Nach dem Marathon: So kommen Sie schnell wieder auf die Beine

Von Uta Pippig mit Scott Douglas

Unmittelbar nach dem Marathon
Der Rest des Tages
Die ersten Tage nach dem Marathon
Zurück zum Lauftraining
Der „Post-Marathon-Blues“

© www.PhotoRun.net
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Sie haben den Marathon gerade erfolgreich beendet und stehen nun vor einer schwierigen Entscheidung: Sollten Sie den Käsekuchen vor, nach oder gar zum Abendessen genießen? Abgesehen von diesem Dilemma, haben Sie sich vielleicht schon einen Plan zurecht gelegt, wie Sie sich von Ihrem Marathonlauf erholen möchten und können es nun kaum erwarten, sich zu entspannen und auszuruhen.

Es kann schon eine Herausforderung sein, genau zu entscheiden, was man nach dem Wettkampf tun könnte, um sich körperlich und muskulär schneller zu regenerieren. Obwohl durchaus verständlich, ist es nicht ratsam, dem „inneren Schweinehund“ nachzugeben, der so wenig aktiv sein will wie möglich oder nur das tun möchte, wonach ihm der Sinn steht. Im Folgenden erfahren Sie, was Sie unmittelbar nach einem Marathon sowie in den darauf folgenden Tagen und Wochen tun können, damit Sie sich so schnell wie möglich von Ihrem Lauf erholen.

Unmittelbar nach dem Marathon

Der Zieleinlauf des Berlin-Marathons am Brandenburger Tor. © www.PhotoRun.net
Der Zieleinlauf des Berlin-Marathons am Brandenburger Tor. © www.PhotoRun.net

Sie haben es geschafft! Freuen Sie sich über Ihren Erfolg, genießen Sie Ihre Begeisterung und Ihr „Runner’s High”! Trinken Sie etwas Wasser und umarmen Sie Ihre Lieben. Vergessen Sie Ihre müden Beine und beglückwünschen Sie sich selbst sowie die Läufer, die mit Ihnen den Marathon bestritten haben. Wickeln Sie sich in eine Wärmfolie oder etwas Ähnliches ein, damit Ihre Körpertemperatur nicht zu schnell absinkt – und machen Sie sich keine Gedanken darüber, wie komisch Sie vielleicht darin aussehen! Etwas Leichtes zu essen, beispielsweise eine Banane, wäre jetzt genau das Richtige.

Schlüpfen Sie so schnell es geht in trockene, warme Kleidung. Dann noch frische Socken und ein bequemes Paar Schuhe, in denen Ihre geschwollenen Füße genügend Platz haben, und Sie fühlen sich wie neu.

Der Rest des Tages

Versuchen Sie, möglichst schnell zu Ihrer Unterkunft zurück zu kommen, damit Sie sich dort ausruhen und duschen können. Außerdem ist es wichtig, ausreichend zu trinken. Wenn Sie Sportgetränke noch nicht vollkommen satt haben, trinken Sie eins oder auch zwei! Diese versorgen Ihren Körper mit Vitaminen, etwas Protein (achten Sie darauf, dass Protein als Inhaltsstoff aufgeführt ist!) und Kalorien in Form von Kohlenhydraten, die Ihren Blutzuckerspiegel wieder normalisieren. Leichte Nahrungsmittel, die gut verdaulich sind, dazu zählen insbesondere Gemüse oder Obst wie Apfelsinen und Bananen, versorgen Ihren Körper mit den erforderlichen Nährstoffen und beschleunigen die Erholung. Neben notwendigen Kalorien sind darin auch wichtige Mineralien, Antioxidantien und Enzyme enthalten.

Ein kurzer Spaziergang wird Ihren Muskeln helfen, sich wieder zu regenerieren und ist in jedem Fall besser, als gar nichts zu tun. Er wirkt fast wie ein Cooldown (das ist ein kurzer, langsamer Lauf über ein paar Kilometer) und fördert die Blutzirkulation und damit den Prozess der Muskelregeneration. Nach dem Spaziergang wäre eine leichte Massage ideal. Bitte sagen Sie Ihrem Therapeuten, dass er sanft vorgehen soll – Ziel ist es, Ihre Blutzirkulation anzuregen, den Stoffwechsel in den Muskelzellen zu stimulieren und damit Nährstoffe hin zu Ihren Muskeln zu transportieren. Außerdem wird die Muskulatur entspannt, was zu einer schnelleren Erholung des Körpers beiträgt.

Nach dem Marathon ist es ratsam, das so genannte „Ernährungsfenster“ zu beachten. Darunter versteht man die Phase unmittelbar nach einer längeren Belastung, während der jene Muskelenzyme erhöht sind, die die Glykogenproduktion anregen – Glykogen ist die primäre Energiequelle der Muskeln während des Marathons. Aus diesem Grund ist es hilfreich, direkt nach dem Lauf ähnliche Dinge zu essen, wie vor dem Lauf, d.h. vor allem leicht verdauliche Kohlenhydrate, um die Energiedepots in den Muskeln wieder aufzufüllen. Je früher Sie in der Lage sind, Ihrem Körper die notwendigen Kalorien wieder zuzuführen, desto mehr Glykogen kann produziert werden und umso schneller werden sich Ihre Muskeln wieder erholen.

Während der ersten 30 bis 45 Minuten nach dem Marathon können Ihre Muskeln 50 Prozent mehr Glykogen absorbieren als zu anderen Zeitpunkten. Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass eine kleine Menge Protein nach der Belastung den Muskeln hilft, mehr Glykogen aufzunehmen (in einem Verhältnis von 4:1 – das heißt, auf 4 Teile Kohlenhydrate entfällt 1 Teil Protein). In dieser Phase, in der Ihr Magen vielleicht noch ein wenig empfindlich ist, wäre ein Smoothie in Zimmertemperatur ideal. Er ist leicht verdaulich, enthält ein wenig Protein und ist reich an Kohlenhydraten.

Achten Sie bei Ihrer ersten größeren Mahlzeit darauf, Nahrungsmittel auszuwählen, mit denen Sie die Kohlenhydrate wieder auffüllen können wie beispielsweise Vollkornnudeln, Basmati-Reis, Vollkorn-Bagels, Haferflocken oder andere langsam verdauliche Nahrungsmittel. Beim Marathon läuft die Durchblutung Ihrer arbeitenden Muskeln auf Hochtouren, während Ihr Magen nur gering mit Blut versorgt wird. Geben Sie Ihrem Verdauungssystem nach dem Wettkampf etwas Zeit, wieder zu seiner normalen Verdauungsfunktion zurück zu finden. In der Regel ist es besser, im Laufe des verbleibenden Tages verschiedene kleine Snacks zu sich zu nehmen als nur einmal eine große Portion.

Hat sich Ihr Magen wieder vollkommen erholt, steht Ihnen vermutlich der Sinn nach Ihrem Lieblingsdessert. Wenn es je einen geeigneten Moment gibt, Ihrem Süßschnabel nachzugeben, dann ist es dieser. (Habe ich den Käsekuchen eigentlich schon erwähnt?)

Natürlich brauchen Sie keinen dieser Ratschläge zu befolgen! Doch ist es gut, sich darüber bewusst zu sein, dass sich Ihre vollständige Erholung um mehrere Tage verzögert, falls Sie Ihrem natürlichen Bedürfnis folgen und es sich mit einer Tüte Chips auf der Couch bequem machen. Was Sie kurz nach dem Marathon tun, wird nicht nur bestimmen, wann und wie Sie Ihr Lauftraining wieder aufnehmen, sondern ebenso, wie Sie sich in der folgenden Woche zu Hause und bei der Arbeit fühlen werden.

Am Abend nach dem Wettkampf können Sie vielleicht vor lauter Erschöpfung keinen Schlaf finden. Das ist normal und völlig in Ordnung. In diesem Fall ist es hilfreich, wenn Sie versuchen, über Ihre großartige Leistung zu reflektieren, anstatt sich zusätzlichen Stress zu machen, weil Sie nicht richtig schlafen können. Auch in diesem Punkt wäre eine Massage angebracht, denn sie könnte Ihnen das Einschlafen erleichtern. Sie hilft Ihnen Ihr Nervensystem zu entspannen, das sicherlich seit der Nacht vor dem Marathon besonders aktiv war.

Die ersten Tage nach dem Marathon

© www.PhotoRun.net
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Dies ist eine wichtige Zeit, auf den eigenen Körper zu hören. Erholung hat jetzt höchste Priorität! Sie sind gerade 42,195 Kilometer gelaufen, das war eine großartige Leistung! Wie schnell Sie sich von dieser enormen Anstrengung erholen werden, hängt einerseits von Ihrer individuellen Konstitution ab und anderseits davon, wie gut Sie in den nächsten Tagen auf Ihren Körper Acht geben. Sie werden sich schneller erholen mit einem kleinen Spaziergang oder einem lockeren Dauerlauf über zehn bis fünfzehn Minuten. Für mich war es angenehm, am Tag danach ein Stück zu laufen, denn dieses lockere Training hat mir geholfen, meine müden und verspannten Muskeln aufzulockern. Wenn Sie ein gut trainierter Läufer sind, wird es Ihnen nach einem kurzen Dauerlauf sicherlich besser gehen. Doch egal, wie gut Sie sich fühlen, laufen Sie nicht mehr als vier bis sechs Kilometer. Achten Sie außerdem während der nächsten Tage darauf, dass Sie bei all Ihren Läufen Ihre Herzfrequenz niedrig halten. Eine leichte Belastung ist alles, was Sie brauchen.

Diese Ratschläge gelten natürlich nur, wenn Sie sich während des Marathonlaufes nicht verletzt haben und Sie sich mehr oder weniger normal bewegen können. Wenn Sie sich einen Muskel gezerrt oder schlimme Blasen zugezogen haben und nicht in Ihrer gewohnten Weise laufen können, sollten Sie auch kein Training absolvieren. Durch eine mögliche Schonhaltung kann sich Ihr Laufstil verändern und Sie riskieren, dass anschließend andere Probleme auftreten.

Vielleicht fragen Sie sich, weshalb Sie überhaupt etwas tun sollten? Ebenso wie Ihr Spaziergang am Nachmittag nach dem Marathon steigert leichte Bewegung Ihre Blutzirkulation, was dem Körper wiederum dabei hilft, giftige Stoffwechselprodukte auszuschwemmen und Sauerstoff sowie Nährstoffe wieder zu den Muskeln zu befördern.

Sie können auch Dehnungsübungen in Ihr Training integrieren, jedoch nicht vor Ihrem Lauf! Ihr Muskelgewebe kann noch angespannt und empfindlich sein, vor allem nach einem hügeligen Marathon. Wenn die Muskulatur erst in erwärmtem Zustand gedehnt wird, vermeiden Sie Verletzungen. Es ist sogar ratsam, nach dem Marathon eine ganze Woche lang nur sehr vorsichtig zu dehnen, indem Sie die Übungen äußerst sanft ausführen und nur im Anschluss an einen kurzen Lauf oder ein Aufwärmtraining. Dehnen Sie dabei vor allem Ihre Waden und Achillessehnen, die Oberschenkelbeuge- und -streckmuskulatur sowie die Hüftbeuger und die Glutealmuskulatur. Beschränken Sie sich dabei auf eine kurze, leichte Dehnungseinheit von maximal zehn Minuten.

Verwöhnen Sie sich, wenn Sie die Gelegenheit dazu haben, und nicht nur im Hinblick aufs Essen. Wenn Sie gerade an einem der großen Stadtmarathonläufe teilgenommen haben und nicht sofort wieder abreisen müssen, machen Sie ein bisschen Sightseeing, gehen Sie bummeln. Oder tun Sie etwas, das Sie vom Marathon ablenkt, auf den Sie sich die gesamte vergangene Woche konzentriert haben. Sightseeing ist auch deshalb gut, weil Sie dabei in einem für Sie bequemen Tempo laufen. Ist der Spaziergang lang genug, haben Sie für diesen Tag schon das zur Erholung nötige Pensum an Bewegung auf angenehme Weise erfüllt. Am nächsten Tag können Sie dann wieder einen lockeren Dauerlauf absolvieren.

Auch wenn Sie leichte Gelenkschmerzen haben oder aus anderen Gründen denken, dass Jogging oder Walking für Ihre Erholung eher hinderlich statt förderlich ist, so ist es dennoch ratsam, sich zumindest ein wenig zu bewegen, denn der erhöhte Blutfluss fördert die Erholung Ihrer Muskeln. Alternativtraining, wie beispielsweise Schwimmen, Wasserlaufen oder ein lockeres Spinning auf dem Rad, kann jetzt hilfreich sein.

Da es mitunter schwierig ist, nach dem Marathon zwischen einer akuten Verletzung und einem normalen Muskelkater oder verspannten Muskeln zu unterscheiden, sollten Sie bei größeren Schmerzen auf keinen Fall zu lange warten und besser einen Sportmediziner aufsuchen. In den meisten Fällen werden Ihre Schmerzen und Ihre Steifheit jedoch eher die Folge einer einfachen Überlastung als einer wirklichen Verletzung sein.

Zurück zum Lauftraining

Geschafft! …wenige Meter vor dem Ziel des Boston-Marathons. © www.PhotoRun.net
Geschafft! …wenige Meter vor dem Ziel des Boston-Marathons. © www.PhotoRun.net

Während meiner Zeit als Leistungssportlerin konnte ich erfahren, wie viel Zeit mein Körper benötigt, um sich vollständig von der langen Vorbereitung auf einen Marathon zu erholen, und wann ich wieder mit dem Training beginnen konnte. Im Allgemeinen wird die Notwendigkeit einer tiefen und umfangreichen Erholung etwas unterschätzt. Läufer haben häufig das Gefühl, dass sie schnell wieder mit dem Training beginnen müssen, um erneut eine gute Leistung zu erreichen.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Wenn Sie Ihrem Körper die Möglichkeit geben, sich vollständig zu erholen, kann dies die Voraussetzung dafür schaffen, dass Sie bei zukünftigen Rennen unerwartet schnelle Zeiten laufen können. Ein weiterer, wichtiger Bestandteil der Erholung ist, dass Sie auch Ihrem Geist die nötige Ruhe gönnen und ihm eine Pause von der Konzentration auf das Training geben. Wenn Ihr Körper dann wieder zum harten Training bereit ist, wird auch Ihr Geist zu der mentalen Stärke zurückgefunden haben, die Sie brauchen.

Auch wenn Sie sich nicht mehr müde und verspannt fühlen, halten Sie dennoch Ihr Kilometer-Pensum niedrig. Nach wie vor hat Erholung die höchste Priorität. In dieser Phase ist es gut, Laufen mit Ausgleichstraining – beispielsweise Schwimmen, Wasserlaufen oder kurze Strecken mit dem Rad fahren – zu verbinden, so dass Sie aktiv bleiben und gleichzeitig Ihrem Energiehaushalt erlauben, wieder sein normales Niveau zu erreichen.

Laufen Sie während Ihrer Trainingseinheiten möglichst nur auf solchem Untergrund, der schonend für Ihre müden Beine ist; was natürlich immer sehr empfehlenswert ist, aber ganz besonders zum jetzigen Zeitpunkt. Wenn Sie dazu Ihre Lieblingsstrecken auswählen, können Sie entspannen und den Lauf genießen. Doch selbst wenn Sie sich wieder voller Energie fühlen, seien Sie vorsichtig und überfordern Sie sich nicht; halten Sie Ihre Läufe nach wie vor kurz und trainieren Sie nur mit geringer bis mittlerer Intensität. Später werden Sie noch genügend Zeit für umfangreiches Training haben.

Während Sie schrittweise wieder zu Ihrem normalen Lauftraining zurückkehren, ist es ratsam, dieses zunächst vor allem qualitativ zu steigern, anstatt quantitativ. Achten Sie dabei auf tiefe Entspannung, einen lockeren Laufstil. Damit Sie wieder etwas flotter laufen können, beginnen Sie am besten mit Steigerungsläufen nach einem lockeren Lauf. Dazu wählen Sie eine 60 bis 80 Meter lange Strecke. Laufen Sie die ersten 15 Meter noch locker und beschleunigen Sie danach. Dann bleiben Sie bei diesem Tempo und beschleunigen erneut auf den letzten 15 Metern. Steigerungsläufe machen Spaß, sind kurz und nicht zu intensiv, und sie werden Ihnen helfen, Ihr Schnelligkeitsvermögen wiederzugewinnen, das unter dem monatelangen Marathontraining sicherlich etwas zu kurz kam. Wenn Sie sich nach einigen Steigerungsläufen gut fühlen, nehmen Sie ein- oder zweimal pro Woche eine Fahrtspiel-Trainingseinheit auf Ihrer Lieblingsrunde hinzu.

Vergrößern Sie Ihren Trainingsumfang dabei nicht gleich quantitativ, sondern gewöhnen Sie sich nur wieder an schnelleres Laufen. Etwa zur gleichen Zeit können Sie auch wieder mit 40- bis 45-minütigen Läufen mittlerer, jedoch auf keinen Fall hoher Intensität beginnen. Vorausgesetzt, Sie machen gute Fortschritte und haben vier bis fünf Wochen nach dem Marathon keine anhaltenden Muskelverspannungen und -ermüdungen oder wenig Energie, können Sie wieder längere Läufe, auch Schnelligkeit auf der Bahn, oder andere Trainingselemente in Ihre Laufroutine integrieren. Nun können Sie Ihre Leistungen mit denen vergleichen, die Sie vor dem Marathon beispielsweise bei einem Tempolauf auf einer Ihrer gewohnten Strecken, erreicht haben.

Und wenn es Ihnen gelingt, schlafen Sie in den ersten zwei Wochen nach dem Marathon so viel wie möglich. Leichter gesagt als getan, vermute ich. Wahrscheinlich werden Sie wieder zur Arbeit gehen und das Leben nimmt seinen gewohnten Gang, auch wenn Sie sich vermutlich ein wenig ausgelaugt fühlen. Sie werden sich während dieser Zeit mit mehr Schlaf schneller erholen, um wieder gut trainieren zu können.

Eine ausgewogene Ernährung mit jeder Menge frischem Obst und Gemüse und nicht zu vielen fettigen Nahrungsmitteln trägt ebenfalls zu einer rascheren Erholung bei. Es besteht auch kein Anlass jetzt übermäßig viel zu essen, nur weil Sie eine Woche zuvor einen Marathon gelaufen sind. Bereits nach drei bis vier Tagen haben Sie Ihrem Körper das wiedergegeben, was Sie während des Marathons verbraucht haben. Mit mehreren kleinen gesunden Mahlzeiten über den Tag verteilt, werden Sie sich besser fühlen als nach einem fettigen Mahl am späten Abend, und Sie laufen weniger Gefahr, ungewollt zuzunehmen. Dieser Aspekt ist deshalb nicht zu vernachlässigen, weil Sie jetzt deutlich weniger Kalorien verbrennen als während Ihres intensiven Marathontrainings.

Der „Post-Marathon-Blues“

…und kurz vor dem Ziel des New York-Marathons. © www.PhotoRun.net
…und kurz vor dem Ziel des New York-Marathons. © www.PhotoRun.net

Sie haben solch eine außergewöhnliche Leistung vollbracht – Sie sind einen Marathon gelaufen nach einer langen Vorbereitung über viele Wochen. Sportler sind sich bewusst, vergleichbar zu frisch gebackenen Müttern, dass es möglich ist nach einem großen Ereignis, das einen monatelang beschäftigt hat, in leichte Depression zu fallen. Das kann selbst dann passieren, wenn alles wunderbar verlief: Das Baby ist gesund, Sie haben eine persönliche Bestzeit beim Marathon erzielt. Über lange Zeit haben Sie Ihre ganze Aufmerksamkeit auf diesen einen großen Tag gelegt. Sie haben Ihren Körper auf die 42,195 km vorbereitet und darüber hinaus war Ihr Leben fast ausschließlich von der Vorbereitung auf diese wenigen Stunden bestimmt, die nun vorüber sind. Nachdem dieser Tag vorbei ist, kann man natürlich fragen, ‚Ist das alles gewesen? Was kommt jetzt?’.

Der erste Schritt, den „Post-Marathon-Blues“ zu überwinden, besteht darin, die eigenen Gefühle zu akzeptieren. Nach Ansicht von Sportpsychologen sind diese Emotionen völlig normal. Oft tut es schon gut, nette Unternehmungen mit Freunden und Partnern zu planen. Auch wenn Sie eigentlich gar nichts unternehmen wollen und sich dazu überwinden müssen vor die Tür zu treten, tun Sie es trotzdem. Es wird Ihnen zumindest zeitweilig helfen, Ihren negativen Gedanken zu entfliehen.

Wenn Sie unter anderem deshalb deprimiert sind, weil Ihr Marathon nicht wie gehofft erfolgreich verlief, versuchen Sie trotzdem, die oben genannten Tipps über Ernährung und Training zu beherzigen, damit Sie sich dennoch so schnell wie möglich erholen. Und noch einmal – und das meine ich ganz herzlich: Akzeptieren Sie Ihre Gefühle! Es ist normal, enttäuscht zu sein, wenn Sie Ihren eigenen Erwartungen nicht entsprechen und ein für Sie wichtiges Ziel nicht erreichen konnten. Wenn Sie diese Enttäuschung annehmen, statt gegen sie anzukämpfen, werden Sie sie schneller überwinden können.

Versuchen Sie außerdem, sich von der Enttäuschung nicht überwältigen zu lassen. Mit Hilfe einer positiven Einstellung gegenüber einem negativen Erlebnis werden Sie Ihre körperliche Erholung beschleunigen. Eine gründliche Analyse dessen, was beim Marathon tatsächlich nicht optimal gelaufen ist – vielleicht sind Sie zu schnell losgerannt oder haben sich vor dem Lauf nicht optimal ernährt – wird Ihnen helfen herauszufinden, was Sie bei Ihrem Training oder der Renntaktik verändern müssen, um solche Dinge künftig zu vermeiden.

Wenn Sie Ihre Leistung im Nachhinein überdenken, ist es sehr hilfreich, ehrlich zu sich selbst zu sein: War Ihr Ziel wirklich realistisch? War Ihr Training wirklich auf Ihr Ziel ausgerichtet? Manche Marathonläufer setzen sich zeitliche Vorgaben, die mehr auf schönen, runden Zahlen basieren – „Ich würde gerne schneller als 5:00 Minuten pro Kilometer laufen“ oder „Ich hoffe, ich kann die Drei-Stunden-Marke unterbieten“. Bemühen Sie sich um eine realistische Einschätzung Ihrer Vorbereitung und Ihres Trainingszustandes.

Auch wenn Ihr Ziel realistisch war – gab es am Tag des Rennens vielleicht Faktoren, die Sie daran gehindert haben, dieses zu erreichen? Möglicherweise war es zu warm oder zu windig oder vielleicht mussten Sie den Großteil der Strecke alleine laufen. Sie können einen fantastischen Marathon absolviert und dennoch Ihr Ziel aufgrund äußerer Umstände um nur wenige Minuten verpasst haben. Warum sollten Sie sich Vorwürfe wegen Dingen machen, die Sie nicht beeinflussen können? Sie sind trotz allem einen tollen Marathon gelaufen!

Wenn Sie schließlich wissen, warum Sie Ihr Ziel verfehlt haben, wiederholen Sie Ihre Analyse einige Tage später noch einmal. Zu diesem Zeitpunkt haben Sie vielleicht emotional einen größeren Abstand und damit eventuell auch eine klarere Sicht auf das, was wirklich passiert ist. Vielleicht können Sie dann sogar schon darüber lachen – insbesondere, wenn es sich um einen weit verbreiteten Fehler handelt und Sie zum Beispiel die ersten Kilometer etwas zu schnell angelaufen sind.

Wenn Sie eine gewisse Leere spüren, obgleich Ihr Marathon erfolgreich verlief, kann das Setzen eines neuen Zieles hilfreich sein (bei der Auswahl von – wie ich sie nenne – „guten Zielen“ kann Ihnen mein Interview „Träume werden wahr: Wie Ihr Euch Ziele setzen und sie auch erreichen könnt“ helfen). Dabei muss es sich nicht um etwas Großartiges handeln. Es könnte etwas Lustiges und Freudvolles sein wie ein Schneeschuh- oder Skilanglaufrennen oder Veranstaltungen in der Hallensaison. Sie könnten Ihren Schwerpunkt von nun an auch auf kürzere Rennen legen und die Ausdauer, die Sie durch Ihr Marathontraining aufgebaut haben, als Grundlage für erfolgreiche 5- und 10-km-Rennen nutzen. Ich habe versucht, mich von Frühjahrs-Marathonläufen relativ schnell zu erholen, damit ich die hart erarbeitete Fitness und Ausdauer noch für die Bahnsaison im Sommer nutzen konnte. So hat mich beispielsweise die rasche Erholung nach einem Boston-Marathon in die Lage versetzt, bereits sechs Wochen später über die 10.000 Meter auf der Bahn noch eine persönliche Bestleistung zu laufen.

Am leichtesten kommen Sie wahrscheinlich durch den „Post-Marathon-Blues“, wenn Sie einem Freund dabei helfen, ein Ziel zu erreichen. Werden Sie dessen Ratgeber, laufen Sie mit oder reichen Sie ihm Getränke und Verpflegung auf einem langen Lauf oder leisten Sie bei einem Training auf der Bahn Gesellschaft. Freunde zu unterstützen, wird Sie beflügeln und Ihnen Ihr Selbstvertrauen zurückgeben.

Schließlich wird es Ihnen auch helfen, wenn Sie sich wieder in andere Lebensbereiche integrieren. Während der Vorbereitung auf Ihren Marathon haben Sie sicherlich auf vieles verzichtet. Jetzt können Sie wieder mehr Zeit mit Ihrer Familie und Ihren Freunden verbringen oder an Aktivitäten teilnehmen, was Sie während des Marathontrainings nicht tun konnten. Nun ist die beste Zeit, sich wieder den Menschen und Dingen zu widmen, die Ihnen wichtig sind. Sie werden später dankbar sein, dass Sie dies getan haben, wenn das Marathonfieber Sie erneut packt und Sie wieder ernsthaft anfangen zu trainieren.

Ich wünsche Ihnen viel Glück für eine schnelle Erholung und erfolgreiche neue Ziele beim Laufen!

Ihre

Lesetipps:

  1. Marathonspezifische Trainingsphasen und Umfangsteigerung Eurer langen Läufe
  2. Utas Zusammenfassung für Eure Marathon-Vorbereitung. Teil I: Lauftraining
  3. Utas Zusammenfassung für Eure Marathon-Vorbereitung. Teil III: Ernährung

Aktualisiert am 12. März 2016
Aktualisiert am 29. September 2014
Aktualisiert am 30. Oktober 2011
Aktualisiert am 22. Oktober 2009
Erschienen im April 2007