WM-Aktuell: Olympiasieger Stephen Kiprotich gewinnt Gold im Marathon

Von Jörg Wenig
Stephen Kiprotich feiert seinen ersten WM-Titel. © www.PhotoRun.net
Stephen Kiprotich feiert seinen ersten WM-Titel. © www.PhotoRun.net

Der Olympiasieger Stephen Kiprotich ist jetzt auch Weltmeister im Marathon. Der 24-jährige Läufer aus Uganda triumphierte in 2:09:51 Stunden bei warmem Wetter in Moskau. Silber und Bronze gingen an äthiopische Athleten: Zweiter wurde Lelisa Desisa in 2:10:12 vor Tadese Tola (2:10:23).

Stephen Kiprotich ist erst der zweite Marathonläufer, dem es gelang, sowohl Olympia- als auch WM-Gold zu gewinnen. Der andere ist Äthiopiens Gezahegne Abera, der 2000 zunächst in Sydney Olympia-Gold holte und dann ebenfalls ein Jahr später in Edmonton (Kanada) Weltmeister wurde. Während Tsegaye Kebede (Äthiopien) in 2:10:47 Vierter wurde, folgte als bester Nicht-Afrikaner Kentaro Nakamoto (Japan) auf Rang fünf mit 2:10:50.

Die Hoffnungen des kenianischen Teams erfüllten sich nicht in diesem Rennen. Nach drei WM-Siegen in Folge gelang ihnen nun keine Platzierung unter den besten Acht. Deutsche Läufer standen in Moskau nicht am Start. Der schnellste Europäer war der Spanier Javier Guerra, der auf Rang 15 nach 2:14:33 Stunden das Ziel im Luzhniki-Stadion erreichte, zwei Plätze hinter dem besten US-Amerikaner Jeff Eggleston (2:14:23).

„Ich war wirklich sehr gut vorbereitet – und jetzt bin ich nicht nur Olympiasieger, sondern auch noch Weltmeister“, sagte Stephen Kiprotich, der in Kenia in einer Gruppe von Manager Jos Hermens trainiert. „Unter meinen heutigen Konkurrenten waren sechs meiner Trainingspartner – das ist fantastisch.“

Die Wetterbedingungen waren mit sonnigen 22 Grad Celsius deutlich besser als in der Woche zuvor beim Rennen der Frauen. Die Temperaturen im Schatten waren etwa zehn Grad niedriger. Trotzdem war es zu warm für einen Marathon, und die Teilnehmer gingen das Rennen daher langsam an. Nach einer 10-km-Durchgangszeit von 31:22 Minuten erreichte eine Gruppe von 17 Läufern dann die Halbmarathonmarke in 65:12.

Die große Spitzengruppe auf den Straßen Moskaus. © www.PhotoRun.net
Die große Spitzengruppe auf den Straßen Moskaus. © www.PhotoRun.net
Erst jenseits der 30 km (1:32:35 Stunden) kam vorentscheidende Bewegung in die Spitzengruppe. Drei Läufer konnten sich zunächst etwas absetzen. Neben Stephen Kiprotich und Tadese Tola war dies der Kenianer Peter Some. Lelisa Desisa, der in diesem Jahr bei seinem Dubai-Sieg im Januar die Jahresweltbestzeit von 2:04:45 Stunden aufgestellt und nur knapp drei Monate später den Boston-Marathon gewonnen hatte, lief kurz darauf ebenfalls an diese Gruppe heran. Den Anschluss schafften dann auch noch der London-Marathon-Sieger Tsegaye Kebede sowie Jackson Kiprop (Uganda) und Kentaro Nakamoto – alle allerdings nur vorübergehend. Denn zwischen Kilometer 36 und 37 forcierte der Olympiasieger Stephen Kiprotich, der nach einem sechsten Rang beim London-Marathon im April nicht als ganz großer Favorit angesehen worden war, das Tempo. Nur Lelisa Desisa und Tadese Tola konnten mithalten.

Tadese Tola fiel dann ab der 40-km-Marke zurück. Und im Duell zwischen Lelisa Desisa und Stephen Kiprotich hatte der Olympiasieger mehr Kraftreserven. Vielleicht war der dritte Marathon binnen sieben Monaten auch etwas zu viel für Lelisa, der zudem am Morgen des Rennens auch unter Magenproblemen gelitten hatte. „Es ging mir nicht gut heute Morgen. Während des Rennens war mein Mund sehr trocken. Ich dachte zwei Kilometer vor dem Ziel, ich könnte mit [Stephen] Kiprotich mithalten“, erklärte er. „Denn normalerweise habe ich als ehemaliger 10.000-Meter-Läufer ein sehr gutes Finish. Aber ich konnte heute irgendwie nicht mehr zulegen – vielleicht war das eine Folge der Übelkeit vom Morgen. Mit Silber und Bronze stehen wir als äthiopisches Team aber nicht schlecht da.“

Stephen Kiprotich sagte anschließend: „Nachdem wir die 40-km-Marke passiert hatten, spürte ich, dass ich gewinnen könnte – ich habe dann immer weiter das Tempo hoch gehalten. Ich freue mich, dass ich eine weitere Medaille für mein Land gewonnen habe.“ Stephen begann nach Angaben des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF) in der Grundschule mit dem Laufen. Er schaute oft zu, wie Francis Musani (Uganda) und andere in der Nähe seines Hauses joggten und wurde dazu inspiriert, es ihnen nachzumachen.

Der viertplatzierte Tsegaye Kebede freute sich ebenfalls über sein Ergebnis. Und dafür gab es einen Grund, der nicht direkt mit dem WM-Ausgang zu tun hatte. Denn in der World Marathon Majors (WMM)-Serie 2012-2013 – die WM- und Olympia-Marathonläufe werden dort gewertet – ist ihm bei den kommenden Herbst-Rennen damit nur noch theoretisch der Serien-Sieg zu nehmen.

Die Resultate des Marathons der Männer

 1.  Stephen Kiprotich  UGA  2:09:51 Stunden 
 2.  Lelisa Desisa  ETH  2:10:12 
 3.  Tadese Tola  ETH  2:10:23 
 4.  Tsegaye Kebede  ETH  2:10:47 
 5.  Kentaro Nakamoto  JPN  2:10:50 
 6.  Solonei da Silva  BRA  2:11:40 
 7.  Paulo Roberto Paula  BRA  2:11:40 
 8.  Yemane Tsegay  ETH  2:11:43 
 9.  Peter Some  KEN  2:11:47 
 10.  Jackson Kiprop  UGA  2:12:12 

Die WM-Langstrecken: Mo Farah schafft Doppelsieg

Mo Farah strahlt nach seinem 10.000-m-Rennen. © www.PhotoRun.net
Mo Farah strahlt nach seinem 10.000-m-Rennen. © www.PhotoRun.net
Mo Farah wurde zu einem großen Star der Leichtathletik-Weltmeisterschaften von Moskau. Der Brite gewann beide Langstrecken, die 5.000 und die 10.000 Meter. Der einzige andere, dem dies in der WM-Geschichte gelang, ist der äthiopische Weltrekordler Kenenisa Bekele, der in Berlin 2009 den Doppelsieg schaffte. Sie sind zudem die einzigen beiden Athleten, die sowohl bei den Olympischen Spielen als auch bei Weltmeisterschaften zweimal Gold holten. Kenenisa war 2008 in Peking Doppel-Olympiasieger, Mo im vergangenen Jahr in London.

In beiden Finals war Mo in einem lang gezogenen Endspurt nicht zu besiegen. Der Brite setzte sich über 10.000 m in 27:21,71 Minuten vor dem äthiopischen Titelverteidiger Ibrahim Jeilan (27:22,23) und dem Kenianer Paul Tanui (27:22,61) durch. Vierter wurde Mos Trainingspartner Galen Rupp (USA) mit 27:24,39. Mo beendete damit die äthiopische WM-Siegesserie über 10.000 m: Die afrikanischen Langstreckler hatten die Goldmedaille ab 2003 fünfmal in Folge gewonnen. Der letzte europäische Weltmeister über diese Distanz war Alberto Cova (Italien), der vor 30 Jahren in Helsinki siegte. Sechs Tage später gewann Mo über 5.000 m in 13:26,98 Minuten vor Äthiopiens Hagos Gebrhiwet (13:27,26), der auf den letzten Metern noch vor dem zeitgleichen Isiah Koech (Kenia) zur Silbermedaille laufen konnte.

Bei den Frauen kam es aufgrund der entsprechenden Nominierung durch den äthiopischen Verband nicht zum erhofften, großen Duell zwischen Tirunesh Dibaba und Meseret Defar. Die beiden äthiopischen Superstars starteten jeweils nur in einem Rennen, in dem sie ihren Favoritenrollen gerecht wurden. Tirunesh gewann über 10.000 m in 30:43,35 Minuten vor Gladys Cherono (Kenia/30:45,17) und Belaynesh Oljira (Äthiopien/30:46,98). Für die amtierende 10.000-m-Olympiasiegerin war es bereits der dritte WM-Sieg über diese Strecke nach 2005 und 2007. Ebenso souverän setzte sich Meseret Defar über 5.000 m durch. Sie gewann mit 14:50,19 Minuten vor Mercy Cherono (Kenia/14:51,22) und Almaz Ayana (Äthiopien/14:51,33).