Wesley Korir und Sharon Cherop siegen im Hitzerennen von Boston
Der Kenianer Wesley Korir gewann am Montag in 2:12:40 Stunden den Marathon-Klassiker an der US-Ostküste. Im vergangenen Jahr lief sein Landsmann Geoffrey Mutai mit 2:03:02 Stunden bei idealen Bedingungen und phasenweise Rückenwind die schnellste je gelaufene Zeit über die 42,195 Kilometer, ein Jahr später war Wesley Korir nun fast zehn Minuten länger unterwegs. Auch bei den Frauen wurden die Zeiten durch die Temperaturen von bis zu 30 Grad Celsius beeinflusst. Sharon Cherop siegte in 2:31:50 und war damit ebenfalls rund zehn Minuten langsamer als ihre kenianische Landsfrau Caroline Kilel, die 2011 noch 2:22:36 gelaufen war. Beim ersten World Marathon Majors (WMM)-Rennen des Jahres belegten kenianische Athleten sowohl bei den Männern als auch den Frauen die ersten drei Plätze.
Aufgrund der sich abzeichnenden hohen Temperaturen hatten sich die Veranstalter des Boston-Marathons kurzfristig zu einem einmaligen Angebot an alle Teilnehmer entschlossen. Wer sich der Hitze nicht gewachsen fühlte und gesundheitliche Risiken befürchtete, durfte seine Startnummer gegen einen garantierten Startplatz im kommenden Jahr eintauschen. All jene Läufer, die ihre Startnummer abgeholt hatten und am Montagmorgen nicht in Hopkinton im Startbereich registriert wurden, erhalten automatisch einen der begehrten Startplätze für 2013.
„Die Sicherheit unserer Läufer steht absolut im Vordergrund. Und wir wollen nicht, dass sich jemand gezwungen fühlt, laufen zu müssen“, erklärte der Chef des Rennens, Tom Grilk. „Dies wird kein Tag für persönliche Bestzeiten“, fügte der medizinische Direktor des Rennens, Pierre D’Hemecourt, hinzu. Von gut 27.000 gemeldeten Athleten gingen 22.480 in Hopkinton an den Start. Nach ersten Schätzungen könnten fast 3.000 Läufer auf das Rennen verzichtet haben. Etliche zusätzliche Wasserstellen wurden für die Teilnehmer entlang der Strecke eingerichtet. Insgesamt überquerten 21.554 Läufer, 35 Rollstuhlfahrer sowie 14 Handbiker die Ziellinie.
Uta sagte im Anschluss: „Das waren schwere Bedingungen hier in Boston. Ich gratuliere jedem Athleten, der bei dieser rekordverdächtigen Hitze ins Ziel gekommen ist. Ihr habt eine wahnsinnige Leistung vollbracht. Einen besonderen Dank möchte ich auch den Einwohnern von Boston, allen Zuschauern und dem medizinischen Team des Boston-Marathons für all die Unterstützung entlang der Strecke und am Ziel aussprechen. Ich war einige Stunden am Ziel und habe so viel Lob von vielen Läufern über die Zuschauer und den medizinischen Dienst gehört.“
Entsprechend langsam ließen es die Favoriten bei strahlendem Sonnenschein angehen. Nach 66:11 Minuten hatte die Spitze, die aus 15 Athleten bestand, die Halbmarathonmarke erreicht. Als es in die Newton-Hügel ging, war es Matthew Kisorio (Kenia), der das Tempo bestimmte und so dafür sorgte, dass die Gruppe auseinanderriss. Neun Läufer rannten bei der 25-km-Marke noch gemeinsam in der Spitzengruppe, doch auf den folgenden fünf Kilometern änderte sich das Bild komplett. Geoffrey Mutai gehörte zu jenen, die das Tempo nicht mehr halten konnten. 16:21 Minuten benötigte der Titelverteidiger, um von der 25- zur 30-km-Marke zu gelangen. Kurz danach ging der Boston- und New-York-Sieger des vergangenen Jahres aufgrund von Krämpfen frühzeitig aus dem Rennen.
An der Spitze waren bei 30 km (1:33:06) nun nur noch zwei kenianische Eliteathleten. Matthew Kisorio und Levy Matebo lieferten sich einen harten Zweikampf über die bekannten Hügel des Boston-Marathons. Levy Matebo, der Zweitplatzierte des Frankfurt-Marathons, der dort im vergangenen Oktober 2:05:16 Stunden gelaufen war, schien dann eine Vorentscheidung zu gelingen. Er konnte sich von Matthew Kisorio lösen und führte an der 35-km-Marke mit zehn Sekunden Vorsprung. Zweiter war jedoch inzwischen ein anderer: Wesley Korir, der in Chicago 2011 mit einer persönlichen Bestzeit von 2:06:15 Zweiter gewesen war und zuvor zweimal den Los Angeles-Marathon gewonnen hatte, holte Platz um Platz auf. „Nach 20 Meilen (32 km) rief mir jemand zu, dass ich Sechster sei. Dann überholte ich den vor mir laufenden und auch noch den Vierten. Als ich dann den Dritten vor mir sah, dachte ich mir: ‚Wow, ich kann auf das Podium’“, erzählte der 29-Jährige, der mit seiner kanadischen Ehefrau in den USA lebt. Immer weiter kam Wesley Korir nach vorne, und es gelang ihm schließlich zu Levy Matebo aufzuschließen. Kurz nach der 40-km-Marke überholte er seinen Landsmann und gewann in 2:12:40 Stunden noch klar vor Levy Matebo (2:13:06). Bernard Kipyego komplettierte den kenianischen Triumph mit 2:13:13. Vierter wurde Jason Hartmann (USA) in 2:14:31 vor Wilson Chebet (2:14:56), Laban Korir (beide Kenia/2:15:29) sowie dem Holländer Michel Butter (2:16:38).
„Ich bin sehr, sehr glücklich darüber, Boston gewonnen zu haben“, erzählte Wesley Korir nach dem Rennen Universal Sports. Auf die Frage, ob er etwas Besonderes mit seinem Preisgeld vorhat, antwortete er bewegend: „Ich werde viele Kinder über die Kenyan Kid’s Foundation in die Schule schicken können. Wir unterstützen Kinder. Daher denke ich, dass dies für viele arme Kinder eine Chance sein wird, eine Ausbildung zu erhalten.“ Die Stiftung wurde von Wesley und seiner Ehefrau gegründet.
Ein spannendes Rennen entwickelte sich auch bei den Frauen, die ebenfalls sehr vorsichtig begonnen und die 10-km-Marke nach 37:14 Minuten erreicht hatten. Hier waren an der Halbmarathonmarke (1:17:08) noch neun Läuferinnen in der Führungsgruppe. Im Gegensatz zu den Männern liefen die Frauen an der Spitze die zweite Hälfte schneller als die erste. Carolin Kilel führte bei 30 km (1:48:51) noch eine fünfköpfige Gruppe an, darunter auch die Siegerin Sharon Cherop. Doch fünf Kilometer später gelang es Carolin nicht mehr, das Tempo zu halten, und nachdem sie bei 40 km nur noch gehen konnten, musste die Titelverteidigerin das Rennen vorzeitig beenden.
An der Spitze entwickelte sich zunächst ein Drei- und dann ein Zweikampf. Sharon Cherop führte mit ihren Landsfrauen Jemima Jelagat Sumgong und Georgina Rono. Letztere fiel jedoch bald zurück, während Jemima Jelagat Sumgong an Sharon Cherop, die im vergangenen Jahr in Boston und auch bei den Weltmeisterschaften jeweils Dritte gewesen war, bis zum Ziel dran bleiben konnte. Zum vierten Mal in Folge gab es in Boston bei den Frauen so einen dramatischen Endspurt um den Sieg. Die 28-jährige Sharon Cherop, die erst im Januar in Dubai als Siebente ihre Bestzeit auf 2:22:39 gesteigert hatte, gewann schließlich mit 2:31:50 vor ihrer Landsfrau (2:31:52). Georgina Rono belegte Rang drei mit 2:33:09. Firehiwot Dado (Äthiopien/2:34:56), Diana Sigei (2:35:40), Rita Jeptoo (beide Kenia/2:35:53) und Mayumi Fujita (USA/2:39:11) folgten. „Das vergangene Jahr war sehr hart, deswegen bin ich froh, dass ich jetzt gewonnen habe“, sagte Sharon Cherop nach dem Rennen.
Tausende von Läufern gingen auch in diesem Jahr wieder im Rahmen des offiziellen Charity-Programms des Boston-Marathons und des John Hancock Non-Profit-Programms an den Start. Ihr Ziel war es, insgesamt über 16 Millionen US-Dollar für einen guten Zweck zu sammeln.
Darüber hinaus feiert Boston das 150-jährige Bestehen des Finanzdienstleisters John Hancock. Der Titelsponsor des ältesten jährlich stattfindenden Marathons der Welt arbeitet seit 27 Jahren mit den Organisatoren zusammen. Die Boston Athletic Association selbst feiert ihr 125-jähriges Bestehen. John Hancock unterstützt auch die Hoyt-Foundation, die das inspirierende Vater-Sohn-Gespann Dick und Rick Hoyt gründete. Um ihre außergewöhnlichen Leistungen zu ehren, stellte John Hancock Financial Services am Samstag die Miniaturversion einer Statue der beiden vor, die dann in Originalgröße nach ihrer Fertigstellung in der Nähe der Startlinie in Hopkinton zu sehen sein wird. Uta war äußerst bewegt von den emotionalen Ereignissen und brachte nach diesem außergewöhnlichen Wochenende ihre tief empfundene Anerkennung zum Ausdruck. „Meine Bewunderung gehört Dick und Rick Hoyt und den fantastischen Läufern der Hoyt-Foundation. Vielen Dank für Eure unwahrscheinliche Inspiration. Meine Gedanken sind bei Euch, und ich gratuliere Euch von ganzem Herzen zu Eurem Rennen und dem magischen 30. Boston-Marathon!”
- Erschienen am 16. April 2012