Samuel Kosgei und Mary Keitany schreiben Leichtathletik-Geschichte
Bei der Jubiläumsausgabe der BIG 25 Berlin liefen die Kenianer Samuel Kosgei und Mary Keitany zu einem Doppel-Weltrekord. Nie zuvor erzielten in einem Straßenrennen beide Sieger Weltrekorde. Sammy Kosgei stürmte angefeuert von einem jubelndem Publikum nach 1:11:50 Stunden ins Ziel im Berliner Olympiastadion, Mary Keitany blieb bei idealen Laufbedingungen mit 1:19:53 sogar als erste Frau unter 1:20 Stunden. Insgesamt hatten für die 30. Auflage des Rennens 10.114 Läufer aus 47 Nationen gemeldet. Der ansprechende Streckenverlauf führt die Teilnehmer vorbei an Berliner Sehenswürdigkeiten wie der Siegessäule, dem Brandenburger Tor, dem Potsdamer Platz und der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche.
Die Eliteathleten nutzten die idealen Wetterbedingungen mit Temperaturen zwischen 12 und 14 Grad Celsius bei bedecktem Himmel und annähernder Windstille. Eine Spitzengruppe von gut 20 afrikanischen Läufern erreichte den 5-km-Punkt nach 14:29 Minuten. Dieser erste Teil der Berliner 25-km-Strecke fällt leicht ab. Doch die Gruppe hielt das hohe Tempo auch auf den folgenden Abschnitten. Nach der 10-km-Marke (Durchgangzeit: 29:01) dauerte es nur 14:04 Minuten, dann waren die führenden Läufer bereits bei Kilometer 15 (43:05 Minuten). Allerdings war die große Gruppe inzwischen auseinander gefallen. Es entwickelte sich ein Duell zwischen Samuel Kosgei und seinem Landsmann Gilbert Kirwa, der im vergangenen Jahr den Frankfurt-Marathon in der Weltklassezeit von 2:06:14 Stunden gewonnen hatte. Auch der Titelverteidiger Matthew Koech (Kenia) war zeitweilig mit an der Spitze, doch er fiel dann zurück und wurde schließlich Fünfter in 1:13:45.
Das Tempo blieb auch zwischen Kilometer 18 und 21 hoch, obwohl es hier auf dem Weg zurück zum Stadion leicht bergauf geht. Samuel Kosgei – er war Haile Gebrselassies Tempomacher beim Berlin-Marathon 2009 und rannte damals gemeinsam mit dem Äthiopier zur 30-km-Zwischenzeit von 1:27:49, die seitdem als Weltrekord geführt wird – und Gilbert Kirwa erreichten dann die 20-km-Marke nach 57:22. Danach wurde eine Halbmarathonzeit von 60:42 Minuten für die beiden gestoppt.
Der 24-jährige Samuel Kosgei konnte sich auf den letzten zwei Kilometern lösen und verbesserte schließlich den alten Weltrekord seines Landsmannes Paul Kosgei (Kenia), der 2004 in Berlin in 1:12:45 gewonnen hatte, um fast eine Minute. Auch der zweitplatzierte Kenianer Gilbert Kirwa blieb mit 1:11:58 noch deutlich unter der alten Marke. Dritter wurde Terefe Maregu (Äthiopien) in 1:13:16. Gleich sieben Läufer kamen mit Zeiten von unter 1:14 Stunden ins Ziel. Unter ihnen war auch der Athlet, dessen Weltrekord im Olympiastadion fiel: Paul Kosgei war bis fast Kilometer 15 in der Spitzengruppe gelaufen und wurde schließlich Sechster mit 1:13:48.
„Es war mein Ziel, 1:12 Stunden zu laufen. Aber ich dachte nicht, dass ich darunter bleiben würde. Jetzt würde ich gerne in Berlin mein Marathondebüt rennen”, erklärte Samuel Kosgei und fügte hinzu: „Sollte Haile Gebrselassie erneut in Berlin starten, würde ich mich auf dieses Duell freuen. Es wäre dann mein Ziel, ihn zu schlagen.”
Bei den Frauen lief die Halbmarathon-Weltmeisterin Mary Keitany vom Start weg ihr eigenes Rennen und war dabei durchweg auf Kurs für eine Zeit von 1:20 Stunden. Geführt von zwei Tempomachern erreichte sie den 10-km-Punkt nach 31:58 Minuten und passierte später Kilometer 15 in 47:58. Nachdem die Kenianerin auch auf dem ansteigenden Stück das Tempo gut halten konnte, erreichte sie in 67:38 Minuten die Halbmarathonmarke.
Die 28-jährige Kenianerin unterbot den Weltrekord der Japanerin Mizuki Noguchi (1:22:13) deutlich, den sie vor fünf Jahren beim Berlin-Marathon aufgestellt hatte. Mary Keitany siegte in 1:19:53 Stunden und hatte fast fünf Minuten Vorsprung auf Alice Timbilili (1:24:38). Dritte wurde Pasalia Kipkoech (beide Kenia/1:26:47), die Ende März den Berliner Halbmarathon gewonnen hatte. „Ich habe mich lange und intensiv auf dieses Rennen vorbereitet und hatte erwartet, dass ich den Weltrekord brechen würde – allerdings hatte ich nicht gedacht, dass ich unter 1:20 Stunden bleiben könnte”, sagte Mary Keitany, die nun im Herbst ihre Marathonpremiere laufen will. In Berlin hat Mary Keitany, die motiviert durch den Erfolg der Laufgröβen Catherine Ndereba und Susan Chepkemei mit dem Laufsport begann, am Sonntag eindrucksvoll gezeigt, dass sie das Potenzial hat, eine der nächsten großen Marathonläuferinnen zu werden.
„Zwei Weltrekorde in einem Rennen, dazu eine Schallmauer durchbrochen – es kann keinen besseren Jubiläumslauf geben”, sagte ein jubelnder Christoph Kopp, der für das Elitefeld der BIG 25 Berlin zuständig ist. Das Rennen hat eine bemerkenswerte Geschichte. Denn als am 3. Mai 1981 die ,25 km de Berlin’ mit 3.250 Läufern ihre Premiere hatten, war dies auch der Start für die gesamte deutsche Laufbewegung. Während vor allen Dingen in Amerika aber auch in Großbritannien und einigen anderen Ländern das Laufen viel populärer war und bereits große Cityrennen stattgefunden hatten, steckte die Laufbewegung in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Die Straßen waren bis zu jenem 3. Mai 1981 nicht für Läufer da. Es gab zwar schon vorher, bei den Marathonveranstaltern in Berlin und Frankfurt, Bestrebungen, es den Amerikanern nachzumachen. Doch um- und vor allem durchsetzen konnten diese Pläne als erstes die französischen Alliierten in Berlin. Sie organisierten die ,25 km de Berlin’, die somit zu einem Wegbereiter deutscher Cityläufe wurden. Heute heißt das Rennen „BIG 25 Berlin”.
Der französische Major Bride hatte einst die Idee für einen 25-km-Lauf quer durch Berlin. Vorbild war für ihn das 20-km-Rennen von Paris nach Versailles. Da das alliierte Recht in Berlin Vorrang hatte, konnte die Polizei nichts unternehmen, um den Lauf mitten durch die Stadt zu stoppen. Nicht nur für Major Bride und die ihm bei der Organisation zur Seite stehenden Institutionen, der Landessportbund (LSB) und der Berliner Leichtathletik-Verband (BLV), bedeutete das einen Großeinsatz, sondern auch für die Polizei. Doch die ,25 km de Berlin’ wurden zu einem Erfolg, und damit war der Damm gebrochen. Noch im gleichen Jahr verlief auch die Strecke des Berlin-Marathons durch die Innenstadt.
Den Höhepunkt, was die Beteiligung anging, erlebten die ,25 km de Berlin’ 1990. Rund ein halbes Jahr nach dem Fall der Mauer rannten 14.300 Läufer aus aller Welt durch die Stadt. Spitzensportlich hat das 25-km-Rennen bereits sechs Weltrekorde produziert.
Tausende von Frauen und Mädchen beim Frauenlauf in Berlin
Unter blauem Himmel und bei idealen Wetterbedingungen gewann Sabrina Mockenhaupt nach 2005, 2007 und 2009 zum vierten Mal den Avon Running Berliner Frauenlauf. Die 29-jährige Favoritin vom Kölner Verein für Marathon erreichte bei der 27. Ausgabe des 10 Kilometer langen Laufes für Frauen im Herzen Berlins nach 33:24 Minuten das Ziel. Damit hatte sie mehr als eine Minute Vorsprung vor der zweitplatzierten Ingalena Heuck (34:33/LG Stadtwerke München). Rang drei belegte Carmen Siewert (35:52/Greifswalder SV).
Für die Laufevents – 10 km, 5 km, 800 m Bambinilauf – durch den Tiergarten hatten sich 15.424 Frauen und Mädchen angemeldet. Im Rahmen des 5-km-Laufs fand ein Lauf der Schulen statt, an dem zahlreiche Schülerinnen teilnahmen. Angefeuert und besonders motiviert wurden die Teilnehmerinnen dieser zu den beliebtesten deutschen Frauenfitnessveranstaltungen zählenden Laufwettbewerbe von Tausenden von Zuschauern und Samba-Bands entlang der Strecke. Auch in diesem Jahr gab es wieder eine Mutter-Tochter Wertungsklasse – eine tolle Gelegenheit mit diesem einander verbindenden Erlebnis den Muttertag zu zelebrieren. Ein Teil der Einnahmen dieses Events kommt der Berliner Krebsgesellschaft e.V. für ihre Aufklärungsarbeit im Kampf gegen Brustkrebs zugute.
Viele der Mädchen und Frauen haben an diesem Samstag ihr erstes Rennen erfolgreich gemeistert, für andere erfahrenere Läuferinnen war es ein weiterer Meilenstein. An der Strecke konnte man die Freude der Teilnehmerinnen über die eigene Leistung sowie den gelungen Tag spüren und immer wieder Freundinnen sowie Mütter und Töchter hören, wie sie begeistert und strahlend vor Glück ihre Erlebnisse bei dem Rennen reflektierten: „Bin ich stolz, dass wir mitgemacht haben!”
- Erschienen am 9. May 2010
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