Vincent Kipruto und Caroline Kilel überzeugen in Frankfurt

Von Jörg Wenig

Vincent Kipruto siegte mit einer Sekunde Vorsprung vor dem Debütanten Mark Kiptoo. © www.PhotoRun.net
Vincent Kipruto siegte mit einer Sekunde Vorsprung vor dem Debütanten Mark Kiptoo. © www.PhotoRun.net
Kenias Vincent Kipruto gewann an einem stürmischen Herbsttag die 32. Auflage des BMW Frankfurt-Marathons und setzte damit die seit 2002 andauernde Siegserie seines Heimatlandes fort. Bei Windböen von bis zu 50 Stundenkilometern, was Windstärke 6 bis 7 entspricht, und zeitweiligem Regen waren Rekordleistungen außer Reichweite. Mit 2:06:15 Stunden erzielte Vincent Kipruto aber trotzdem eine hochklassige Zeit. Erst im Endspurt setzte sich der 26-Jährige mit einer Sekunde Vorsprung vor seinen Landsleuten Mark Kiptoo (2:06:16), der sein Marathon-Debüt lief, und Elijah Kemboi (2:07:34) durch.

Starke Leistungen in der Breite gab es bei den Frauen. Caroline Kilel gewann das Rennen zum zweiten Mal nach 2010 und stellte mit 2:22:34 eine persönliche Bestzeit auf. Die 32-jährige Kenianerin siegte mit der aktuell achtbesten Zeit des Jahres vor ihrer Landsfrau Flomena Chepchirchir (2:23:00) und der Äthiopierin Birhane Dibaba (2:23:01), die beide ebenfalls persönliche Bestleistungen erzielten. Mamitu Daska (Äthiopien) mit 2:23:23 an vierter Stelle und Eunice Jepkirui Kirwa (Kenia) in 2:23:45 als Fünftplatzierte sorgten ebenfalls für Spitzenzeiten.

Uta sagte im Anschluss an das Rennen begeistert: „Ich freue mich über die herausragenden Ergebnisse der Teilnehmer trotz der nicht idealen Wetterbedingungen und natürlich auch über die Resultate meiner kenianischen Freunde sowie Anna und Lisa Hahner. Und einen weiteren herzlichen Glückwunsch sende ich an meine Freunde der Petershagener Laufgruppe, die ich erst vor kurzem während meines Berlin-Aufenthaltes besucht habe. Ihr seid einfach klasse! Jörgen Zimmer ging nach dem Berlin-Marathon nochmals an den Start und verpasste seine Bestzeit nur um knapp zwei Minuten. Auch Thomas Grosche ist nach seiner Verletzung beim München-Marathon ein couragiertes Rennen gelaufen. Herzlichen Dank an Race-Direktor Jo Schindler und den Eliteathleten-Koordinator Christoph Kopp für einen weiteren wunderbaren Frankfurt-Marathon.“

Anna und Lisa Hahner auf dem Weg zu persönlichen Bestzeiten. © www.PhotoRun.net
Anna und Lisa Hahner auf dem Weg zu persönlichen Bestzeiten. © www.PhotoRun.net
Anna und Lisa Hahner (run2sky.com) erzielten jeweils persönliche Bestzeiten. Anna kam in 2:27:55 Stunden auf Rang acht ins Ziel. Sie ist mit diesem Resultat jetzt die siebtschnellste Deutsche aller Zeiten. Ihre Zwillingsschwester Lisa steigerte sich als Elfte auf 2:30:17. Beide Läuferinnen unterboten damit die deutsche Norm für die Europameisterschaften 2014 in Zürich (2:31:30). Während bei den Männern Sören Kah (LG Lahn-Aar-Esterau) das Rennen nach der Halbmarathonmarke aufgeben musste, kam Markus Weiß-Latzko (ST Rechberghausen) als bester Deutscher auf Rang 30 in 2:21:26 ins Ziel.

„Wir wollten sportlich ein anderes Ergebnis und hatten natürlich auf bessere Bedingungen gehofft. Aber wir hatten über 26.000 Läufer an zwei Tagen am Start, darunter fast 15.000 im Marathon. Mit den vielen Topresultaten haben wir gezeigt, welch starkes Feld hier dabei war. Das Frauenergebnis ist international top und bestätigt unser Engagement in diesem Bereich“, erklärte Race-Direktor Jo Schindler.

Am Samstag vor dem Frankfurt-Marathon nahmen Kinder im Alter von fünf bis neun Jahren am Struwwelpeter-Lauf über 420 Meter statt. Darunter waren auch Kinder aus den Einrichtungen des Wohlfahrtsverband Caritas Frankfurt, einem langjährigen Charity-Partner des Marathons. Die Teilnehmer des Frankfurt-Marathons haben die Möglichkeit, während des Rennens durch ein Spendentor zu laufen und damit drei Euro pro Durchlauf für die Gesundheitsförderungsinitiative der Caritas Frankfurt „Gemeinsam mehr bewegen“ zu spenden. Mit den Einnahmen werden benachteiligten Kindern beispielsweise Yoga-Programme, Lauftraining und Kletterausflüge ermöglicht.

Im Rennen der Männer erreichte eine Gruppe von 14 Läufern die Halbmarathonmarke nach 63:06 Minuten – das war rund 45 Sekunden langsamer als geplant. Immer wieder zog sich das Feld weit auseinander, weil die Athleten versuchten, im Windschatten zu laufen. Dass bereits nach der Halbmarathonmarke kein Pacemaker mehr an der Spitze war, machte die Sache nicht einfacher für die Topläufer. Ursprünglich war geplant, dass zumindest ein Tempomacher bis zur 30-km-Marke die Geschwindigkeit vorgibt.

„Ich war überrascht, dass kein Pacemaker mehr im Rennen war, aber wir haben dann eben selbst unser Tempo gemacht“, sagte Vincent Kipruto, der bei 30 km (1:29:21) eine sechsköpfige Gruppe anführte. Eine Zeit von etwa 2:05 Stunden schien immer noch möglich, denn eigentlich hätte nun ein rund sieben Kilometer langer Abschnitt mit Rückenwind folgen sollen. Doch dem war nicht so. „Der Wind drehte ständig, und Rückenwind gab es in dieser Phase leider gar nicht“, sagte der für die Topathleten zuständige Christoph Kopp.

Neben Vincent Kipruto formten seine Landsleute Gilbert Kirwa, Lani Rutto, Mark Kiptoo, Jacob Chesari und Levy Matebo Omari die Spitzengruppe. Der äthiopische Herausforderer Feyisa Lilesa wirkte locker in der ersten Hälfte, fiel dann aber aufgrund von Rückenproblemen zurück und stieg bei 37 km aus. Sein Landsmann Dino Sefir, der mit 2:04:50 die schnellste Zeit auf der Startliste aufwies, hatte schon vor der Halbmarathonmarke den Kontakt zur Spitze verloren, kam aber noch als Siebenter mit 2:09:22 ins Ziel.

Vincent Kipruto war es dann, der zwischen 32 und 34 km auf das Tempo drückte im Kampf gegen den Wind und die Konkurrenz. Er ließ dabei alle bis auf einen hinter sich: Mark Kiptoo ließ sich bei seinem Debüt nicht abschütteln. Erst kurz vor dem Einlauf in die Festhalle konnte sich Vincent im finalen Sprint etwas absetzen und gewann schließlich in 2:06:15 mit einer Sekunde Vorsprung. „Das war eines meiner härtesten Rennen. Ganz am Schluss war ich aber zuversichtlich, dass ich Mark Kiptoo schlagen kann“, kommentierte der Sieger die schwierigen Bedingungen und das knappe Finish. „Ich wollte eigentlich meine Bestzeit von 2:05:13 Stunden unterbieten, aber ich bin trotzdem zufrieden:“

Während Vincent Kipruto, der Marathon-Vize-Weltmeister von 2011, zu den Favoriten gezählt hatte, war der zweite Platz von Mark Kiptoo eine große Überraschung. Der 37-jährige Kenianer lief ein hochklassiges Marathondebüt und forderte Vincent bis zum letzten Meter in der Frankfurter Festhalle. „Ich habe während des Rennens viel Druck gemacht, das war dann mein Nachteil beim Sprint ins Ziel. Ich wollte primär eine gute Zeit erreichen, nicht die Platzierung“, sagte er.

Caroline Kilel siegte zum zweiten Mal in Frankfurt. © www.PhotoRun.net
Caroline Kilel siegte zum zweiten Mal in Frankfurt. © www.PhotoRun.net
Im Rennen der Frauen erreichten sechs Läuferinnen die Halbmarathonmarke nach 71:10 Minuten. Das war nur etwas langsamer als geplant. Flomena Chepchirchir, Eunice Jepkirui Kirwa, Caroline Kilel (alle Kenia), Mamitu Daska, Tirfi Tsegaye Beyene und die Debütantin Gelete Burka (alle Äthiopien) gehörten zu dieser Gruppe. Gelete Burka fiel bereits vor der 25-km-Marke zurück und wurde schließlich Zwölfte mit 2:30:40. Die anderen fünf Läuferinnen blieben jedoch bis zur 35-km-Marke zusammen. Dann konnte sich Caroline Kilel absetzen.

„Ich war in guter Form, aber ich bin überrascht, dass ich gewonnen habe“, sagte Caroline Kilel. „Die Tempomacher haben einen sehr guten Job gemacht. So konnte ich bei schwierigen Bedingungen eine neue Bestzeit laufen. Es war mein zweites Rennen in Frankfurt und mein zweiter persönlicher Rekord hier – ich denke, ich komme 2014 zurück, um noch schneller zu rennen.“

Anna Hahners Zeit ist die zweitbeste einer deutschen Läuferin in diesem Jahr – nur Irina Mikitenko (Eintracht Frankfurt) war mit 2:24:54 Stunden in Berlin noch etwas schneller. Anna verbesserte sich nun in Frankfurt um über zwei Minuten auf 2:27:55, obwohl sie nach einem Ermüdungsbruch im Frühjahr erst am 5. August wieder mit dem Lauftraining beginnen konnte. Zuvor hat sie viel alternatives Training betrieben und ist vor allem Rennrad gefahren. „Auch wenn die Vorbereitung unkonventionell war, war sie gut für mich. Ich denke, ich werde auch in der Zukunft das Rennradfahren in mein Training integrieren“, erklärte die 23-Jährige, die nicht mit einer Zeit von unter 2:28 gerechnet hatte.

„Die Bestzeit und diese große Verbesserung sind unglaublich. Es ist das erste Mal, dass ich die zweite Hälfte schneller als die erste gelaufen bin. Ich habe während des Rennens mit Ausnahme der Halbmarathonzeit nicht hochgerechnet, welche Zeit am Ende rauskommt. Bis kurz vor dem Ziel habe ich gedacht, dass ich vielleicht unter 2:29 laufen werde. Dann hat Christoph Kopp gerufen, dass ich sogar 2:27 laufen kann, wenn ich mich beeile“, erzählte Anna, die die zweite Hälfte in 1:13:23 lief. Obwohl Lisa Hahner, die im Frühsommer einige Zeit an einem Knieproblem laboriert hatte, die 2:30-Stunden-Marke verpasste, strahlte auch sie im Ziel. „Ich freue mich über meine Bestzeit und habe nun für 2014 das Ziel, unter 2:30 Stunden zu laufen.“ Anna und Lisa werden seit dem Frühjahr vom italienischen Coach Renato Canova betreut.

Die Ergebnisse des Frankfurt-Marathons

Männer:

 1.  Vincent Kipruto  KEN  2:06:15 Stunden 
 2.  Mark Kiptoo  KEN  2:06:16 
 3.  Elija Kemboi  KEN  2:07:34 
 4.  Jacob Chesari  KEN  2:07:46 
 5.  Albert Matebor  KEN  2:08:17 
 6.  Feyisa Bekele  ETH  2:09:17 
 7.  Dino Sefir  ETH  2:09:22 
 8.  Lani Rutto  KEN  2:10:01 
 9.  Richard Sigei  KEN  2:10:23 
 10.  Abdellatif Meftah              FRA  2:11:05 

Frauen:

 1.  Caroline Kilel  KEN  2:22:34 Stunden 
 2.  Flomena Chepchirchir  KEN  2:23:00 
 3.  Birhane Dibaba  ETH  2:23:01 
 4.  Mamitu Daska  ETH  2:23:23 
 5.  Eunice Jepkirui Kirwa  KEN  2:23:45 
 6.  Yeshi Esayias  ETH  2:24:06 
 7.  Tirfi Tsegaye Beyene  ETH  2:26:57 
 8.  Anna Hahner  GER  2:27:55 
 9.  Hilda Kibet  NED  2:28:49 
 10.  Maja Neuenschwander  CHE  2:29:42