Sammy Wanjiru: Tragik und Erfolg eines Ausnahmeathleten

Von Jörg Wenig
Sammy Wanjiru 2009 vor den Thompson Wasserfällen in der Nähe seines Wohnortes Nyahururu. © www.photorun.net
Sammy Wanjiru 2009 vor den Thompson Wasserfällen in der Nähe seines Wohnortes Nyahururu. © www.photorun.net

Spätestens seit seinem Olympiasieg in Peking 2008 galt Sammy Wanjiru als einer der besten Marathonläufer der Welt, selbst der Weltrekord von Haile Gebrselassie (Äthiopien/2:03:59 Stunden) schien für ihn in Reichweite zu sein. Nun wurde bekannt, dass der erst 24-jährige kenianische Läufer unter noch nicht vollständig geklärten Umständen am Sonntag in seinem Haus in Nyahururu ums Leben kam. Der Verlust dieses jungen Talents bewegte den internationalen Laufsport zutiefst.

Sammy Wanjirus sportliche Erfolge

Im Männerbereich sorgte Sammy erstmals in Brüssel 2005 für Aufsehen, als er in jenem 10.000-m-Weltrekordlauf von Kenenisa Bekele (Äthiopien) seinerseits den Junioren-Weltrekord auf 26:41,75 Minuten verbesserte. 15 Tage später lief der damals 18-Jährige zum Halbmarathon-Weltrekord in Rotterdam (Niederlande) mit 59:16 Minuten. In Den Haag (Niederlande) steigerte er sich im Frühjahr 2007 auf 58:33. Dann gelang ihm in Fukuoka (Japan) im Dezember ein Marathon-Debüt mit hervorragenden 2:06:39 Stunden. Das war damals das drittbeste Debüt aller Zeiten über die 42,195 km. Bei seinem Olympiasieg 2008 in Peking lief der kenianische Youngster den erst dritten Marathon seiner Karriere. Im April 2008 war er zuvor hinter Martin Lel (Kenia) nur knapp Zweiter beim London-Marathon in 2:05:24 Stunden geworden.

Ein Sport-Stipendium hatte es ihm ermöglicht, von 2002 bis 2008 abwechselnd in Japan und Kenia zu leben, er beherrschte daher Englisch, Swahili und Japanisch fließend. Sein damaliger japanischer Trainer Koichi Morishita, der olympische Silbermedaillengewinner im Marathon von Barcelona 1992, hatte ihn auf seinem Weg zum Olympiasieg maßgeblich unterstützt. Später gehörte Sammy zur Trainingsgruppe des italienischen Managers Dr. Gabriele Rosa.

Sammy gewinnt den olympischen Marathon 2008 in Peking. © www.photorun.net
Sammy gewinnt den olympischen Marathon 2008 in Peking. © www.photorun.net

„Unsere Athleten haben für Kenia schon viele Medaillen gewonnen, aber ich bin froh, dass ich diese hier gewonnen habe. Es ist ein schönes Gefühl, für Kenia Geschichte geschrieben zu haben“, hatte Samuel erklärt, nachdem er als erster Kenianer einen olympischen Marathon gewonnen hatte. Dabei verbesserte er sogar einen olympischen Rekord, der drei Jahre älter war als er selbst: Der damals 21-Jährige war trotz hoher Temperaturen nach beeindruckenden 2:06:32 Stunden im Ziel und damit fast drei Minuten schneller als Carlos Lopes. Der Portugiese hatte 1984 in Los Angeles in 2:09:21 Stunden gewonnen. Spätestens nach seinen Halbmarathon-Weltrekorden in den Jahren 2005 und 2007 war zu erwarten, dass Sammy der nächste große kenianische Marathonläufer werden würde.

Es war ihm gelungen, die populären World Marathon Majors-Rennen von London 2009 (mit Streckenrekordzeit und persönlicher Bestzeit von 2:05:10 Stunden) und Chicago (2009 und 2010) zu gewinnen.

Abseits des Laufsports hatte Sammy in den vergangenen sechs Monaten jedoch viele private Probleme, allerdings schien es vor zwei Monaten noch so, als könnte er sie in den Griff bekommen. Vor Gericht musste sich Sammy nun nicht mehr wegen einer angeblichen Drohung gegen seine Frau und einem tätlichen Angriff gegen einen Angestellten im Dezember 2010 verantworten. Seine Frau Tereza Njeri und der betroffene Wachmann hatten entsprechende Anschuldigungen gegen ihn zurückgezogen. Gerichtliche Ermittlungen gegen ihn liefen nun lediglich noch wegen unerlaubten Waffenbesitzes. Hierzu war eine Anhörung für die kommende Woche angesetzt. Doch dieses Verfahren hätte ihm in Kenia kaum größere Probleme bereiten können. Dass gut verdienende Kenianer – dazu zählen etliche der Topläufer – Waffen zur Selbstverteidigung besitzen, dürfte nicht ungewöhnlich sein. Überfälle auf prominente Athleten gibt es immer wieder. Sammys Familie wurde zum Beispiel im Herbst 2008, relativ kurz nach seinem Olympiasieg, von einer bewaffneten Bande in ihrem Haus überfallen.

Derzeit wird noch hinsichtlich der tragischen Umstände seines Ablebens und der genauen Todesursache des Läufers ermittelt. Sein italienischer Manager Federico Rosa erklärte gegenüber der BBC, er habe noch am letzten Wochenende mit Sammy telefoniert. Der Läufer habe sehr zielstrebig geklungen, so dass er einen Selbstmord ausschließe. Sammy sollte ursprünglich beim London-Marathon im April starten, hatte seine Teilnahme jedoch aufgrund einer Verletzung absagen müssen.

Kenia hat mit Sammy einen der besten Läufer aller Zeiten verloren, der sein volles Potenzial sicher noch nicht ausgeschöpft hatte.

Samuel Wanjirus Marathonläufe:

 Fukuoka 2007
 2:06:39 Stunden (1.)
 London 2008
 2:05:24 (2.)
 Peking (Olympia) 2008 
 2:06:32 (1.)
 London 2009
 2:05:10 (1.)
 Chicago 2009
 2:05:41 (1.)
 London 2010
 verletzt ausgeschieden 
 Chicago 2010
 2:06:32 (1.)

Mehr zu Sammy Wanjirus beeindruckendem Erfolg bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking können Sie hier auf unserer Website finden.