WM-Spezial: Viktor Röthlins Motto: „If you can dream it you can do it“
Viktor Röthlin war die größte Hoffnung der Schweizer bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Osaka. Und der 32-Jährige enttäuschte seine Landsleute nicht, als er für eine große Überraschung sorgte und die Bronzemedaille im Marathon gewann. In extremen Wetterbedingungen lief er 2:17:25 Stunden. Röthlin hatte im vergangenen Jahr bereits die Silbermedaille bei den Europameisterschaften gewonnen und im Frühjahr den Schweizer Rekord beim Sieg in Zürich auf 2:08:20 Stunden verbessert.
Haben Sie je daran geglaubt, bei diesem Rennen eine Medaille zu holen?
Viktor Röthlin: Sie werden es wahrscheinlich nicht glauben: Aber auf meiner Homepage steht mein Motto – If you can dream it you can do it. Vor den Olympischen Spielen habe ich keine Träume von Athen gehabt und bin dort dann nicht ins Ziel gekommen. Im letzten Jahr habe ich davon geträumt, Silber bei der EM zu gewinnen und in der Nacht vor dem WM-Rennen habe ich von Bronze in Osaka geträumt. Genau so kam es. Als ich in Göteborg den zweiten Platz erreicht hatte, war ich zwischen dem Sieger Stefano Baldini und dem Bronzemedaillengewinner Julio Rey platziert. Beide haben auch Medaillen bei einer WM geholt, also rechnete ich schon damit, dass ich eine Chance haben könnte.
Wie war das Rennen für Sie?
Viktor: Ich wusste, dass ich versuchen musste, cool und entspannt zu bleiben. Ich musste der Gruppe folgen, denn mir war klar, dass ich im Gegensatz zu Göteborg hier keinen Einfluss darauf haben könnte wie sich das Rennen taktisch entwickeln würde. Ich bin mit der Spitzengruppe mitgegangen und habe mich so postiert, dass ich die Führenden immer im Blick hatte. Als ich sah, dass einige schwarze Läufer blass im Gesicht wurden, hat mich das zusätzlich motiviert und ich glaubte daran, dass ich eine Chance habe. Im entscheidenden Moment war ich dann an der richtigen Position. Und als ich die 40-Kilometer-Marke passiert hatte, haben befreundete Australier mir zugerufen, dass ich noch die Bronzemedaille erreichen könnte, da die Läufer vor mir nicht mehr gut aussahen. Ich habe alles gegeben, aber dabei sicherlich in Japan keine Freunde gewonnen, da ich den auf Rang drei liegenden Japaner überholt habe.
Wie haben Sie sich auf die Bedingungen in Osaka vorbereitet?
Viktor: Ich bin vor drei Wochen den New York-Halbmarathon gelaufen. Dort war es ebenfalls sehr schwül. Dann bin ich nach Kobe gereist und habe dort zweieinhalb Wochen trainiert. Da Kobe nahe Osaka liegt, sind die klimatischen Bedingungen identisch. Von einem Trainingslauf zum anderen kam ich immer besser mit dem Klima zurecht. Ich habe heute bis Kilometer 25 die Hitze nicht gespürt. Danach musste ich natürlich kämpfen. Von der Hitze bekam ich starken Druck im Kopf. Ich weiß, dass ich dann viel trinken muss und habe dies auch getan. Aber ich wollte nicht noch mehr zu mir nehmen, da ich Angst hatte, dann Magenprobleme zu bekommen.
Wo trainieren Sie normalerweise?
Viktor: Bevor ich in New York gelaufen bin, war ich in St. Moritz im Höhentrainingslager. Ich habe dort zusammen mit meinem kenianischen Freund Abraham Tandoi trainiert, der auch mein Tempomacher beim Zürich-Marathon war. Im Winter bin ich normalerweise in Kenia und schließe mich der Gruppe von Martin Lel an [der London-Marathon Sieger 2007]. Ich laufe zwischen 200 und 230 Kilometer pro Woche, wenn ich im Trainingslager bin.
Wer ist Ihr Trainer?
Viktor: Ich trainiere mich seit ein paar Jahren selbst. Davor wurde ich von Robert Haas betreut, der schon mein Trainer war als ich im Alter von 13 Jahren mit dem Laufen begann.
Wann werden Sie ihren nächsten Marathon laufen?
Viktor: Ich weiß noch nicht genau, ob ich im nächsten Frühjahr einen laufen werde. Jetzt mache ich erst einmal Urlaub in Australien, und im Winter werde ich dann kürzere Strecken rennen. Bezüglich der Qualifikation für Peking denke ich, dass dieser Lauf heute sicher ausreichen wird für die Nominierung. In Zukunft möchte ich auch bei den großen Frühjahrs- und Herbst-Marathonläufen an den Start gehen.
- Erschienen am 26. August 2007
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