Jubel und Freude für Team Hoyt auf der Zielgeraden

Von David Wright
Am Start in Hopkinton: Dick und Rick Hoyt und Bryan Lyons © Team Hoyt

In der Nähe der 13-Kilometer-Marke des 121. Boston-Marathons sah Bryan Lyons eine alte Freundin, die in der Menge jubelte – er steuerte mit Rick Hoyt im Rollstuhl auf sie zu.

„Lachend sagte ich zu Rick: ‚Du hast eine Million Fans auf diesem Kurs – ich werde hier kurz für die drei Leute anhalten, die mich kennen!‘“, erzählte Bryan. „Daraufhin strahlte Ricks Gesicht über beide Wangen.“

Dieser Moment sagt alles über die innere Verbindung des „neuen“ Team Hoyt auf ihrem dritten gemeinsamen Boston-Marathon, seit der 47-jährige Zahnarzt Bryan die Aufgabe des Vaters Dick Hoyt übernahm. Dick hatte sich nach 32 Marathonrennen in Boston zurückgezogen, die er mit seinem Sohn Rick, mit einer zerebralen Lähmung zur Welt gekommen, all die Jahre gelaufen ist. Das Vater-Sohn-Rollstuhl-Duo wurde in dieser Zeit zu Legenden des Laufsports – geehrt mit einer lebensgroßen Statue in der Nähe der Startlinie in Hopkinton.

Der Beifall zehntausender begeisterter Sportfans galt auch Bryan, die den „Neuen“ hinter dem Rollstuhl in ihr Herz geschlossen hatten. „Viele Leute denken immer noch, Dick würde den Rollstuhl schieben, allmählich aber erkennen mich immer mehr und ich bin überglücklich über den Jubel der Menschen am Straßenrand“, so Bryan zurückhaltend in einem Interview mit Take The Magic Step.

Hohe Temperaturen am Renntag

Das Team der Hoyt Stiftung am Morgen des Boston-Marathons. © Civin Media Relations
Rick und Bryan wurden dieses Jahr mit ziemlich anspruchsvollen Wetterbedingungen und recht hohen Temperaturen konfrontiert, die Bryan etwas in Bedrängnis brachten. Nach knapp 18 Kilometern hatte der durstige Rick fast alle Gatorade-Vorräte aufgebraucht. „Ich habe mir immer wieder gesagt, ‚Hey, du bist hier nicht auf Arbeit, keiner nörgelt und du rennst mit deinem besten Freund, also hab’ doch einfache eine gute Zeit, egal was die Uhr sagt.‘“, lachte Bryan.

Getragen von diesem „Spirit“, erreichten sie schließlich die Verpflegungsstation des Team Hoyt am Heartbreak Hill, wo Bryan die schwindenden Flüssigkeitsvorräte auffüllen konnte. Der kurze Zwischenstopp gab ihnen ausreichend Kraft, um wieder Tempo aufzunehmen und die restlichen Kilometer zur Boylston Street zurückzulegen, wo sie von tosendem Beifall empfangen wurden – etwa fünf Stunden nachdem sie von Hopkinton aus zu ihrem Marathon aufgebrochen waren. An der Ziellinie wurden sie von Dick und Uta freudestrahlend in die Arme genommen.

Erlösung durch „Gurkenfreunde“

Ungefähr acht Kilometer vor dem Ziel fand ein anderes Szenario statt. Enthusiastische Helfer – alle Mitglieder der Stiftung – haben am Heartbreak Hill, bei gut 33 Kilometern des Rennens, eine Verpflegungsstation aufgebaut. Dort werden die Läufer der Charity sowie Dick, Rick und Bryan jedes Jahr besten betreut. Eine Herzenssache, so wie auch Uta die Läufer während der Vorbereitung auf den Boston-Marathon mit Rat und Tat unterstützt, ihnen mit Tipps zu Training und Motivation zur Seite steht. Das „Team hinter dem Team“.

Die Team Hoyt Verpflegungsstation… © Team Hoyt
Im vergangenen Jahr waren sie maßgeblich an der Behebung eines losen Rades beteiligt, das Bryans und Ricks Marathonlauf in Gefahr brachte. Angesichts der unfreundlichen Temperaturen in diesem Jahr, erwies sich das auffällige Team-Hoyt-Banner als willkommene Einladung für die 19 Frauen und 13 Männer, Qualifizierte und Wohltätigkeitsläufer aus ganz Amerika und Kanada, die das diesjährige Boston-Marathon-Team ausmachten. Die Hilfsstation war erneut eine Demonstration der Solidarität des Teams, die über viele Jahre aufgebaut wurde: eine erstaunliche Alumni von dreizehn Läufern der Hoyt Stiftung ist wieder nach Boston zurückgekehrt, nicht um zu laufen, sondern um dem laufenden Team zu helfen.

Sie sind eine lustige Truppe mit einem ganz speziellen Bezug zu Gurken. Ein paar Jahre zurück verlautete Teammitglied Corey Hanrahan, Gurkensaft sei das ideale Heartbreak-Hill-Erholungsgetränk. Seither wurde es an der Station ausgegeben. In diesem Jahr dekorierte Corey die Alumni mit T-Shirts, die Dick und Rick auf lustige Weise als Gurken zeigen, mit aufgesetzten Sonnenbrillen. Die Freiwilligen Steve Aikens, aus Santa Barbara, Kalifornien, und seine Tante Laurie machten die lustige Überraschung perfekt, die am Morgen des Marathons im Gurkenkostüm aus dem Hotelfahrstuhl stiegen!

Bridget mit ihren Freunden Steve und Orson. © Team Hoyt
Was uns zur bewegenden Geschichte von Bridget Shelden bringt, einer Lehrerin und alleinerziehenden Mutter aus Texas. Sie lief mit 43 Jahren ihren ersten Marathon, um die Hoyt Stiftung zu unterstützen. Beim Halbmarathon konnte sie bereits eine Zeit von einer Stunde und 48 Minuten erreichen. Während vieler Monate des Trainings war es ihr gelungen, fast 7.000 U.S. Dollar zu sammeln. Ihr Traum, den Marathon in Boston zu laufen, war nur 16 Tage entfernt, als plötzliche Schmerzen in der linken Achillessehne einen ihrer Halbmarathonläufe beendeten. Ein Physiotherapeut diagnostizierte kleine Risse in der Sehne, die mindestens einen Monat lang Ruhe erfordern würden, um zu heilen. Aber nun, „das Team-Hoyt-Motto ist: ‚Ja, du kannst‘“, erzählte Bridget Take The Magic Step. „Nach der Ehre, für das Team ausgewählt worden zu sein, war es unmöglich ‚Nein, ich kann nicht‘ zu sagen.“

Sie startete mit der vorletzten Welle, hatte von Anfang an Schmerzen und war bald fast alleine auf dem Kurs. Nur noch wenige Zuschauer waren zu sehen. Als sie eine Wasserstation bei Kilometer 13 erreichte, wurde diese bereits abgebaut. „Es war entmutigend“, irgendwie schaffte sie es trotzdem bis zum Heartbreak Hill („Herzensbrecher-Hügel“) – und somit in die Fürsorge der Team Hoyt Station. „Die Zuschauer sind gegangen, aber sie hatten auf mich gewartet. Mein Team hatte mich nicht alleine gelassen.“

Und genau hier traten die „Gurken“ in Aktion. Steve Aikins im Gurken-Anzug und Orson Weston mit Gurken-Hut und Gurken-Shirt gingen jeder an eine Seite von Bridget und boten ihr an: „Leg deine Arme um unsere Schultern.“ Später sagte sie: „Ich habe sie beide wie Krücken benutzt, sie haben mich die letzten Kilometer begleitet.“ In sechs Stunden und zwanzig Minuten erreichten sie das Ziel. Bridget taufte ihre etwas lustig aussehenden Retter – „meine Gurken-Engel“.

Das Spendenziel übertroffen

Rick und Bryan auf der Marathonstrecke. © Team Hoyt
Vor dem Marathon war die Ausrichtung der Hoyt-Stiftung, im Jahr 2017 insgesamt 125.000 U.S. Dollar für die Stiftung zu sammeln. Mit 148.000 konnte dies eindrucksvoll überboten werden. Das Team setzte sich aus drei Rollstuhl-Duos zusammen – außer Rick und Bryan stand Ted Painter, der Nick Draper schob, an der Startlinie, und Marie Boudreau-Ninkov und Onni Peck, das erste weibliche Duo, das sich jemals für Boston qualifizieren konnte. Außerdem beteiligten sich die Zwillingsschwestern Bridget und Phoebe Harbour sowie Bruder und Schwester Wes Harding und Chantelle Peters.

Rick und Bryan gönnten sich eine kurze Pause vor dem Beginn des umfangreichen Trainings für die Ironman Triathlon Weltmeisterschaften in Kona auf Hawaii im Oktober. Sie hatten eine spezielle Einladung von den Organisatoren des Ironman erhalten. Jetzt planen sie im Rahmen ihrer Vorbereitung, mindestens drei Halbmarathonläufe zu absolvieren.

Bryan weiß, dass es hart wird und er einen klaren Plan braucht: Dick und Rick sind das einzige Rollstuhl-Duo, denen es überhaupt gelang, die unglaublichen 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 km Radfahren und anschliessende 42,195 km, die klassische Marathondistanz, der berühmt-berüchtigten Ironman-Strecke erfolgreich zu beenden. Es war ihnen in den Jahren 1989 und 1999 mit einer Bestzeit von 13:43:37 gelungen. „Take The Magic Step“ gegenüber äußerte Dick: „Ich bin sehr aufgeregt für Bryan und Rick. Ich glaube, wir haben den richtigen Partner für Rick gefunden, sowohl für den Marathon als auch die Triathlons, und ich weiß, dass sie es schaffen werden.“

Team Hoyt und die Läufer der Hoyt Foundation am Abend vorm Boston-Marathon 2017. © Civin Media Relations

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