WM-Aktuell: Einmaliger Marathon-Triumph für Kenia

Von Jörg Wenig
Die Führungsgruppe im Marathon der Frauen. © www.PhotoRun.net
Die Führungsgruppe im Marathon der Frauen. © www.PhotoRun.net

Im ersten Wettbewerb der Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Daegu gelang den kenianischen Läuferinnen ein Novum in der Geschichte globaler Titelkämpfe: Sie gewannen alle drei Medaillen im Marathon. Weder bei Weltmeisterschaften noch bei Olympischen Spielen gab es bisher einen derartigen Dreifach-Triumph, auch nicht bei den Männern.

Den Titel sicherte sich Edna Kiplagat in 2:28:43 Stunden vor Priscah Jeptoo (2:29:00) und Sharon Cherop (2:29:14). Als Vierte kam die Äthiopierin Bezunesh Bekele mit 2:29:21 ins Ziel. Beste nicht-afrikanische Läuferin war die Japanerin Yukiko Akaba, die nach 2:29:35 als Fünfte ins Ziel lief. Die in die WM integrierte Weltcup-Team-Wertung entschieden die kenianischen Athletinnen vor China und Äthiopien für sich. Deutsche Läuferinnen waren beim Marathon nicht am Start.

Für die Weltmeisterin Edna Kiplagat verlief das Rennen mit einem Zwischenfall: An einer Getränkestation vier Kilometer vor dem Ziel stellte ihr Sharon Cherop versehentlich ein Bein. Trotz dieses Sturzes lief die 31-Jährige bei ihrem ersten Meisterschafts-Marathon auf Anhieb zum Sieg. Mit ihrer Bestzeit war Edna, die im vergangenen Jahr den ING New York City-Marathon gewonnen hatte und sich im April in London als Dritte auf die Weltklassezeit von 2:20:46 Stunden steigern konnte, die schnellste Läuferin im Feld. Sie gehörte so schon vor der WM zu den Favoritinnen.

Lange Zeit hielt sich die spätere Siegerin während des Rennens zurück. Taktisch klug lief sie bei schwierigen Bedingungen mit Temperaturen um 25 Grad und einer sehr hohen Luftfeuchtigkeit von gut 80 Prozent ganz am Ende der großen Spitzengruppe. Das Tempo auf dem dreimal zu durchlaufenden Rundkurs in der Innenstadt war dabei zunächst mäßig. Eine knapp 30-köpfige Spitzengruppe passierte die Halbmarathonmarke nach 1:16:46 Stunden.

Edna Kiplagat gewinnt den WM-Marathon in Daegu. © www.PhotoRun.net
Edna Kiplagat gewinnt den WM-Marathon in Daegu. © www.PhotoRun.net

Es war schließlich Edna, die nach vorne ging und mit dieser Initiative die Spitzengruppe auseinander riss. Nach 33 Kilometern waren nur noch die spätere Siegerin, Priscah Jeptoo und Sharon Cherop sowie Aberu Kebede (Äthiopien), die Berlin-Marathon-Siegerin des vergangenen Jahres, im Rennen um Gold. Bald darauf hatten die Kenianerinnen dann auch die letzte äthiopische Läuferin hinter sich gelassen. „Ich dachte mir, dass ich dieses Rennen genauso laufen sollte wie meine vergangenen beiden in New York und London. Nach 32 Kilometern habe ich das Tempo forciert“, berichtete Edna.

Auf dem Weg zum Dreifach-Triumph stand sich das kenianische Team dann aber noch einmal selbst im Weg. Am letzten Verpflegungspunkt machte Sharon Cherop plötzlich einen Schritt zur Seite, um ein Getränk zu greifen. Dabei stellte sie der versetzt hinter ihr laufenden Edna ein Bein. „Ich hatte im ersten Augenblick Angst, dass ich mich verletzt haben könnte, aber es war in Ordnung“, erklärte Edna später.

Sharon Cherop blieb vor Schreck kurz stehen, um ihrer Landsfrau wieder auf die Beine zu helfen. Unbeeinträchtigt von dem Sturz setzte sich Edna kurz darauf von ihren Landsfrauen ab. Somit stand dem Sieg der 31-Jährigen, die die zweite Streckenhälfte deutlich schneller lief als die erste (1:11:57), nichts mehr im Wege. Die Weltmeisterin ist mit dem kenianischen Läufer Gilbert Koech verheiratet. Die beiden haben zwei Kinder und leben abwechselnd in Boulder (Colorado) und Iten (Kenia), wo Edna vor einigen Jahren zeitweise von Dieter Hogen – dem früheren Coach von Uta – trainiert wurde. In den kommenden Tagen will sie etwas Zeit nutzen, um weitere Eindrücke von Südkorea zu sammeln. „Ich lerne gerne fremde Kulturen kennen. Die Menschen hier sind warmherzig und freundlich.“

„Das ist ein großer Tag für uns. Ich hoffe, dass unsere Landsleute weiter erfolgreich sein werden“, erklärte die drittplatzierte Sharon Cherop. Es kann damit gerechnet werden, dass die kenianischen Läuferinnen und Läufer noch einige Medaillen gewinnen werden.