Sergiy Lebid zum achten Mal Cross-Europameister

Von Jörg Wenig
Titel Nummer acht sicherte sich Sergiy Lebid. © www.photorun.net / Giancarlo Colombo
Titel Nummer acht sicherte sich Sergiy Lebid. © www.photorun.net / Giancarlo Colombo

Sergiy Lebid hat sein Abonnement auf den Crosslauf-EM-Titel einmal mehr verlängert. In Brüssel gewann der Ukrainer die kontinentalen Titelkämpfe bereits zum achten Mal. Erstmals triumphierte dagegen die aus Kenia stammende Holländerin Hilda Kibet. Die deutschen Läufer spielten bei diesen Rennen auf einem tiefen und hügeligen Parcours erwartungsgemäß keine Rolle. Allerdings gab es immerhin eine Bronzemedaille für das deutsche Juniorinnenteam im Rennen der unter 23-Jährigen. Hier war Heike Bienstein (LGO Dortmund) als Sechste die beste Einzelläuferin im Team.

Sergiy Lebid hat nun in der Geschichte der Cross-Europameisterschaften mehr als die Hälfte der möglichen Einzeltitel gewonnen. Bemerkenswert ist auch, dass der Ukrainer bei allen bisherigen 15 Auflagen der Titelkämpfe am Start war. Bei kühlen, aber trockenen Wetterbedingungen wurde es im Männerrennen über 10 Kilometer interessant, nachdem der schwedische Hindernisspezialist Mustafa Mohamed das Tempo anfangs der zweiten Hälfte forciert hatte. Zwischen sechs und neun Läufern rannten nun in der Führungsgruppe über den anspruchsvollen Kurs, der neben einigen Steigungen auch viele Matschpassagen aufwies. Der Brite Mo Farah, der den Cross-EM-Titel vor zwei Jahren gewonnen hatte und damals Lebids Siegserie unterbrochen hatte, übernahm dann zwei Runden vor Schluss die Führung. Der junge Spanier Ayad Lamdassem, der aus Äthiopien stammt und seit dem Sommer die spanische Staatsangehörigkeit besitzt, versuchte dem Briten zu folgen. Einige Meter zurück lagen Mustafa Mohamed und Sergiy Lebid.

„Wir waren dann zu dritt vorne und ich konnte Lebid nicht sehen. Deswegen dachte ich, dass wir eine Chance haben würden, ihn zu schlagen – aber er kam zurück”, erklärte Mo Farah. Es sah in der Tat so aus, als ob der Titelverteidiger geschlagen sein könnte, aber der Ukrainer arbeitete sich wieder von Platz vier an die Spitze. Hinter Mo Farah laufend, ging er in die letzte 1.500-m-Runde. Etwa 600 Meter vor dem Ziel trat Sergiy Lebid an und lief davon, als es ein kleines Stück aufwärts ging. Der Ukrainer war in 30:49 Minuten mit acht Sekunden Vorsprung vor Farah im Ziel. Mustafa Mohamed wurde Dritter mit 31:13, gefolgt von Ayad Lamdassem (31:17) und dem überraschend starken Belgier Pieter Desmet (31:19). Mit deutlichem Rückstand lief Sebastian Hallmann (LG Stadtwerke München) als bester Deutscher auf den 33. Platz in 32:14.

„Ich wusste, dass ich ihn abhängen musste, um eine Chance zu haben, deswegen bin ich an die Spitze gegangen. Aber als er anzog und sich dann so schnell von mir löste, war das Rennen gelaufen. Ich wollte gewinnen, deswegen bin ich jetzt enttäuscht, aber auch froh zugleich über die Silbermedaille”, erklärte Mo Farah und fügte grinsend hinzu: „Sergiy kommt immer wieder zurück und ist extrem stark. Ich hoffe aber, das war seine letzte Cross-EM!”

Doch der Ukrainer hat andere Pläne: „Die Cross-EM, das ist mein Event. Natürlich werde ich nächstes Jahr zurückkommen, und dann will ich wieder gewinnen”, sagte Sergiy Lebid, der aber auch hinzufügte: „Das war das härteste meiner Cross-EM-Rennen, denn Mo Farah hat es mir sehr schwer gemacht. Aber ich liebe den Crosslauf und vielleicht hat mir heute auch meine Erfahrung geholfen. Ich habe mich vollkommen auf die letzten beiden Runden konzentriert.” Der 33-Jährige hat noch nicht entschieden, ob er im März auch bei den Cross-Weltmeisterschaften an den Start gehen wird.

Hilda Kibet gewann ihren ersten EM-Titel. © www.photorun.net / Giancarlo Colombo
Hilda Kibet gewann ihren ersten EM-Titel. © www.photorun.net / Giancarlo Colombo

Ihren ersten EM-Titel gewann Hilda Kibet, die vor gut einem Jahr die holländische Staatsbürgerschaft erhalten hatte. Der Star des 8-km-Frauenrennens, Gulnara Galkina, hatte in der Anfangsphase die Führung übernommen. Aber nach zwei der sechs Runden bekam die russische Hindernis-Olympiasiegerin Schwierigkeiten auf dem für sie eher ungewohnten Gelände. Am Ende musste sich die Weltrekordlerin über 3.000 m Hindernis mit Rang zwölf in 28:40 Minuten zufrieden geben. Damit lag sie fast eine Minute hinter Hilda Kibet.

Im Mittelteil des Rennens hatten sich die Portugiesin Jessica Augusto und die Irin Mary Cullen an der Spitze um das Tempo bemüht. Nur Hilda Kibet konnte dem Duo folgen, so dass eine kleine Lücke zum Rest des Feldes entstand. Entscheidend war dann die vierte der sechs Runden durch den Brüsseler ,Parc de Laeken’, denn Hilda Kibet forcierte die Pace und ging in Führung. In einer der matschigen Kurven rutschte sie danach leicht, so dass Jessica Augusto noch einmal bis auf einige Meter herankommen konnte. Doch als Hilda Kibet ihren Rhythmus wieder gefunden hatte, war sie nicht mehr einzuholen und ging mit rund 30 Metern Vorsprung in die Schlussrunde.

Nach 27:45 Minuten war Hilda Kibet Europameisterin. Die Silbermedaille gewann Jessica Augusto (27:54), Dritte wurde mit Ines Monteiro (28:02) eine weitere Portugiesin, die die Irin Mary Cullen (28:04) noch abgefangen hatte. „Ich habe das Tempo zwei Runden vor Schluss forciert, denn ich wollte mich nicht auf einen Schlussspurt gegen die Hindernisläuferinnen einlassen”, erklärte Hilda Kibet bezüglich der beiden Portugiesinnen Augusto und Monteiro. Die Holländerin will nun im Januar in Egmond den Halbmarathon laufen und sich dann auf einen Frühjahrs-Marathon vorbereiten.

„Ich fühle mich als Siegerin, denn ich war die schnellste Europäerin”, erklärte Jessica Augusto bezüglich der kenianischen Vergangenheit von Hilda Kibet. „Ich freue mich allerdings auch über die Silbermedaille, denn das ist die erste Medaille im Frauenbereich für mich.”

Susanne Hahn war einmal mehr die beste deutsche Crossläuferin in Brüssel. © www.photorun.net / Giancarlo Colombo
Susanne Hahn war einmal mehr die beste deutsche Crossläuferin in Brüssel. © www.photorun.net/Giancarlo Colombo

Beste deutsche Läuferin war einmal mehr Susanne Hahn (SV schlau.com Saarbrücken), die in 29:14 Minuten auf Platz 28 lief. „Ich konnte im Oktober vier Wochen nicht trainieren, nachdem ich umgeknickt war. Daher wusste ich, dass es heute schwer wird. Mir fehlte einfach das Training”, erklärte die 30-Jährige, die sich im nächsten Frühjahr für den WM-Marathon in Berlin qualifizieren möchte.

Bemerkenswert bei dieser Cross-EM war die Teamleistung der Briten. In allen sechs Rennen erreichten die Läufer von der Insel in der Mannschaftswertung Medaillen. Darunter waren dreimal Gold, einmal Silber und zweimal Bronze. Mit der Juniorin Stephanie Twell haben die Briten zudem ein Lauf-Juwel, das schon heute mit Paula Radcliffe verglichen wird. Die 19-Jährige gewann zum dritten Mal diesen Cross-Juniorinnen-Titel und siegte in Brüssel dabei vor fünf Landsfrauen! Ein derartiger Durchmarsch ist einmalig in der Cross-EM-Geschichte.

Patrick Ivuti gewinnt Honolulu-Marathon

Eine kenianische Angelegenheit war einmal mehr der Honolulu-Marathon, bei dem am Sonntag rund 23.000 Läufer teilnahmen. Dabei siegte der Kenianer Patrick Ivuti in 2:14:35 Stunden vor seinen beiden Landsleuten Stephen Kinuyanjui (2:17:41) und Pius Mutuku (2:17:51). In einem anfangs verregneten Lauf übernahm Patrick Ivuti, der 2007 den Chicago-Marathon in einem dramatischen Sprint-Finish gewonnen hatte, etwa an der Halbmarathonmarke die Führung. Am Ende hatte der 30-Jährige fast drei Minuten Vorsprung. Ivutis Schwager Jimmy Muindi, der den Honolulu-Marathon sechsmal gewonnen hat und mit 2:11:12 Stunden auch der Kursrekordler ist, belegte Platz fünf mit 2:21:43.

Bei den Frauen gab es einen japanischen Doppelsieg: Hier gewann die 31-jährige Kiyoko Shimahara in 2:32:36 Stunden vor Kaori Yoshida (2:34:35). Rang drei belegte die Kenianerin Alice Timbilili mit 2:37:31.

Zwei weitere Rekorde für Irina Mikitenko

Irina Mikitenko ist jetzt auch offiziell deutsche Rekordhalterin über zwei weitere Distanzen. Beim Berlin-Marathon hatte die 36-jährige Läuferin des TV Wattenscheid die nationale Bestmarke über die klassische Distanz auf 2:19:19 Stunden geschraubt. Nun hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) auch ihre beiden Durchgangszeiten bei 25 und 30 km als Rekorde anerkannt. Diese Punkte erreichte Irina Mikitenko am 28. September nach 1:23:07 beziehungsweise 1:39:34 Stunden.

Möglich wurde die Anerkennung dieser beiden Rekorde, weil der Berliner Race-Direktor Mark Milde an den Punkten jeweils ein komplettes Kampfgericht positioniert hatte. Er hatte die Rekord-Möglichkeit vorher erkannt. Die Punkte erfüllen bezüglich ihrer Lage auf der Marathonstrecke auch die internationalen Regeln zur Anerkennung von Straßenlauf-Rekorden. Den bisherigen deutschen 25-km-Rekord hielt die Berlinerin Kathrin Weßel (Ullrich) mit 1:24:41 Stunden. Sie war diese Zeit 1992 bei den 25 km von Berlin gelaufen. Über die 30-km-Strecke führt der DLV nun auf Antrag von Mark Milde erstmals einen deutschen Rekord. International ist dies schon seit einigen Jahren üblich.

Gut möglich, dass Irina Mikitenko nach ihrem sensationellen Marathon-Jahr mit Siegen in London und Berlin in Kürze noch eine weitere Ehrung erfährt. Denn auf der Internetseite des DLV (leichtathletik.de) werden zurzeit die Leichtathleten des Jahres gewählt.