Patrick Makau läuft in Berlin Marathon-Weltrekord in 2:03:38

Von Jörg Wenig
Patrick Makau verbessert den Weltrekord in Berlin. © www.PhotoRun.net
Patrick Makau verbessert den Weltrekord in Berlin. © www.PhotoRun.net

Die Herbst-Marathonsaison hat in Berlin auf eindrucksvolle Weise begonnen: Patrick Makau krönte den 38. BMW Berlin-Marathon mit einem Weltrekord. Der 26-jährige Kenianer lief in phantastischen 2:03:38 Stunden ins Ziel am Brandenburger Tor. Mit einer dramatischen Tempoverschärfung konnte Patrick nach 27 Kilometern den vorherigen Weltrekordhalter Haile Gebrselassie im direkten Duell hinter sich lassen. Haile musste nach 36 Kilometern aus dem Rennen gehen. Seit 1977 ist dies der achte Marathon-Weltrekord, der auf der schnellen Strecke von Berlin aufgestellt wurde.

„Das ist der größte Tag meiner Karriere, ich bin sehr stolz. Nach etwa der Hälfte der Distanz wusste ich, dass ich den Weltrekord heute brechen kann“, sagte Patrick, der 21 Sekunden schneller war als Haile Gebrselassie vor drei Jahren in Berlin. Auch einen weiteren Weltrekord des äthiopischen Weltklasseläufers verbesserte er: Den 30-km-Punkt erreichte er in 1:27:38 Stunden. Haile war 2009 in Berlin 1:27:49 gelaufen. Zwischenzeiten werden als offizielle Weltrekorde anerkannt, wenn an dem entsprechenden Kilometerpunkt ein Kampfgericht platziert wird, was in Berlin der Fall war.

Zweiter hinter Patrick Makau wurde überraschend Stephen Chemlany, der ursprünglich als Tempomacher an den Start ging, dann jedoch nicht ausstieg und weiterlief. Der kenianische Athlet war nach 2:07:55 Stunden vor seinem Landsmann Edwin Kimaiyo (2:09:50) im Ziel. Rang vier belegte Felix Limo (Kenia/2:10:38), Fünfter wurde überraschend der Brite Scott Overall, der bei seinem Debüt 2:10:55 Stunden lief und sich für die Olympischen Spiele in London 2012 qualifiziert haben dürfte. Dagegen kamen die deutschen Topläufer Falk Cierpinski (SG Spergau) und Martin Beckmann (LG Leinfelden-Echterdingen) beim Versuch, die vom DLV gesetzte Olympianorm von 2:12 Stunden zu erreichen, nicht ins Ziel. Falk Cierpinski musste nach 25 km und Martin Beckmann nach 30 km aussteigen.

Florence Kiplagat siegte im Frauenrennen in 2:19:44 Stunden. © www.PhotoRun.net
Florence Kiplagat siegte im Frauenrennen in 2:19:44 Stunden. © www.PhotoRun.net

Im Rennen der Frauen überraschte Florence Kiplagat. Die 24-jährige Kenianerin siegte in 2:19:44 Stunden und erreichte die zweitschnellste Zeit des Jahres weltweit. Nachdem sie im Frühjahr beim Boston Marathon nach 30 km aufgeben musste, kam sie nun bei ihrem ersten Marathon überglücklich ins Ziel. Auf einen hervorragenden zweiten Platz lief Irina Mikitenko (SC Gelnhausen), die mit 2:22:18 die drittbeste Zeit ihrer Karriere erreichte und die schnellste seit fast zweieinhalb Jahren. Dritte wurde Weltrekordlerin Paula Radcliffe (Großbritannien), die bei ihrem Marathon-Comeback nach einer Babypause in 2:23:46 Stunden ins Ziel lief. Auch Atsede Habtamu (Äthiopien/2:24:25), Tatyana Petrova (Russland/2:25:01) und Anna Incerti (Italien/2:25:32) blieben noch unter 2:26 Stunden.

Für das World Marathon Majors-Event durch die Berliner Innenstadt hatten sich 40.963 Läufer aus 125 Nationen zusammen mit Rollstuhlathleten, Handbikern und Powerwalkern gemeldet – dabei gab es am Marathontag 33.157 Finisher. Angefeuert wurden sie entlang der Strecke von etwa einer Million Zuschauer und mehr als 70 Live-Bands. Der BMW Berlin-Marathon bietet den Teilnehmern nicht nur die Möglichkeit, eine schnelle Zeit zu erzielen, sondern auch die Gelegenheit, die Stadt und ihre historischen Sehenswürdigkeiten laufend zu erobern – die Strecke führt vorbei an Berliner Wahrzeichen wie der Siegessäule, dem Reichstag, der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und dem Potsdamer Platz. Auf den letzten 400 Metern geht es schließlich durch das Brandenburger Tor, vorbei an voll besetzten Tribünen, um dann begleitet von begeisterten Anfeuerungsrufen und Musik die wohlverdiente Ziellinie zu überqueren.

Irina Mikitenko, Florence Kiplagat und Paula Radcliffe. © www.PhotoRun.net
Irina Mikitenko, Florence Kiplagat und Paula Radcliffe. © www.PhotoRun.net

Uta sagte mit Begeisterung über das Rennen: „Es war eine tolle Atmosphäre beim Berlin-Marathon, den ich hier von Colorado aus verfolgen konnte. Was für ein Tag für die Marathon-Geschichte. Die vielen Berichte über das Rennen waren bewegend, und ich gratuliere allen Läufern zu ihrem gelungenen Marathontag. Ich hoffe, sie können sich jetzt gut erholen. Viele Glückwünsche natürlich auch an den Veranstalter, der dieses beeindruckende Marathonwochenende so klasse organisieren konnte.”

Bei dem fast schon legendären Berlin-Marathon-Wetter (13 bis 16 Grad Celsius im Schatten, Sonne und kaum Wind) entwickelte sich von Beginn an ein sehr schnelles Rennen. Das Tempo und die Zwischenzeiten lagen durchweg im Bereich des Weltrekordes von Haile Gebrselassie. Sechs Tempomacher führten fünf Läufer zu einer Halbmarathon-Zeit von 61:43 Minuten. Das war 17 Sekunden schneller als geplant. Auf den nächsten sechs Kilometern folgte eine dramatische und bereits entscheidende Rennphase. Nachdem vier Tempomacher aus dem Rennen gegangen waren, konnten auch die kenianischen Läufer Edwin Kimaiyo, Emmanuel Samal und John Kyui nicht mehr mithalten.

Jetzt gab es das mit Spannung erwartete Duell zwischen Haile Gebrselassie und Patrick Makau. Doch es war viel schneller entschieden als gedacht. Der kenianische Titelverteidiger sprintete nach 27 km plötzlich davon – im Stile eines Mittelstreckenläufers löste er sich vom Weltrekordler. Kurz darauf bekam dieser Atem- und Lungenprobleme und musste das Rennen unterbrechen. Haile Gebrselassie lief danach noch rund acht Kilometer weiter, doch schließlich musste er endgültig aus dem Rennen gehen. Sein Manager Jos Hermens sagte im Anschluss, dass nun ein Start beim Dubai-Marathon im Januar für Haile anstehen könnte. Haile Gebrselassie siegte in den vergangenen Jahren vier Mal beim Berlin-Marathon.

Patrick Makau konnte das hohe Tempo halten und lief schließlich zum Weltrekord. „Als ich heute Morgen aufwachte, fühlte ich mich körperlich nicht so richtig gut. Doch vom Start weg war alles in Ordnung, ich hatte keine Probleme“, sagte Patrick, der nun voraussichtlich bereits für die Olympischen Spiele vornominiert werden könnte. „Ich bin nach Berlin gekommen, um zu gewinnen. Es ist natürlich eine große Herausforderung, gegen Haile zu laufen. Aber ich hatte mit mehr Gegenwehr von ihm gerechnet.“ Mehr über Patrick Makau können Sie in einem Interview mit ihm nach seinem Sieg bei Berlin-Marathon 2010 hier auf unserer Website erfahren.

Bei den Frauen hatten sich Florence Kiplagat und Paula Radcliffe vom Start weg abgesetzt. Sie liefen von Beginn an ein Tempo, das auf eine Zeit von knapp unter 2:20 Stunden führte. Doch nach etwa 15 km wurde es für Paula Radcliffe bei ihrem Comeback-Rennen zu schnell. Sie ließ es etwas ruhiger angehen, um Kräfte zu sparen, während Florence Kiplagat nicht nachließ. „Ich hatte nicht mit einer derartigen Zeit gerechnet“, erklärte die Halbmarathon-Weltmeisterin von 2010. Nun lief sie auch über die 42,195 km in die Weltspitze: Nach hervorragenden 2:19:44 war die Ehefrau von Moses Mosop, dem Zweitplatzierten (2:03:06) des Boston Marathons, im Ziel.

Irina Mikitenko läuft jubelnd die letzten Meter. © www.PhotoRun.net
Irina Mikitenko läuft jubelnd die letzten Meter. © www.PhotoRun.net

Spannend war der Kampf um die Plätze hinter der kenianischen Läuferin. Lange Zeit liefen Irina Mikitenko und Atsede Habtamu, die vor zwei Jahren in Berlin gewonnen hatte, gut eine Minute hinter Paula Radcliffe. Doch kurz vor der 35-km-Marke zogen die beiden an der Britin vorbei. Als sich Irina Mikitenko dann von der äthiopischen Läuferin lösen konnte, kam wiederum Paula Radcliffe noch einmal besser ins Rennen. Sie überholte schließlich noch Atsede Habtamu und sicherte sich Rang drei.

„Ich freue mich über meine Leistung, aber ich bin nicht ganz glücklich. Denn ich habe nicht gewonnen“, erklärte Irina Mikitenko, nachdem sie im Jubel der Zuschauer ins Ziel gelaufen war. „Aber“, fügte die deutsche Rekordhalterin (2:19:19 in Berlin 2008) hinzu, „ich denke, ich habe ein Jahr vor den Olympischen Spielen in London eine gute Leistung gezeigt.“

Gemischte Gefühle hatte auch Paula Radcliffe nach ihrem Marathon-Comeback: „Ich bin nicht ganz zufrieden, denn ich wollte hier gewinnen. Aber nach Krankheiten und Verletzungen habe ich mich immerhin zurückgemeldet. Ich hoffe, dass ich in London bei Olympia besser sein werde als heute.“

Teil des Berlin-Marathons war auch die Staffel des RTL-Spendenmarathons – eine große Benefizveranstaltung, die der deutsche Fernsehsender RTL jeweils im November ausstrahlt. Hunderte von Charity-Läufern hatten es sich unter dem Motto „Wir helfen Kindern“ in diesem Jahr zum Ziel gesetzt, insgesamt 42.195 Euro zu erlaufen. Die gesamten Einnahmen werden dabei verschiedenen Kinderhilfsprojekten in Deutschland zugutekommen.