Tadese und Keitany mit Top-Zeiten Halbmarathon-Weltmeister
Zersenay Tadese (Eritrea) und Mary Keitany (Kenia) haben bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften die Goldmedaillen gewonnen. Dabei überzeugten sie in Birmingham, Grossbritannien, jedoch nicht nur mit ihren Siegen, sondern auch mit hervorragenden Zeiten. Der 27-jährige Tadese lief nach 59:35 Minuten ins Ziel, die gleichaltrige Keitany gewann ihren ersten großen Titel sogar in Afrika-Rekordzeit: 66:36 Minuten lief die Kenianerin und wurde damit zur zweitschnellsten Athletin aller Zeiten über die 21,0975 Kilometer lange Strecke.
Zersenay Tadese wurde in Birmingham zum alleinigen Rekord-Sieger dieser Meisterschaften. Denn zum vierten Mal in Folge gewann der 10.000-Meter-WM-Zweite von Berlin diese Goldmedaille. 2006 allerdings wurde anstelle eines Halbmarathons ein 20-km-Rennen gelaufen.
„Es war ein schwieriges Rennen mit starker Konkurrenz und zudem auch einigem Wind”, sagte Zersenay Tadese, der sich dennoch bereits nach rund 10 km von seinen Konkurrenten löste und einer souveränen Titelverteidigung entgegen lief. Während sich der als vermeintlich stärkster Herausforderer gehandelte Kenianer Sammy Kitwara am Ende mit Rang zehn in 61:59 Minuten zufrieden geben musste, sprang ein Landsmann in die Bresche: Bernard Kipyego setzte sich in einem packenden Schlussspurt in 59:59 Minuten mit lediglich einer Sekunde Vorsprung vor dem überraschend starken US-Amerikaner Dathan Ritzenhein durch. Kipyego war erst im April seinen ersten Halbmarathon gelaufen und hatte dabei gleich das Rennen in Berlin gewonnen. Damals lief der inzwischen 23-Jährige auf Anhieb 59:34 Minuten, dann steigerte er sich in Rotterdam auf 59:10.
Hinter dem mit 60:00 Minuten persönliche Bestzeit laufenden Dathan Ritzenhein belegten Wilson Kiprotich (Kenia/60:08), Samuel Tsegay (Eritrea/60:17) und Wilson Chebet (Kenia/60:59) die nächsten Ränge. Bester Europäer war der Italiener Daniele Meucci, der als 18. nach 62:43 im Ziel war.
Die erstaunlichste Leistung allerdings vollbrachte am Sonntag in Birmingham Mary Keitany. Vor zwei Jahren hatte sie bei den Halbmarathon-Weltmeisterschaften in Udine ihren größten Erfolg gefeiert. Damals wurde sie Zweite hinter ihrer früheren Landsfrau Lornah Kiplagat (Niederlande), die in Italien den noch gültigen Weltrekord von 66:25 Minuten aufgestellt hatte. Jetzt verpasste Mary Keitany diese Marke lediglich um elf Sekunden und wurde zur zweitschnellsten Halbmarathonläuferin aller Zeiten (ausgenommen Ergebnisse von Rennen mit zu stark abfallenden Strecken, die damit nicht die Anforderungen für offizielle Rekorde erfüllen).
Das Ergebnis der Mary Keitany ist umso bemerkenswerter, wenn man weiß, dass sie am Tag zuvor alles andere als eine optimale Vorbereitung auf das Rennen hatte: Knapp eine Stunde lang steckte die Kenianerin in einem Fahrstuhl fest, den sie auf dem Weg zur Pressekonferenz genommen hatte. „Natürlich hat mich das beeinträchtigt. Ich dachte, ich würde einen Kollaps bekommen, denn es war sehr heiß in diesem Fahrstuhl, und wir schwitzten alle”, erzählte sie von dem Platzangst-Erlebnis, das sie noch mit zwei anderen Läufern teilte: Sammy Kitwara und Dathan Ritzenhein hingen ebenfalls fest.
„Ich habe danach sehr viel Wasser getrunken”, erzählte Mary Keitany, die am Sonntag im Gegensatz zu ihrem Landsmann Kitwara trotzdem in Topform war. Sie fühlte sich sogar so stark, dass sie während des Rennens ihre lange Zeit einzige Verfolgerin, die Äthiopierin Aberu Kebede, lautstark aufforderte, sich an der Tempoarbeit zu beteiligen. Kebede lehnte mehrmals ab, und so lief Keitany einfach davon, nachdem beide den 10-km-Punkt in schnellen 31:04 Minuten erreicht hatten. Die nächste Zwischenzeit wäre ein Weltrekord gewesen, wenn dieser Streckenpunkt nicht ein zu großes Gefälle zum Start gehabt hätte: 15 km erreichte die kenianische Läuferin nach 46:51 Minuten. Damit hatte sie bereits einen Vorsprung von 40 Sekunden auf Aberu Kebede und lief einem souveränen Sieg entgegen.
Im Kampf um Platz zwei musste sich Kebede im Schlussspurt der Kenianerin Philes Ongori (67:38) geschlagen geben. Sie erreichte als Dritte eine Sekunde später das Ziel. Caroline Kilel (Kenia/68:16), Metawet Tufa (69:11) und Tirfi Tsegaye (beide Äthiopien/69:24) belegten die nächsten Plätze. Kimberley Smith (Neuseeland/69:35) war auf Rang sieben die beste Nicht-Afrikanerin.
Geoffrey Mutai zeigt Weltklasseleistung beim Eindhoven-Marathon
Aus Kenias schier endlosem Reservoir von Topläufern ist der nächste Weltklasse-Marathonläufer aufgetaucht: Geoffrey Mutai steigerte sich beim Eindhoven-Marathon am Sonntag auf 2:07:01 Stunden und verbesserte damit seinen eigenen Kursrekord aus dem Vorjahr um 49 Sekunden. Sein atemberaubendes Tempo in der Schlussphase des Rennens lässt darauf schließen, dass der 28-Jährige noch ein deutlich größeres Potenzial hat. Den Namen Geoffrey Mutai wird man sich merken müssen.
Nach 63:56 Minuten hatte die große Spitzengruppe in Eindhoven die Halbmarathonmarke passiert, bei 25 km (1:16:09 Stunden) waren immer noch 13 Läufer vorne dabei. Doch auf den nächsten 10 Kilometern verschleppten die Favoriten das Tempo etwas. Sie nahmen die Geschwindigkeit der Hasen nicht an, das Rennen wurde taktisch. Alle schauten auf den Vorjahressieger Geoffrey Mutai. Als der Kenianer dann bei 35 km (1:46:32) ernst machte, hatte keiner mehr eine Chance. Über eine Minute Vorsprung lief Mutai, der sich im Sommer bei einem 10-km-Straßenlauf im holländischen Voorthuizen auf 27:39 Minuten gesteigert hatte, auf den letzten gut sieben Kilometern noch heraus.
Seine Zwischenzeiten für diesen finalen Abschnitt waren erstaunlich: In 14:24 Minuten lief er die 5 km zwischen 35 und 40 km, 6:04 brauchte er für die letzten 2,195 km! Damit war er deutlich schneller unterwegs als zum Beispiel Haile Gebrselassie (Äthiopien) bei seinem Marathon-Weltrekord in Berlin 2008 (14:28 und 6:26). „Ich bin mir sicher, dass Geoffrey das Potenzial hat, 2:05 Stunden zu laufen, wenn er in einem besser besetzten Rennen startet”, erklärte sein holländischer Manager Gerard van de Veen.
Auch die Breite in der Spitze war stark beim Eindhoven-Marathon: Gleich neun Läufer blieben unter 2:10 Stunden. Die ersten acht Plätze belegten kenianische Athleten. Zweiter wurde Philip Sanga in 2:08:07, Rang drei ging an Joseph Ngeny mit 2:08:10. Als Vierter lief Samson Barmao 2:09:20 Stunden.
Deutlich schwächer besetzt war das Frauenfeld des Rennens. Hier gewann Beate Naigambo (Namibia) mit der Landesrekordzeit von 2:31:01 Stunden vor der Kenianerin Lydia Kurgat (2:31:26). Rang drei belegte Virginie Vandroogenbroeck (Belgien) mit 2:43:48.
Asics Grand 10 Berlin im Aufschwung
In der Streckenrekordzeit von 33:48 Minuten gewann die kenianische Läuferin Joan Aiyabei am Sonntag den 10-km-Wettbewerb bei den Asics Grand 10 Berlin. Der Tscheche Jan Kreisinger siegte überraschend in 29:46 im Männerrennen. Mit 6.489 Läufern aus 25 Nationen verzeichnete der Veranstalter ,Berlin läuft’ einen Teilnehmerrekord. Parallel zu dem 10-km-Rennen fanden auch eine 2×5-km-Staffel sowie ein Kinderlauf über rund 1,6 km statt. „Wir freuen uns über diese deutliche Teilnehmersteigerung, die zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind mit diesem Rennen”, erklärte Race-Direktor Gerhard Janetzky, der dieses Rennen als Deutschlands größten 10-km-Lauf etablieren will.
Bei kühlen Temperaturen und zeitweiligem Nieselregen entwickelte sich auf der Strecke mit Start und Ziel am Schloß Charlottenburg sowie einer Passage durch den Zoo ein Zweikampf. Der favorisierte Faustin Musa (Tansania) und Jan Kreisinger liefen bis kurz vor Kilometer neun gemeinsam an der Spitze. Danach setzte sich überraschend der 25-jährige Tscheche von Musa ab. „Das ist einfach mein Wetter, bei Hitze hätte ich Faustin Musa wohl nicht schlagen können”, erklärte Jan Kreisinger, der hofft, sich im nächsten Jahr über 5.000 m für die Europameisterschaften in Barcelona qualifizieren zu können. Hinter Jan Kreisinger (29:46) und dem zweitplatzierten Faustin Musa (29:59) wurde Wolfram Müller (LG Asics Pirna) in 30:26 Minuten Dritter. „Für mich als Mittelstreckler ist diese Zeit im Herbst ein Ergebnis, mit dem ich sehr zufrieden sein kann”, erklärte Wolfram Müller, der nach seinem starken vierten Platz über 1.500 m bei der Hallen-EM aufgrund einer Muskelverletzung im Oberschenkel die WM im Sommer verpasste. „Ich bin bereit für das nächste Jahr. Ziel ist es dann, bei der EM ins Finale zu kommen.”
Auf Rang sieben kam Falk Cierpinski (SG Spergau) in 32:16 Minuten ins Ziel. Nach einer Pause von rund einem Monat hatte er noch nicht wieder genug Training in den Beinen, um ganz vorne dabei zu sein. „Es war ein bisschen zu kühl, und ich merkte, dass meine Oberschenkelmuskulatur fest wurde”, erklärte Falk Cierpinski. „Gut war aber, dass ich heute kein Seitenstechen hatte. Das war das Problem beim WM-Marathon und bei weiteren Rennen in diesem Jahr.” Dieter Baumann (LAV Asics Tübingen) zeigte, dass er nach wie vor fit ist. Bereits auf Rang neun in 32:53 Minuten erreichte der 5.000-m-Olympiasieger von 1992 das Ziel. „33 Minuten, großzügig aufgerundet, das ist doch ganz okay”, erklärte der 44-Jährige, der am Abend zuvor in der Berliner Mercedes-Welt die Zuschauer mit seinem Kabarett ‚Körner, Currywurst, Kenia’ ausgezeichnet unterhalten hatte.
Schnellste Frau war erwartungsgemäß die Favoritin Joan Aiyabei: Die 30-jährige Kenianerin gewann das Rennen in 33:48 Minuten nach einem Start-Ziel-Sieg und verbesserte den Streckenrekord von Ulrike Maisch (LAV Rostock/34:53) um über eine Minute. „Ich wusste nicht, wo der Kursrekord stand”, sagte Joan Aiyabei und fügte hinzu: „Wenn es wärmer gewesen wäre, hätte ich noch schneller rennen können.” Mit großem Abstand folgten der Kenianerin Dawn Domaschk (USA/38:31) und Kathrin Wyss (Schweiz/38:52).
Über 5.000 Läufer beim Boston-Halbmarathon
Eine gute Resonanz hatte der Boston-Halbmarathon am Sonntag. 5.364 Läufer hatten für das 21,0975 km lange Rennen durch die Innenstadt gemeldet. Erst auf den letzten 100 Metern fiel die Entscheidung im Männerrennen. Hier setzte sich der Ire Martin Fagan in 62:21 Minuten vor dem zur KIMbia-Gruppe gehörenden Kenianer Philemon Terer (62:24) durch. Fagan verpasste den Kursrekord von Tom Nyariki (Kenia) lediglich um eine Sekunde. Schnellste Frau war in Boston die Äthiopierin Belainesh Gebre in 71:07. Hier belegte Jilliah Tingea mit 71:42 Minuten Platz zwei. Die Kenianerin gehört ebenso wie Terer zum KIMbia-Team.
- Erschienen am 14. October 2009
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