Olympia spezial: Haile Gebrselassie startet zum vierten Mal bei den Spielen

Von Jörg Wenig
Haile Gebrselassie © www.photorun.net
Haile Gebrselassie © www.photorun.net

Vielleicht ist Haile Gebrselassie der größte Läufer aller Zeiten. Der Äthiopier brach in seiner Karriere 18 offizielle und 7 inoffizielle Weltrekorde, hinzu kamen zwei Olympiasiege und vier Weltmeistertitel über 10.000 Meter. Damit steht der 35-jährige äthiopische Volksheld zumindest in einer Reihe mit dem legendären Finnen Paavo Nurmi, der bis Anfang der 30er Jahre 35 Weltrekorde aufgestellt hatte, oder Emil Zatopek. Der Höhepunkt in der Karriere des Tschechen waren die Olympischen Spiele 1952 in Helsinki, wo er Gold über 5.000 m, 10.000 m sowie im Marathon gewann.

Was Haile Gebrselassie noch fehlt, ist der Marathon-Olympiasieg. Obwohl sich der Äthiopier in den letzten Jahren als schnellster Läufer über die 42,195 km etabliert hatte, verzichtet er in Peking überraschend auf einen Start über die klassische Distanz. Haile Gebrselassie hat aufgrund der verschmutzten Luft in Chinas Metropole Angst vor bleibenden Gesundheitsschäden. Deswegen wird er bei den Olympischen Spielen nun zum vierten Mal über 10.000 m starten. 1996 in Atlanta und 2000 in Sydney hat er jeweils gewonnen, 2004 in Athen war er Fünfter. Ein Sieg in Peking am kommenden Sonntag wäre jedoch eine große Überraschung, denn zu stark sind vor allem zwei Landsleute: Titelverteidiger Kenenisa Bekele, der seinem Vorbild inzwischen einen Rekord nach dem anderen abjagt, aber auch Sileshi Sihine, der bereits vor vier Jahren Silber gewonnen hatte.

Nimmt sich Haile Gebrselassie mit seinem olympischen Marathon-Verzicht selbst die Chance, seine Karriere zu krönen? Normalerweise kann die Antwort nur ,Ja’ heißen, denn in den letzten drei Jahren war der vierfache Familienvater jeweils der schnellste Marathonläufer der Welt. In Berlin brach er dabei im September 2007 mit 2:04:26 Stunden den Weltrekord von Paul Tergat (Kenia). In diesem Jahr verpasste er in Dubai mit 2:04:53 die Marke dann nur relativ knapp. Mit dieser Zeit führt er erneut die Jahresweltbestenliste an.

Dass Peking nicht die letzte Chance des 35-Jährigen auf olympisches Marathongold ist, glaubt dagegen sein Manager Jos Hermens. „Ich bin sicher – und er übrigens auch –, dass er auch noch bei den Olympischen Spielen in London 2012 gewinnen kann“, sagt der Holländer und fügt hinzu: „Sein ganz großes Ziel ist es aber zunächst, den Weltrekord auf 2:03 Stunden zu verbessern. Ein Marathonlauf in Peking könnte das möglicherweise ausschließen aufgrund der vielleicht nachwirkenden gesundheitlichen Belastung in der schlechten Luft.“ So wird Haile Gebrselassie nun aller Voraussicht nach beim Berlin-Marathon am 28. September auf erneute Rekordjagd gehen.

Ein interessanter Aspekt in der Marathonkarriere von Haile Gebrselassie ist allerdings auch, dass es ihm im Gegensatz zu seinen früheren 10.000-m-Läufen bisher nicht gelungen ist, ein Rennen gegen sehr starke Konkurrenz zu gewinnen. Sind die Läufe in Berlin, Amsterdam oder Dubai stets mit Tempomachern nur auf ihn zugeschnitten gewesen, so galt dies zum Beispiel in London nicht. Dreimal ist er beim in der Regel bestbesetzten City-Marathon des Jahres gestartet und kam dabei nicht über Rang drei hinaus. Leicht wäre es also in Peking auch im Marathon für Haile Gebrselassie nicht geworden, zumal die Konkurrenz aus Kenia mit Martin Lel und Sammy Wanjiru immer stärker wird. Hat der vielleicht größte Läufer aller Zeiten hier eine entscheidende Schwäche? Die Olympischen Spiele 2008 werden darauf leider keine Antwort geben können.

Größte Erfolge

Olympische Spiele
1.10.000 m
1996
1.10.000 m
2000
5.10.000 m
2004
Weltmeisterschaften
1.10.000 m
1993
2.5.000 m
1993
1.10.000 m
1995
1.10.000 m
1997
1.10.000 m
1999
3.10.000 m
2001
2.10.000 m
2003
Hallen-WM
1.3.000 m
1997
1.3.000 m
1999
1.1.500 m
1999
1.3.000 m
2003
Halbmarathon-Weltmeister 2001
25 Weltrekorde und Weltbestzeiten
112:56,965.000 mHengelo 1994
28:07,46 *2 MeilenKerkrade 1995
326:43,5310.000 mHengelo 1995
412:44,395.000 mZürich 1995
513:10,985.000 mSindelfingen (Halle) 1996
67:30,723.000 mStuttgart (Halle) 1996
712:59,045.000 mStockholm (Halle) 1997
88:01,08 *2 MeilenHengelo 1997
926:31,3210.000 mOslo 1997
1012:41,865.000 mZürich 1997
117:26,143.000 mKarlsruhe (Halle) 1998
124:52,86 *2.000 mBirmingham (Halle) 1998
1326:22,7510.000 mHengelo 1998
1412:39,365.000 mHelsinki 1998
1512:50,385.000 mBirmingham (Halle) 1999
1627:0210 kmDoha 2002
178:04,69 *2 MeilenBirmingham (Halle) 2003
1841:22 *15 kmTilburg 2005
1944:23 *10 MeilenTilburg 2005
2055:4820 kmTempe (US) 2006
2158:55HalbmarathonTempe (US) 2006
221:11:37 *25 kmAlphen (NED) 2006
2356:26,020.000 mOstrava 2007
2421.285 MeterStundenlaufOstrava 2007
2502:04:26MarathonBerlin 2007
* nicht offiziell von der IAAF anerkannt