IAAF vergibt Leichtathletik-WM 2009 an Berlin
„Die Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2009 finden in Berlin statt.“ Um kurz nach 18 Uhr Ortszeit in Helsinki gab der Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF), Lamine Diack, diese Entscheidung bekannt. Jubelnd vernahm die Berliner Delegation, die angeführt wurde von Innenminister Otto Schily und dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, das Ergebnis der Abstimmung. Valencia und Split waren die Konkurrenten, doch Berlin hatte die stärkste Bewerbung und zeigte gestern vor der Entscheidung die mit Abstand beste Präsentation. Die 12. Leichtathletik-Weltmeisterschaften werden voraussichtlich vom 15. bis 23. August 2009 im Berliner Olympiastadion ausgerichtet. „Ich freue mich riesig, dass die IAAF diese WM in meine Heimatstadt Berlin vergeben hat. Und ich will unbedingt als Zuschauerin dabei sein“, erklärte Uta Pippig.
Eine deutliche Mehrheit der 26 Council-Mitglieder stimmte bereits im ersten Wahlgang für Berlin. Inoffiziell war sogar von 24 Stimmen für Berlin die Rede, doch offiziell wurde von der IAAF keine Zahl genannt. „Wir sind sehr stolz und froh, dass wir diese WM bekommen haben. Es ist eine Ehre für die Stadt Berlin, und ich bin mir sicher, dass wir eine tolle Atmosphäre erleben werden“, erklärte der Regierende Bürgermeister Wowereit, während Innenminister Schily sagte: „Dies ist ein großer sportpolitischer Erfolg für Deutschland.“
Das Sport-Spektakel, das Berlin gestern zugesprochen bekam, wird in seiner Bedeutung weltweit nur noch von Olympischen Spielen und Fußball-Weltmeisterschaften übertroffen. Für Berlin wird die internationale Wertigkeit der Leichtathletik-WM sogar höher sein als die Spiele der Fußball-WM. 2006 sind in Berlin fünf WM-Spiele geplant, doch Deutschland wird als Ausrichter in den internationalen Medien transportiert. Das ist bei der Leichtathletik-WM anders. Denn neun Tage lang wird Berlin weltweit im Blickpunkt stehen – eine unbezahlbare Werbung. „Man kann für die ausrichtende Stadt sogar von einer internationalen Wirkung über einen Zeitraum von bis zu drei Wochen ausgehen“, erklärte der deutsche Vizepräsident der IAAF, Helmut Digel.
Berlin ist im dritten Anlauf schließlich am Ziel angekommen. 1989 war die Stadt mit der Bewerbung für die Titelkämpfe 1991 an Tokio gescheitert. Erst vor gut zweieinhalb Jahren galt Berlin dann als Favorit vor der Abstimmung für die WM 2005. Doch überraschend ging im April 2002 Helsinki als Sieger dieser Wahl hervor.
Nun aber war ausgerechnet Helsinki ein gutes Omen für die Berliner. Hochkarätig besetzt wie keine andere Delegation waren die Berliner nach Finnland gereist. Innenminister Schily war der einzige Vertreter einer Landesregierung der drei Kandidaten. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, der für Sport zuständige Senator Klaus Böger, der designierte Präsident des Berliner Organisationskomitees Werner Gegenbauer, der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) Clemens Prokop sowie die Leichtathletik-Olympiasiegerin Heike Drechsler wirkten bei der Präsentation mit. Und als Überraschungs-Gast trat zudem noch Frank Fredericks in Helsinki auf. Das war ein cleverer Schachzug, denn der 37-Jährige ist in IAAF-Kreisen sehr populär, gehört der Athletenkommission des Verbandes an und ist IOC-Mitglied. Der Sprinter aus Namibia, der in diesem Jahr seine lange Karriere beendete, hat zudem enge Verbindungen nach Berlin. „Berlin hatte eine starke Bewerbung, deswegen habe ich sie gerne unterstützt“, erklärte Fredericks.
Berlin hatte vor der Abstimmung den Anfang bei den Präsentationen gemacht, gefolgt von Valencia und Split. In der rund 30-minütigen Darstellung vor dem IAAF-Council in Helsinki waren das Olympiastadion, die Leichtathletik-Tradition in Berlin sowie die sehr gute Infrastruktur die Schwerpunkte. Außerdem wurde die deutsche Hauptstadt als internationale Metropole vorgestellt. Und am Ende erhielten die Council-Mitglieder noch kleine Berliner Bärchen. Moderiert wurde die Präsentation von der Kanadierin Charmaine Crooks, einer früheren 800-m-Läuferin, die 1996 für ihr Land bei Olympia Fahnenträgerin war. Crooks ist bei den IAAF-Mitgliedern ebenfalls ein bekanntes Gesicht, sie moderiert jährlich das World Athletics Final in Monte Carlo, dem Sitz der IAAF.
Doch auch der Einsatz des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit und des langjährigen Präsidenten der Industrie- und Handelskammer, Werner Gegenbauer, in den letzten Jahren hatte einen positiven Einfluss auf die Entscheidung. Die beiden ließen keine Gelegenheit aus, die IAAF vom großen Interesse Berlins zu überzeugen. Dass der vermeintlich schärfste Rivale, Valencia, noch nicht einmal mit dem Bürgermeister nach Helsinki gereist war, hatte schon im Vorfeld gezeigt, wie die Spanier ihre Chancen gegen Berlin einschätzten.
- Erschienen am 4. December 2004
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