Paula Radcliffe: „Bei optimalen Bedingungen hätte ich 2:15 Stunden laufen können“

Von Jörg Wenig

Die London-Marathon-Siegerin Paula Radcliffe erzielte am Sonntag bei ihrem Sieg in 2:17:42 Stunden die drittschnellste Zeit aller Zeiten. Sie gab nach ihrem fünften Sieg im sechsten Marathon das folgende Interview:

Wie fühlen Sie sich nach dem Rennen und wie lief es?

Paula Radcliffe: Ich fühle mich sehr wohl, alles ist okay. Die erste Hälfte lief wirklich gut; wir hatten ja auch den Wind im Rücken. Auf der zweiten Hälfte war es dann ein wenig härter und auch langsamer, da wir Gegenwind hatten. Aber alles in allem: Ich habe gewonnen, und das ist das, was für mich zählt.

War das schnelle Tempo in der Anfangsphase des Rennens der Grund dafür, am Ende nicht schneller gewesen zu sein?

Paula: Nein, es lag daran, dass der Wind im Rücken war. Die ersten eineinhalb Kilometer waren schneller als erwartet, die nächsten dann wieder in Ordnung. Ich bin so gelaufen, wie ich mich gefühlt habe, und habe das Rennen genossen. Ich habe in den ersten fünf Kilometern nicht zu hart auf das Tempo gedrückt. Ich war in einer Verfassung, in der ich bei optimalen Bedingungen 2:15 Stunden hätte laufen können. Diese Bedingungen waren hier leider nicht gegeben.

Sie mussten während des Rennens eine ungewollte Pause einlegen – warum?

Paula: Am Morgen und während der ersten Hälfte habe ich mich super gefühlt. Dann aber, bei 19 Kilometern, begann ich mich unwohl zu fühlen und musste bei 35 Kilometern einfach stoppen. Ich hatte etwas mit dem Magen, ich habe entweder zu viel oder etwas Falsches gegessen. Aber es war definitiv nicht das gleiche Problem, das ich im Sommer gehabt habe.

Haben Sie Ihr Selbstvertrauen nach dem Sieg in New York zurück gewonnen?

Paula: Das Selbstvertrauen kommt ja nicht vom Gewinnen zurück, sondern eher vom Training. Wenn das Training so läuft, wie es laufen soll, dann kann man ohne Druck an den Start gehen. Natürlich bin ich hier selbstbewusster an den Start gegangen als noch in New York. In Athen hatte ich das Problem, dass ich unbedingt an den Start gehen wollte, mein Körper aber war noch nicht bereit dafür. Nach New York habe ich eine längere Pause eingelegt, um vollständig zu regenerieren. Es war mir auch wieder möglich, ohne Unterbrechungen zu trainieren. Ich hatte eine gute Vorbereitung. Vielleicht muss ich einfach lernen, dass der Körper Zeit braucht, um sich zu erholen und ich weniger Wettkämpfe bestreiten sollte.

Was kommt für Sie als nächstes, und haben Sie sich schon Gedanken zu Helsinki gemacht?

Paula: Ich weiß noch nicht, was als nächstes kommt. Jeder Lauf ist unterschiedlich. Jetzt ist erstmal Zeit, mich zu erholen und wieder ins Training einzusteigen. Zu einem späteren Zeitpunkt werde ich entscheiden, was ich in Helsinki laufen werde. Ich würde liebend gerne in beiden Läufen, also über die 10.000 Meter und dem Marathon, eine Goldmedaille holen. Es ist schon ein großer Traum, im Stadion und auf der Straße zu gewinnen. Das Fernziel sind natürlich die Olympischen Spiele in Peking.