Silvester ist auch ein Läuferfest
Laufen gehört für viele zu Silvester wie das Feuerwerk oder der Sekt. Im Frühjahr und Herbst stehen die spektakulären Marathonrennen auf dem Programm, doch an keinem anderen Tag des Jahres werden binnen weniger Stunden so viele Läufe veranstaltet wie zu Silvester. Eine gut sechsstellige Anzahl von Teilnehmern dürfte am Dienstag bei den diversen Rennen in der Welt an den Start gegangen sein. Bei vielen Events liefen die Athleten zum Jahresabschluss verkleidet. Nachfolgend hat Take The Magic Step für Sie einen Überblick zu den Veranstaltungen von Bozen, Peuerbach, Madrid, São Paulo und Trier zusammengestellt.
Uta, die das Rennen in der italienischen Stadt Bozen 1990 gewonnen hatte, ist ein begeisterter Fan der Silvesterläufe und erzählte: „Ich kann mich noch gut an die ausgelassene Stimmung beim BOclassic erinnern und möchte den diesjährigen Siegern Imane Merga und Maryam Jamal ganz herzlich zu ihrem Erfolg gratulieren. Silvesterläufe sind eine hervorragende Gelegenheit, das Jahr sportlich ausklingen zu lassen. Ich bin sehr gerne während meiner aktiven Karriere bei diesen Rennen an den Start gegangen. Vielleicht habt Ihr ja auch Lust, an einem dieser Events teilzunehmen? Mein 6-Wochen-Trainingsplan für Laufanfänger kann ein toller Start für 2014 sein. Ich wünsche Euch alles Gute und viel Erfolg für Eure sportlichen Vorhaben.“
Bozen: Imane Merga gewinnt Fotofinish vor Wilson Kiprop
Imane Merga und Maryam Jamal heißen die Sieger eines der bestbesetzten Silvesterläufe der Welt. Der 25-jährige Äthiopier und die 29-jährige Bahrainerin gewannen bei kühlen Temperaturen den prestigeträchtigen BOclassic im Südtiroler Bozen.
Wie Olympiasieger Mo Farah (Großbritannien) vor drei Jahren musste nun auch Wilson Kiprop die Spurtstärke von Imane Merga bei dem italienischen Klassiker anerkennen. In einem mitreißenden 10-Kilometer-Rennen setzte sich der äthiopische Titelverteidiger in Bozen hauchdünn mit nur einer Zehntelsekunde Vorsprung vor dem Halbmarathon-Weltmeister von 2010, Wilson Kiprop (Kenia), durch. Der lang gezogene Endspurt über 300 Meter war wohl der spannendste, den der BOclassic je gesehen hat. Bis auf den letzten Meter kämpften beide um den Sieg. Zeitgleich in 28:44 Minuten überquerten sie die Ziellinie. Marokkos Aziz Lahbabi – Dritter der Junioren-WM 2010 über 5.000 m – hatte von Beginn an für Tempo gesorgt und wurde dafür mit Rang drei in 29:00 Minuten belohnt.
Nur Sergey Lebid (Ukraine/fünf Siege) und Edwin Soi (Kenia/vier) haben bislang in Bozen öfter gewonnen als Imane Merga, der zum dritten Mal triumphieren konnte. Edwin Soi, der Olympiadritte von 2008, hatte am Dienstag allerdings schon bei Halbzeit keine Chance mehr, mit Sergey Lebid gleichzuziehen. Er lief am Ende hinter Jairus Birech (Vierter in 29:05), Leon Ndiema (beide Kenia/Fünfter in zeitgleichen 29:05) sowie Solomon Mutai (Uganda/Sechster mit 29:49) auf Rang sieben in 30:00.
„Dass ich hier zum dritten Mal gewinnen konnte, erfüllt mich mit Stolz. Das war ein ganz spezieller Sieg, denn [Wilson] Kiprop hat es mir sehr schwer gemacht“, erklärte Imane Merga, der 2013 Silber bei den Crosslauf-Weltmeisterschaften gewonnen hatte und zu dessen Vorbildern seine Landsmänner Haile Gebrselassie und Kenenisa Bekele zählen. Der zweitplatzierte Wilson Kiprop erklärte: „Ich muss zufrieden sein. Ein zweiter Platz ist ein hervorragendes Ergebnis, und [Imane] Merga hat verdient gewonnen. Natürlich wollte ich gewinnen, aber es kann eben nicht zwei Sieger geben.“
Den 5-km-Lauf der Frauen gewann Maryam Jamal, die zweifache Weltmeisterin über 1.500 m. Die bahrainische Athletin ließ der 10.000-m-Vize-Weltmeisterin Gladys Cherono aus Kenia auf den letzten 300 Metern keine Chance, obwohl es knapp war. Genau 16:00 Minuten betrug die Siegerzeit der Olympia-Dritten von London 2012. Maryam Jamal ist die erste 1.500-m-Spezialistin, die in Bozen gewann. Nur eine Sekunde hinter ihr lief Gladys Cherono auf Platz zwei. Auf den Rängen drei und vier folgten die beiden äthiopischen Teilnehmerinnen Afera Godfay (16:19) und Worknesh Degefa (16:25). Beste Europäerin war die Italienerin Margherita Magnani als Fünfte mit 16:27.
„Das war nicht einfach, denn [Gladys] Cherono ist auf den längeren Distanzen eine der besten der Welt. Als ich aber 300 Meter vor dem Ziel anzog, wusste ich, dass ich gewinnen werde. Ich war das erste Mal in Bozen am Start. Das ist eine tolle Veranstaltung, die Stimmung war einmalig“, sagte Maryam, während die zweitplatzierte Gladys erklärte: „Ich habe alles versucht, um [Maryam] Jamal abzuschütteln, denn ich wusste, dass sie im Finish sehr stark sein würde. Aber das ist mir leider nicht gelungen. Dennoch kann ich auch mit dem zweiten Platz zufrieden sein.“
Peuerbach: Cornelius Kangogo siegt zum Geburtstag
Der Kenianer Cornelius Kangogo und die Serbin Amela Terzic haben die 33. Auflage des Silvesterlaufes im österreichischen Peuerbach gewonnen. Bei dem einmal mehr sehr gut besetzten Rennen erreichte Anna Hahner (run2sky.com) einen guten vierten Platz.
Im Männerrennen über 6,8 km sah es lange Zeit nach einem Sieg des favorisierten Albert Rop (Bahrain) aus. Er führte das Feld gemeinsam mit Cornelius Kangogo bis zur vorletzten der acht Runden an. In der von Runde zu Runde kleiner werdenden Verfolgergruppe hielt auch ein stark laufender Günther Weidlinger (Österreich) sehr gut mit.
Cornelius Kangogo, der in Peuerbach 2012 bereits Rang sechs belegt hatte, konnte sich dann in Runde sieben ein paar Meter vom 5.000-m-Asienrekordler Albert Rop absetzen. Am Ende wurde es aber noch einmal sehr knapp. Cornelius Kangogo gewann schließlich mit nur einer Sekunde Vorsprung vor Albert Rop in 18:58 Minuten. Der 20-jährige Cornelius machte sich mit seinem Sieg selbst ein besonderes Geschenk, denn er feierte am Silvestertag seinen Geburtstag. Dritter wurde der Belgier Pieter-Jan Hannes in 19:14. Nur wenige Sekunden dahinter kamen Günther Weidlinger und Richard Ringer (VfB LC Friedrichshafen) ins Ziel. Sie lieferten sich einen spannenden Kampf um Rang vier, den Günther Weidlinger in 19:17 vor dem zeitgleichen Deutschen für sich entschied.
Bei kühlen, aber sehr guten Wetterbedingungen konnte sich bei den Frauen die Titelverteidigerin und Favoritin durchsetzen: Amela Terzic löste sich in der vorletzten Runde von der Konkurrenz und gewann das 5,1-km-Rennen in 16:38 Minuten. Zweite wurde Streckenrekordhalterin Sonja Stolic, die vor elf Jahren in Peuerbach 15:55 gelaufen war. Die serbische Athletin war nach 16:44 im Ziel. Sie hatte in den ersten vier Runden ein zehnköpfiges Feld gemeinsam mit den Hahner-Zwillingen Anna und Lisa angeführt. Anna Hahner wurde schließlich hinter Agatha Strausa (Lettland/16:45) Vierte mit 16:54. Lisa belegte Platz acht in 16:59.
Madrid: Leonard Komon und Linet Masai dominieren
Einen kenianischen Doppelerfolg gab es beim hervorragend besetzten Silvesterlauf in Madrid. In der spanischen Metropole setzten sich mit Leonard Komon und Linet Masai zwei Weltklasseathleten über die 10-km-Distanz durch.
Der 10-km-Weltrekordler Leonard Komon, der 2010 diese aktuelle Bestzeit von 26:44 Minuten aufgestellt hatte, setzte sich bereits auf dem ersten Kilometer von seinen Konkurrenten ab und erlief einen großen Vorsprung. Die Hälfte der Distanz hatte der 25-Jährige bereits nach 13:41 Minuten absolviert. Das Verfolgerfeld passierte die 5-km-Marke nach 14:25. Im Ziel war der Vorsprung dann auf über eine Minute angewachsen. Leonard Komon gewann in 28:02 Minuten. Die Spanier Ayad Lamdassem (29:05) und Roberto Alaiz (29:08) belegten die Ränge zwei und drei. Als Vierter folgte mit Javier Polo (29:10) ein weiterer Spanier.
Ähnlich wie das Männerrennen entwickelte sich auch der Lauf der Frauen an der Spitze. Hier war es Linet Masai, die 10.000-m-Weltmeisterin von 2009, die frühzeitig die Initiative ergriff. Die 24-Jährige passierte die 5-km-Marke in sehr schnellen 15:24 Minuten und lag damit sechs Sekunden vor Rita Jeptoo (Kenia). Vier Sekunden dahinter lief Malika Asahssah (Marokko).
Während Linet Masai ihren Vorsprung in der zweiten Hälfte ausbaute, konnte die Boston- und Chicago-Marathon-Siegerin Rita Jeptoo ihr Tempo nicht mehr halten und wurde schließlich noch von Malika Asahssah überholt. Linet Masai gewann in flotten 31:33 Minuten vor der Marokkanerin (31:57) und Rita Jeptoo (31:59). Als Vierte folgte Magdaline Masai (Kenia) mit deutlichem Abstand in 32:36, Fünfte wurde Jessica Augusto (Portugal/32:58).
São Paulo: Edwin Rotich einmal mehr vorne
Der traditionsreichste Silvesterlauf ist der „Corrida Internacional de São Silvestre“. Zum 89. Mal wurde das 15-km-Rennen in São Paulo veranstaltet, knapp 27.000 Läufer waren am Start. Zum zweiten Mal in Folge hieß hier der Sieger Edwin Kipsang Rotich. Der kenianische Läufer gewann in 43:48 Minuten und war damit 16 Sekunden schneller als vor einem Jahr. Mark Korir, am Silvestertag 2012 Dritter bei diesem Rennen, verbesserte sich um einen Platz und wurde Zweiter in 44:09. Stanley Koech machte den kenianischen Dreifach-Triumph perfekt mit einem dritten Platz in 44:30. Auch bei den Frauen kam die Siegerin aus Kenia: Nancy Kipron gewann in 51:58 Minuten vor der Äthiopierin Netsanet Kebede und Jackline Sakilu (Kenia).
Trier: Deutscher Doppelsieg durch Homiyu Tesfaye und Corinna Harrer
Einen deutschen Doppelsieg gab es beim Silvesterlauf in Trier: Bei guten Wetterbedingungen triumphierte Homiyu Tesfaye (Eintracht Frankfurt), während Corinna Harrer (LG Telis Finanz Regensburg) ihren Vorjahressieg wiederholte.
Vor rund 15.000 Zuschauern gab es im Männerrennen über 8 km einen spannenden Dreikampf um den Sieg. Homiyu Tesfaye lief gemeinsam mit Thomas Ayeko (Uganda) und Dame Tasame (Äthiopien) an der Spitze des Feldes. Die Entscheidung fiel dann erst im Schlussspurt, bei dem Homiyu Tesfaye seine Sprintstärke ausspielen konnte. Der erst 20-Jährige, der im Sommer bei den Weltmeisterschaften in Moskau mit einem fünften Platz im 1.500-m-Finale überrascht hatte, gewann in 22:38 Minuten vor den zeitgleichen Ayeko und Tasame. Als Vierter folgte Kenias Evans Korir mit deutlichem Abstand. Homiyu Tesfaye sorgte für den ersten deutschen Sieg beim Männerrennen in Trier seit 1996. Damals gewann Thorsten Naumann das 8-km-Rennen durch die Altstadt.
Einen Sieg einer deutschen Langstrecken-Hoffnung gab es auch im Rennen der Frauen. Über die 5-km-Distanz verteidigte Corinna Harrer ihren Titel. Ebenso wie bei Homiyu Tesfaye liegt auch bei ihr der Schwerpunkt noch auf der Mittelstrecke. Doch in Trier ließ die 22-Jährige ihren Konkurrentinnen über 5 km keine Chance und gewann souverän in 15:51 Minuten vor Eleni Gebrehiwot (TV Wattenscheid/16:07) und Cynthia Kosgei (Kenia/16:14). Auf Rang vier folgte eine weitere deutsche Mittelstreckenläuferin, Diana Sujew (LT Hamburg-Marathon/16:20). Fünfte wurde die Hindernisläuferin Gesa Krause (Eintracht Frankfurt) mit 16:22.
- Erschienen am 1. January 2014