle Vorbereitungsphase (IV).

1. PHASE, drei Monate:

Der wichtigste Schritt ist, vor die Tür zu gehen. Wenn Sie sich dazu überwunden haben, schaffen Sie auch den Rest. Es ist durchaus angebracht und üblich, sich zunächst zwei- bis dreimal pro Woche in zügigem Wanderschritt für circa 20 bis 30 Minuten zu belasten. Nach weiteren zwei bis drei Wochen kann man mit lockerem Jogging beginnen, wobei 1- bis 2-Minuten-Intervalle zu empfehlen sind. Das heißt, Sie joggen 1 bis 2 Minuten und machen danach eine Gehpause von etwa der gleichen Länge mit einer Gesamtdauer von wiederum 20 bis 30 Minuten. Später erhöhen Sie die Lauf- und Gehintervalle auf drei Minuten. Die nächste Stufe wären dann vier Minuten laufen und zwei Minuten zügig gehen sowie anschließend sechs Minuten laufen und zwei Minuten zügig gehen. So bauen Sie stetig weiter auf, bis Sie zum Beispiel 30 Minuten am Stück laufen können. Das Tempo sollte immer so gewählt werden, dass Ihre Atmung noch gut unter Kontrolle ist.

Ein geeigneter Wochenplan, einen Monat nach Laufbeginn, könnte dann so aussehen: 1. Trainingstag: 20 Min. laufen, 5 Min. gehen, 5 Min. laufen; 2.Trainingstag: 5 x jeweils 2 Min. laufen, dazwischen pausieren bis zur Erholung (die letzten 2 x 2 Min. sollen die schnellsten Intervalle sein, nicht die ersten). Nach diesem Training mindestens zwei Tage Pause; 3. Trainingstag: 5 km laufen, evtl. mit Gehpausen.

Lassen Sie sich genügend Zeit beim Training, steigern Sie die Belastung langsam von Woche zu Woche. Es reicht aus am Ende dieser ersten Phase in der Lage zu sein, 5 km am Stück laufen zu können. Und danach? Vielleicht sind Sie dann schon bereit, das Training für Ihren ersten 10-km-Lauf oder sogar einen Halbmarathon zu beginnen.

2. PHASE, drei Monate:

Laufen Sie jetzt drei- bis viermal pro Woche, wobei der Kilometerumfang sowie die Belastungsdauer langsam ausgebaut werden. Sie sollten aber zur Abwechslung während einer Woche auch kürzere Strecken laufen. Ein längerer Lauf lässt sich zum Beispiel pro Woche um zehn Minuten verlängern. Für diese Phase II gilt, dass nach zwei bis drei Wochen mit gutem Training durchaus eine lockere Woche folgen kann. In dieser Woche brauchen Sie nur dreimal zu trainieren und laufen, so wie sie Lust haben, um danach wieder so richtig fit zu sein.

Beispielwochen für Phase II

MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag
Anfang – Phase II
Ruhe8 km (l)6 km (m-s)Ruhe6-8 km (l) oder RuheRuhe12 km (l)
Ende – Phase II
Ruhe8-10 km (l)8 km (m-s)Ruhe8 km (l) oder Ruhe8 km (l)12-15 km (l)

l = langsames Tempo (Ihr normales Ausdauertempo)
m = mittleres Tempo (etwas schneller als normal)
s = schnelleres Tempo

l-m oder m-s = Steigerungslauf (die ersten 25 % der Streckenlänge langsamer als das Durchschnittstempo, dann langsame Steigerung und für etwa 50 % Durchschnittstempo, während der letzten 25 % langsam steigendes Tempo, überdurchschnittlich.

Vorsicht bei den Tempounterschieden: nicht zu schnell werden!

3. PHASE, drei Monate:

Wichtig ist in dieser Phase eine weitere Erhöhung der Streckenlänge, allerdings nun auch des Tempos.

Für diese Phase gilt, dass nach zwei bis drei Wochen mit gutem Training durchaus eine lockere Woche folgen kann. In dieser Woche brauchen Sie nur dreimal zu trainieren und laufen, so wie sie Lust haben, um danach wieder so richtig fit zu sein.

Beispielwochen für Phase III

MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag
Anfang – Phase III
Ruhe10 km (l)8 km (m-s)Ruhe8-10 km (l)10 km (m)15 km (l)
Ende – Phase III
Ruhe10 km (l)10 km (m-s)Ruhe10 km (l)12 km (m)20 km (l)

l = langsames Tempo (Ihr normales Ausdauertempo)
m = mittleres Tempo (etwas schneller als normal)
s = schnelleres Tempo

l-m oder m-s = Steigerungslauf (die ersten 25 % der Streckenlänge langsamer als das Durchschnittstempo, dann langsame Steigerung und für etwa 50 % Durchschnittstempo, während der letzten 25 % langsam steigendes Tempo, überdurchschnittliche Vorsicht bei den Tempounterschieden: nicht zu schnell werden!

4. PHASE, drei Monate:

Phase drei wird fortgesetzt mit einer weiteren Erhöhung des wöchentlichen Kilometerumfanges. Für die letzten zehn Wochen dieser spezifischen Marathon-Trainingsphase können Sie sich am aufgestellten Trainingsplan orientieren. Bei diesem Plan können die Trainingstage Freitag und Samstag auch vertauscht werden. Von der ersten bis zur achten Woche langsam die Geschwindigkeit steigern, unter anderem bei den Mittwoch- und Samstag-Einheiten.

Die letzten zehn Wochen vor einem Marathon

 MontagDienstagMittwochDonnerstagFreitagSamstagSonntag
1.
Ruhe10 km (l)15 km (m-s)Ruhe10 km (l)10 km (s)25 km (l)
2.
Ruhe10 km (l)15 km (m)Ruhe10 km (l)10 km (s)25 km (l)
3.
Ruhe8 km (l)8-10 km (l-m)RuheRuhe8 km (m)15 km (l)
4.
Ruhe10 km (l)15 km (m)Ruhe10-12 km (l)10 km (s)25-30 km (l)
5.
Ruhe10 km (l)15 km (m)Ruhe10-12 km (l)Ruhe25-30 km (l)
6.
Ruhe8 km (l)8-10 km (l-m)RuheRuhe8 km (m)15 km (l)
7.
Ruhe10 km (l)15 km (m)Ruhe10-12 km (l)10 km (s)30 km (l)
8.
Ruhe10 km (l)20 km (m)Ruhe10-12 km (l)10 km (s)30 km (l)
9.
Ruhe10 km (l)20 km (m)Ruhe8 km (l)8-10 km (m-s)12-15 km (l)
10.
Ruhe8 km (l)8 km (m, letzte 3 km s)Ruhe30 min (l)20-30 min (l)Marathon 42,195 km

l = langsames Tempo (Ihr normales Ausdauertempo)
m = mittleres Tempo (etwas schneller als normal)
s = schnelleres Tempo

l-m oder m-s = Steigerungslauf (die ersten 25 % der Streckenlänge langsamer als das Durchschnittstempo, dann langsame Steigerung und für etwa 50 % Durchschnittstempo, während der letzten 25 % langsam steigendes Tempo, überdurchschnittliche Vorsicht bei den Tempounterschieden: nicht zu schnell werden!

Aktualisiert am 26. September 2011