WM-Aktuell: Edna Kiplagat verteidigt ihre Marathon-Goldmedaille

Von Jörg Wenig
Edna Kiplagat wurde zum zweiten Mal Marathon-Weltmeisterin. © www.PhotoRun.net
Edna Kiplagat wurde zum zweiten Mal Marathon-Weltmeisterin. © www.PhotoRun.net

In der ersten Entscheidung bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften von Moskau holte Edna Kiplagat im Marathon der Frauen erneut den Titel nach Kenia. Die große Überraschung des Rennens war jedoch die Italienerin Valeria Straneo, die auf den zweiten Rang laufen konnte. Erst zwei Kilometer vor dem Ziel gelang es Edna sich von ihrer Konkurrentin abzusetzen. Sie gewann schließlich in 2:25:44 mit 14 Sekunden Vorsprung vor der 37-jährigen Valeria Straneo (2:25:58). Dritte wurde die Japanerin Kayoko Fukushi in 2:27:45 vor ihrer Landsfrau Ryoko Kizaki (2:31:28). Deutsche Läuferinnen waren nicht am Start.

Die 33-jährige Edna Kiplagat ist die erste Frau, der bei einem WM-Marathon eine Titelverteidigung gelungen ist. Vor zwei Jahren hatte sie im südkoreanischen Daegu bei noch heißerem Wetter vor ihren Landsfrauen Priscah Jeptoo und Sharon Cherop gewonnen. Die einzige andere Frau, die bislang zweimal zu WM-Goldmedaillen im Marathon laufen konnte, ist Catherine Ndereba. Die kenianische Athletin triumphierte 2003 und 2007, 2005 war sie zudem Zweite. „Ich bin überglücklich, dass ich meinen Titel verteidigt habe“, sagte Edna Kiplagat. Während Mizuki Noguchi (Japan), die bei ebenfalls hohen Temperaturen 2004 Olympiasiegerin wurde, nicht ins Ziel kam, lief die damalige Dritte, Deena Kastor (USA), auf einen starken neunten Rang in 2:36:12 Stunden.

Überraschend war in Moskau, dass Edna Kiplagat die einzige afrikanische Teilnehmerin unter den besten zwölf Läuferinnen ist. Während Favoritinnen wie die Olympiasiegerin Tiki Gelana, die Halbmarathon-Weltmeisterin Meseret Hailu, die Paris-Marathon-Siegerin Feysa Tadese und in der Endphase auch noch die Gewinnerin des Frankfurt-Marathons, Meselech Melkamu (alle Äthiopien), neben anderen aus dem Rennen gehen mussten, konnten sich die Europäerinnen besser behaupten. Von 70 an den Start gegangenen Läuferinnen erreichten bei Temperaturen von 27 Grad im Schatten nur 46 das Ziel.

Valeria Straneo feiert ihre Silbermedaille. © www.PhotoRun.net
Valeria Straneo feiert ihre Silbermedaille. © www.PhotoRun.net
Es ist acht Jahre her, dass zuletzt eine Europäerin bei einem Weltmeisterschafts-Marathon – die Titelkämpfe finden alle zwei Jahre statt – eine Medaille gewann. 2005 triumphierte Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien) in Helsinki mit der WM-Rekordzeit von 2:20:57. Damals lief zudem Constantina Tomescu-Dita (Rumänien) hinter Catherine Ndereba (Kenia) zur Bronzemedaille.

Auf der Pendelstrecke in der russischen Hauptstadt entlang des Flusses Moskwa und des berühmten Roten Platzes übernahm bereits in der Anfangsphase des Rennens Valeria Straneo die Initiative. Sie setzte sich an die Spitze des Feldes und bestimmte das Tempo, das für ein Meisterschaftsrennen recht flott war. Die 37-Jährige passierte den 10-Kilometer-Punkt in 34:12 Minuten, was auf eine Endzeit um 2:24 Stunden hinausgelaufen wäre. Dadurch riss das Feld frühzeitig auseinander und es bildete sich schnell eine kleinere Spitzengruppe. In dieser war die Titelverteidigerin zunächst nicht vertreten. Edna Kiplagat hatte ein langsameres Anfangstempo gewählt und lag an der 10-km-Marke dadurch 29 Sekunden zurück. Doch auf dem folgenden 5-km-Abschnitt arbeitete sie sich nach vorne und erreichte die nun achtköpfige Spitzengruppe.

Valeria Straneo hatte zwar im vergangenen Jahr als Zweite in Amsterdam einen Landesrekord von 2:23:44 Stunden aufgestellt, doch wenig deutete in diesem Jahr darauf hin, dass sie bei der WM ganz vorne dabei sein könnte. Valeria war im Frühjahr keinen Marathon gelaufen. Dafür rannte sie dreimal über die halbe Distanz und gewann bei den Mittelmeer-Spielen in der türkischen Küstenstadt Mersin Ende Juni die Halbmarathon-Goldmedaille (1:11:00). Während die italienische Marathonläuferin eine sechsköpfige Spitzengruppe – hinter ihr liefen Edna Kiplagat, Kayoko Fukushi, Meselech Melkamu, Lucy Kabuu und Valentine Kipketer (beide Kenia) – nach 1:12:58 Stunden durch die Halbmarathonmarke führte, gingen den anderen Läuferinnen die Kräfte aus. Nacheinander fielen Valentine Kipketer und Lucy Kabuu sowie kurz vor der 30-km-Marke Kayoko Fukushi zurück. Fünf Kilometer vor dem Ziel konnte auch Meselech Melkamu die Geschwindigkeit nicht mehr halten und musste mit muskulären Problemen aus dem Rennen gehen.

Es sah zeitweilig so aus, als ob Valeria Straneo zum Sieg laufen könnte. An der 40-km-Marke zog dann aber Edna Kiplagat das Tempo an, worauf die Italienerin nicht gleich reagieren konnte. Der so entstandene Rückstand von rund fünf Sekunden blieb bis zum Eingang des Luzhniki Stadions – das Ziel war in der Arena – konstant, aber aufholen konnte Valeria Straneo nicht mehr. „Nach 40 km musste ich Edna ziehen lassen, denn ich spürte Schmerzen in meinen Muskeln“, sagte sie und erklärte: „Ich glaube, ich war die Überraschung des Tages. Von einem solchen Erfolg hätte ich nicht zu träumen gewagt, das ist unglaublich für mich. Die Hitze war für mich nicht schlecht.“

„Es war ein hartes Rennen in dieser Hitze“, sagte Edna Kiplagat, die im April beim hervorragend besetzten Virgin London-Marathon den zweiten Platz belegt hatte. „Die Startzeit war ungewöhnlich, ich bin es eigentlich gewohnt, morgens zu laufen. Um mich daran zu gewöhnen habe ich teilweise auch mittags trainiert. Als ich bei 40 Kilometern beschleunigte, war ich zuversichtlich, dass ich gewinnen würde“, erklärte Edna, die einst von Take The Magic Steps Dieter Hogen betreut wurde. Edna trainiert in Boulder, USA, und ist Mutter zweier leiblicher Kinder wie auch zweier Adoptivkinder.

Die Resultate des Marathons der Frauen

 1.  Edna Kiplagat  KEN  2:25:44 Stunden 
 2.  Valeria Straneo  ITA  2:25:58 
 3.  Kayoko Fukushi  JPN  2:27:45 
 4.  Ryoko Kizaki  JPN  2:31:28 
 5.  Alessandra Aguilar  ESP  2:32:38 
 6.  Emma Quaglia  ITA  2:34:16 
 7.  Madaí Pérez  MEX  2:34:23 
 8.  Kim Hye-Gyong  PRK  2:35:49 
 9.  Deena Kastor  USA  2:36:12 
 10.  Susan Partridge  GBR  2:36:24