WM-Aktuell: Abel Kirui verteidigt seine Marathon-Goldmedaille

Von Jörg Wenig
Abel Kirui siegt in Daegu. © www.PhotoRun.net
Abel Kirui siegt in Daegu. © www.PhotoRun.net

Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften gewann Abel Kirui das Rennen über die klassischen 42,195 Kilometer souverän in 2:07:38 Stunden. Der 29-Jährige zeigte unter schwierigen Bedingungen mit Temperaturen zwischen 24 und 26 Grad Celsius sowie einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 65 Prozent eine großartige Leistung und erreichte den größten Vorsprung in der WM-Geschichte des Männer-Marathons. Er war zudem der einzige Läufer, der auf dem dreimal zu durchlaufenden Rundkurs in Daegu unter 2:10 Stunden blieb. Sein zweitplatzierter Landsmann Vincent Kipruto kam 2:28 Minuten später ins Ziel (2:10:06). Als Dritter folgte der Äthiopier Feyisa Lelisa mit 2:10:32.

Im Marathon-Weltcup, der in die WM integrierten Team-Wertung, siegte die kenianische Mannschaft vor Japan und Marokko. Da überraschend nur zwei der fünf äthiopischen Läufer ins Ziel kamen, konnte dieses Team nicht gewertet werden – mindestens drei Teilnehmer einer Mannschaft müssen die 42,195 km absolvieren.

Auf den Plätzen vier bis sechs folgten Abderrahime Bouramdane (Marokko/2:10:55), David Barmasai Tumo (2:11:39) und Eliud Kiptanui (beide Kenia/2:11:50), der in der Anfangsphase des Rennens einmal vom Weg abkam. Er lief auf die falsche Straßenseite, die durch ein Geländer abgetrennt war, und musste ein kurzes Stück von etwa 25 Metern zurücklaufen.

Rang sieben belegte mit dem Japaner Hiroyuki Horibata (2:11:52) der beste nicht-afrikanische Läufer. Einen sehr guten achten Platz erreichte der Italiener Ruggero Pertile mit 2:11:57. Der beste US-Amerikaner, Mike Morgan, fiel kurz vor dem Ziel vor Erschöpfung auf die Straße, kam dann aber aus eigener Kraft über die Ziellinie und durfte so gewertet werden. Er belegte Rang 31 in 2:18:30.

„Es ist ein großer Moment für mich, den Titel verteidigt zu haben. Es war schwer gegen diese starke Konkurrenz, aber Gott hat mir Kraft gegeben“, erklärte Abel Kirui, dem als drittem Marathonläufer eine Titelverteidigung bei Weltmeisterschaften gelang. 1997 und 1999 hatte der Spanier Abel Anton zweimal Gold gewonnen, 2003 und 2005 schaffte dies auch der Marokkaner Jaouad Gharib. Bei Olympischen Spielen, die nur alle vier Jahre stattfinden, haben bisher zwei Marathonläufer zweimal hintereinander Gold gewonnen: Abebe Bikila (Äthiopien) siegte 1960 und 1964, Waldemar Cierpinski schaffte diesen Triumph im Trikot der DDR 1976 und 1980.

Die Gewinner der Silber- und Bronzemedaille: Vincent Kipruto und Feyisa Lelisa. © www.PhotoRun.net
Die Gewinner der Silber- und Bronzemedaille: Vincent Kipruto und Feyisa Lelisa. © www.PhotoRun.net

Für den kenianischen Verband wird es nun mit Blick auf die Olympischen Spiele 2012 in London nicht einfach sein. Denn sie können, wie alle anderen Nationen auch, lediglich drei Läufer für den Marathon nominieren. Angesichts der Vielzahl absoluter Weltklasseathleten – die besten von ihnen hatten auf einen WM-Start verzichtet und bereiten sich stattdessen auf eines der lukrativen Herbstmarathonrennen vor – wird die Auswahl jedoch schwer fallen. „Mein Sieg heute ist ein gutes Zeichen für Olympia“, erklärte Abel Kirui nach dem Rennen. Doch es erscheint trotz seiner starken Vorstellung fraglich, ob er im nächsten Jahr zum kenianischen Team gehören wird. Dafür müsste er wohl noch einen der großen Frühjahrs-Klassiker – Boston oder London – mit einer Topzeit gewinnen.

Ursprünglich war Abel nicht einmal im kenianischen WM-Team, obwohl er als Titelverteidiger eine Wildcard besitzt. Trotzdem hatten ihn die Funktionäre des kenianischen Verbandes zunächst nicht nominiert. Er kam erst hinzu, nachdem andere Läufer abgesagt hatten. Mit seiner persönlichen Bestzeit von 2:05:04 Stunden, die er 2009 in Rotterdam aufstellte, qualifizierte er sich damals für den WM-Marathon in Berlin, wo er souverän mit einer WM-Rekordzeit von 2:06:54 Stunden gewann. Seitdem hatte Abel Kirui jedoch nicht mehr zu seiner Bestform zurückgefunden. 2010 war er zunächst Fünfter in London und dann Neunter in New York. In diesem Jahr startete der 29-Jährige nicht bei einem Frühjahrsmarathon, sondern konzentrierte sich vollkommen auf die WM-Teilnahme.

Beeindruckend war, wie Abel Kirui in Daegu das Geschehen bestimmte. Er drückte frühzeitig auf das Tempo und lief sein eigenes Rennen. Eine 16-köpfige Spitzengruppe passierte die Halbmarathonmarke in 65:07 Minuten. Schon zu diesem Zeitpunkt führte der Kenianer. Durch das zunehmende Tempo des Weltmeisters wurde die Spitzengruppe immer kleiner. Nachdem er dann den 5-km-Abschnitt zwischen 25 und 30 Kilometern in 14:18 Minuten zurückgelegte – was gut genug gewesen wäre, den Weltrekord des Äthiopiers Haile Gebrselassie (2:03:59) gleich um mehrere Minuten zu unterbieten –, war Abel alleine an der Spitze und hatte bei einer Zwischenzeit von 1:30:43 Stunden bereits elf Sekunden Vorsprung. Hinter ihm ging es zu diesem Zeitpunkt für drei Läufer um die Silbermedaille: Eliud Kiptanui, Feyisa Lilesa und Vincent Kipruto. Ein weiteres Stück zurück folgten einzeln laufend Abderrahime Bouramdane und David Barmasai Tumo, der vor Daegu seine einzigen beiden Marathonrennen in Nairobi und Dubai gewonnen hatte.

Abel Kirui ließ nicht nach und absolvierte den nächsten 5-km-Abschnitt in ebenfalls sehr schnellen 14:40 Minuten. Nun betrug sein Vorsprung bereits deutlich über eine Minute. Spannend blieb das Rennen um Platz zwei zwischen Vincent Kipruto und Feyisa Lilesa. Erst einen Kilometer vor dem Ziel fiel hier die Entscheidung zugunsten des kenianischen Athleten, der noch einmal beschleunigen konnte. „Ich freue mich, dass wir hier Gold und Silber gewonnen haben. Unser Land sollte stolz auf den Erfolg bei dieser WM sein. Ich kann noch besser laufen und hoffe, dass ich das bei Olympia zeigen kann“, erklärte Vincent Kipruto, der seinen nächsten Marathon im Frühjahr 2012 bestreiten möchte. „Dort will ich mich für Olympia qualifizieren.“

Mo Farah – ein europäischer Sieger

Mo Farah holt Gold im 5.000-m-Finale. © www.PhotoRun.net
Mo Farah holt Gold im 5.000-m-Finale. © www.PhotoRun.net

Der Weltmeister über 5.000 Meter heißt: Mo Farah! Der Brite hat das geschafft, was für viele vor noch nicht allzu langer Zeit als nur schwer erreichbar galt. Er konnte sich erfolgreich gegen die starken afrikanischen Läufer im Finallauf der Weltmeisterschaften durchsetzen. Das ist nicht nur ein persönlicher Triumph und – ein Jahr vor den Olympischen Spielen in London – ein enormer Erfolg für Großbritannien, sondern auch für den gesamten europäischen Laufsport. Mo Farah hat im südkoreanischen Daegu gezeigt, dass mit den europäischen Langstreckenläufern gerechnet werden muss.

Der letzte europäische Athlet, der über 5.000 m einen globalen Titel bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen gewann, war Dieter Baumann. Er holte 1992 in Barcelona Olympia-Gold. Fast 20 Jahre später und eine Woche nach dem WM-Silber über 10.000 m siegte der 28-jährige Mo Farah in 13:23,36 Minuten vor dem US-Amerikaner Bernard Lagat (13:23,64) und dem Äthiopier Dejen Gebremeskel (13:23,92). Ursprünglich war Imane Merga Dritter, jedoch wurde der Äthiopier, der bereits die Medaille bekommen hatte, später disqualifiziert. Er trat etwa 400 Meter vor dem Ziel unglücklicherweise auf das Innenfeld.

Mo feiert seinen Erfolg nach dem Rennen. © www.PhotoRun.net
Mo feiert seinen Erfolg nach dem Rennen. © www.PhotoRun.net
In einem anfangs sehr langsamen Rennen mit einer 1.000-m-Zwischenzeit von 2:50,9 Minuten hielt sich Mo Farah am Ende des Feldes. Erst drei Runden vor Schluss ging er neben dem Äthiopier Abera Kuma an die Spitze. Fortan bestimmte der Doppel-Europameister von Barcelona 2010 (5.000 und 10.000 m) das Tempo und forcierte immer mehr. Obwohl Mo Farah bis zum Ende in der Führungsposition blieb, wurde es noch einmal spannend. Ausgangs der letzten Kurve sah es so aus, als könnte Bernard Lagat ganz nach vorne kommen. Doch der Amerikaner kam in der Mitte des Feldes nicht durch und musste nach außen ausweichen. Im Gegensatz zum 10.000-m-Rennen konnte Mo Farah dieses Mal noch etwas zulegen. „Ich habe aus dem 10.000-m-Finale gelernt und habe mir noch ein bisschen mehr Kraft aufgehoben für den Endspurt“, erklärte der Brite, der im Ziel überglücklich zu Boden sank.