WM-Aktuell: Kibet gewinnt Marathon-Gold, Röthlin Bronze

Von Jörg Wenig
Luke Kibet wird Weltmeister in Osaka. © www.photorun.net
Luke Kibet wird Weltmeister in Osaka. © www.photorun.net

Luke Kibet heißt der neue Weltmeister im Marathon. Der Kenianer, dessen größter Erfolg bisher der Sieg beim Wien-Marathon im April dieses Jahres war, trotzte den wohl schwersten Bedingungen, die es in der Geschichte der WM für Marathonläufer bisher gegeben hat. Der 24-Jährige siegte in 2:15:59 Stunden vor Mubarak Hassan Shami (Katar/2:17:18). Es war der größte Vorsprung den ein Weltmeister bisher hatte. Zudem sorgte Luke Kibet für den ersten kenianischen Marathon-WM-Sieg der Männer seit Douglas Wakiihuri, der 1987 in Rom gewonnen hatte. Überraschend lief der Schweizer Viktor Röthlin in Osaka in 2:17:25 Stunden auf den Bronzerang.

Bei den WM-Marathonrennen von Athen 1997 und Sevilla 1999 war es sicherlich noch etwas heißer als in Osaka, doch die extreme Luftfeuchtigkeit (78 % am Start) machte den Athleten schwer zu schaffen. Von 87 gestarteten Läufern blieben 30 im wahrsten Sinne auf der Strecke. Mehrere Athleten brauchten zudem im Ziel medizinische Hilfe, darunter Ulrich Steidl (SSV Hanua-Rodenbach), der im Rahmen seiner Möglichkeiten tapfer durchhielt und in 2:30:03 Stunden Rang 37 belegte. Der zweite Deutsche im Rennen, Martin Beckmann (TV Wattenscheid), bekam frühzeitig Probleme und stieg nach rund 35 km aus.

Bei Schattentemperaturen von rund 30° Celsius um 7 Uhr morgens war das Tempo entsprechend zurückhaltend. Die Halbmarathonmarke erreichte eine knapp 30-köpfige Spitzengruppe nach 68:29 Minuten. Vor der 30-km-Marke hatte Luke Kibet dann die Initiative übernommen. „Ich habe mit William Kiplagat und Mubarak Hassan Shami zusammengearbeitet“, erklärte Luke Kibet, der sich mit diesen beiden sowie mit Yared Asmerom (Eritrea) und Samson Ramadhani (Tansania) absetzte. Viktor Röthlin folgte der Gruppe mit einigen Sekunden Rückstand. „Nach 32 Kilometern habe ich angefangen daran zu glauben, dass ich dieses Rennen gewinnen kann“, sagte Luke Kibet, der seine Marathon-Bestzeit von 2:08:52 vor zwei Jahren beim Enschede-Marathon gelaufen war. Der Kenianer lief diesen Kilometerabschnitt jetzt, im schnellsten Teil seines Rennens, in knapp über 3:00 Minuten und löste sich von seinen Konkurrenten. Bei 35 km lag er bereits 23 Sekunden vor seinem früheren Landsmann Shami, der seit 2005 für Katar startet und 2005 ebenfalls den Wien-Marathon gewonnen hatte. Shami hatte bis zur WM übrigens alle seine fünf Marathonrennen gewonnen.

Während Luke Kibet und Mubarak Hassan Shami Gold und Silber entgegen liefen, wurde das Rennen um Bronze sehr spannend. Noch bei Kilometer 40 hatte William Kiplagat einen Vorsprung von elf Sekunden auf Tsuyoshi Ogata. Während der Kenianer zunehmend langsamer wurde und am Ende noch auf Rang acht zurückfallen sollte (2:19:21), überholte ihn Tsuyoshi Ogata unter dem Jubel seiner Landsleute. Doch auch für Ogata sollte es nicht reichen für Bronze, und am Ende wurde er hinter Yared Asmerom (2:17:41) mit einer Sekunde Rückstand Fünfter. Bronze aber sicherte sich der auf den letzten zwei Kilometern noch gewaltig aufkommende Viktor Röthlin. „Befreundete Läufer aus Australien standen an der 40-km-Marke. Sie riefen mir zu, dass die vor mir liegenden Athleten müde aussehen und ich noch Dritter werden kann. Das gab mir viel Auftrieb“, erklärte Viktor Röthlin, der auf den letzten zwei Kilometern noch von Rang sechs auf Platz drei nach vorne rannte.

„Die Entscheidung fällt erst nach 42,195 Kilometern, und ich habe gefightet bis zum Ende“, sagte Viktor Röthlin und fügte hinzu: „Dabei habe ich mir in Japan sicher keine Freunde gemacht, denn ich habe ja im Kampf um Bronze den Japaner überholt.“ Der 32-jährige Schweizer hatte im vergangenen Jahr bereits Silber bei den Europameisterschaften gewonnen und musste sich dort lediglich dem Olympiasieger Stefano Baldini geschlagen geben. Seinen eigenen Schweizer Rekord hatte Viktor Röthlin im Frühjahr als Sieger des Zürich-Marathons auf 2:08:20 Stunden verbessert.

„Ich war auf derartige Wetterbedingungen vorbereitet und habe mich trotz der Hitze gut gefühlt“, sagte Luke Kibet und ergänzte: „Das war nicht der härteste Marathon meiner Karriere.“ Der Kenianer, der wie viele Läufer seines Landes bei den Gefängnisanstalten angestellt ist, dort aber zurzeit nicht arbeiten muss, hatte in den letzten beiden Jahren jeweils den Taipeh-Marathon gewonnen. Bereits im April in Wien hatte er seine Hitzetauglichkeit bewiesen, als er bei ungewöhnlich hohen Temperaturen von am Ende über 20 Grad Celsius nach einem ähnlichen Rennverlauf ebenfalls souverän gewann in 2:10:07 Stunden.