Team Hoyt meistert ernste Herausforderung und überquert Ziellinie in Boston

Von David Wright
Bryan Lyons und Rick Hoyt im Ziel... © Robert Frechette
Bryan Lyons und Rick Hoyt im Ziel… © Robert Frechette

Begleitet von einem unglaublichen Jubel, der die Boylston Street hinunter hallte, überquerte Team Hoyt mit Bryan Lyons, der Rick Hoyts Rollstuhl bereits im zweiten Jahr schob, die Ziellinie des 120. Boston-Marathons und blieb dabei exakt zwei Sekunden unter fünf Stunden.

Vor und hinter den beiden waren die 39 Charity-Läufer von Team Hoyt, denen Uta zwei Tage zuvor beim Pasta-Dinner herzliche „Runner’s Hugs“ mit auf den Weg gegeben hatte.

Die Läufer waren aus allen Teilen Amerikas und Kanadas nach Boston gekommen, um die 42,195 km zu rennen, mehr als 175.000 US-Dollar an Spenden zu sammeln …und dabei die Spenden, die seit 2006 eingenommen wurden, auf eine Summe von über 1,25 Millionen zu steigern.

Team Hoyts Mission

Team Hoyt war aus dem enormen Mut und der großen Liebe entstanden, die den Traum von Dick und Rick Hoyt möglich machten: 32 Mal schob der Vater seinen Sohn Rick – der vor 54 Jahren mit einer Zerebralparese zur Welt kam und seitdem im Rollstuhl sitzt – durch den Boston-Marathon. Und hätte es noch eines Beweises bedurft, dass diese einzigartige Teamarbeit fortbesteht, nachdem Dick mit 74 Jahren in den „Ruhestand” getreten war und die Zügel an Bryan Lyons übergeben hatte, so lieferten die beiden ihn in diesem Jahr auf eindrucksvolle Weise.

Rick und Bryan schafften den Marathon erneut. Herzlichen Glückwunsch! © Joe Giza/WBZ
Rick und Bryan schafften den Marathon erneut. Herzlichen Glückwunsch! © Joe Giza/WBZ

Als Bryan, ein 46-jähriger Zahnarzt aus Methuen in Massachusetts, an der Startlinie in Hopkinton loslief, saß Rick in einem nagelneuen Rennrollstuhl, der leichter, bequemer und – so hofften sie – schneller sein würde. Am Wochenende zuvor war ihnen ein merkwürdiges Geräusch am rechten Rad aufgefallen, dennoch ließen sie sich nicht davon abhalten, ihren Trainingslauf über knapp 20 km auf dem Marathonkurs zu absolvieren, und jetzt schien das Geräusch nicht mehr da zu sein.

Dann, bei Framingham zwischen 13 und 14,5 km, überquerten sie sehr holprige Eisenbahnschienen und Bryan stellte alarmiert fest, dass sich das rechte Rad mehr als 6 cm aus seiner Verankerung an der Achse gelöst hatte. „Wären es 2,5 cm mehr gewesen, so hätten wir das Rad verloren”, erzählt er noch ganz aufgeregt.

Während der nächsten 14 Kilometer musste er nach nahezu jeder Bodenwelle anhalten und das Rad wieder in Position bringen. „Ich habe Rick das Problem erklärt, und wir beide waren entschlossen, die Sache durchzustehen“, sagt Bryan. „Doch ich musste mindestens alle 150 Meter anhalten und das Rad justieren.” Der so sehr gefürchtete Ausstieg aus dem Rennen schien eine womöglich nicht mehr abwendbare Option zu werden. Das war der Zeitpunkt, als das „Team“ in Team Hoyt ins Spiel kam.

© Tammy Stapleton
© Tammy Stapleton

Team-Läuferin und Coach Varinka Barbini Ensminger erreichte Rick und Bryan, der gerade wieder mit dem Rad beschäftigt war, bei Kilometer 28. Bryan schilderte ihr das Dilemma und bat sie, an der Team-Verpflegungsstation an der 32-Kilometer-Marke einen Notruf abzusetzen. Als Bryan und Rick die Station erreichten, war die Rettung bereits auf den Weg gebracht worden.

Der Team-Managerin Kathy Boyer war es gelungen, Mike DiDonato, den Konstrukteur des Rollstuhls zu kontaktieren. Joseph Coup, Polizist in Peabody, der bei Kilometer 32 Dienst hatte, holte einen Werkzeugkasten aus seinem Streifenwagen und mithilfe von DiDonatos komplizierten Anweisungen via Telefon, gelang es den „Notfall-Mechanikern“ von Team Hoyt , die wenige Minuten zuvor noch den Marathon gelaufen waren, das fehlgeleitete Rad auf seiner Achse zu befestigen.

Team Hoyts Verpflegungsstation. © Team Hoyt
Team Hoyts Verpflegungsstation. © Team Hoyt

Knapp zehn Kilometer später waren Bryan und Rick auf der Boylston Street. Bryan hielt an, um den Schweiß von seinem und Ricks Gesicht abzuwischen „so sahen wir salonfähiger für all die Kameras aus – wir wussten ja, dass viele davon auf uns warten würden.“

Nach weiteren 800 Metern überquerten sie die Ziellinie, wo Dick und Uta – sie hatte zu diesem Zeitpunkt ihren eigenen Marathon bereits beendet – warteten, um ihnen zu gratulieren.

Was kommt als nächstes? Das Duo hat einen Ironman im Visier! Dieser Triathlon bedeutet für Bryan, eine Strecke von 3,84 km im offenen Meer zu schwimmen und Rick dabei in einem Gummiboot zu ziehen, 180 km auf dem Rad zu fahren mit Rick in einem Sitz, der vor dem Lenkrad über dem Vorderrad montiert ist, und zum Abschluss Rick in seinem Rollstuhl über die Marathondistanz zu schieben.

Dick und Rick Hoyt zusammen mit Bryan Lyons und Uta in Boston 2016. © www.PhotoRun.net
Dick und Rick Hoyt mit Bryan Lyons und Uta in Boston 2016. © www.PhotoRun.net

Diese beeindruckende Leistungsfähigkeit scheint in der Familie zu liegen: Im Jahr 1989 wurden Rick und sein Vater zum weltweit ersten Rollstuhl-Team gekürt, das den berühmten Ironman-Triathlon in Kona, Hawaii erfolgreich absolviert hat – sie brauchten dafür 14 Stunden und 26 Minuten. Zehn Jahre später, 1999, absolvierten sie ihn abermals und neun Jahre danach wurden die beiden in die Ironman Hall of Fame aufgenommen.

„Jetzt”, sagt Dick, „will Rick das unbedingt noch einmal zusammen mit Bryan schaffen.” Bryan, der alleine bislang vier Ironman beendet hat und bereits zwei „Halbe“ zusammen mit Rick absolvierte, sagt: „Das ist unser Ziel. Nichts würde mich glücklicher machen, als dies Dick zu Ehren tun zu können.”

Das Team hinter Team Hoyt... © Michael Reger
Das Team hinter Team Hoyt… © Michael Reger
Bryan justiert das Rad... © Team Hoyt
Bryan justiert das Rad… © Team Hoyt
Mit der Hilfe von Coach Varinka ... © Courtesy of Varinka T. Barbini Ensminger
Mit der Hilfe von Coach Varinka… © Courtesy of Varinka T. Barbini Ensminger

 

Bryan' Eltern, Kathy Boyer, Uta im Ziel in Boston. © Michael Reger
Bryans Eltern, Kathy Boyer, Uta im Ziel in Boston. © Michael Reger