Haile: „Ich werde in Berlin rennen so schnell es geht“
Haile Gebrselassie wird beim real,- Berlin-Marathon am Sonntag zum ersten Mal in Deutschland über die 42,195 Kilometer laufen. 21 Weltrekorde hat der 33-jährige Äthiopier im Verlauf seiner einmaligen Karriere bisher aufgestellt. Doch ein großes Ziel jagt der zweimalige 10.000-Meter-Olympiasieger bisher erfolglos: den Marathon-Weltrekord seines großen Konkurrenten Paul Tergat. 2:04:55 Stunden war der Kenianer 2003 in Berlin gelaufen. Die flache Berliner Strecke bietet Haile Gebrselassie voraussichtlich die beste Chance, die Marke von Paul Tergat zu verbessern. Bisher steht seine Bestzeit bei 2:06:20 Stunden, die er vor knapp einem Jahr als Sieger in Amsterdam erzielt hatte.
Was sind Ihre Ziele für Berlin, können Sie in Berlin Weltrekord laufen?
Haile Gebrselassie: Ich möchte gewinnen und zugleich eine schnelle Zeit laufen – beides ist wichtig. Ich werde auf jeden Fall rennen so schnell es geht. Ich will vorher nicht zu viel reden sondern lieber eine gute Leistung bringen. Ich weiß natürlich, dass der Berliner Kurs ein schneller ist. Eine sehr gute Marathon-Zeit ist wichtig für mich. Ich hoffe, es wird ein besonderes Rennen.
Zu Ihren Konkurrenten zählt mit dem Kenianer Sammy Korir der zweitschnellste Marathonläufer aller Zeiten mit 2:04:56 Stunden.
Haile: Das gibt ein großes Duell, und das ist gut für die Zuschauer – weniger gut für mich. Aber für das Rennen ist es auf jeden Fall gut. Ich hoffe, dass er gut vorbereitet sein wird, ich werde es auch sein.
Ihr letztes Testrennen vor dem Berlin-Marathon sollte eigentlich auf Sizilien stattfinden. Doch als der 10-km-Lauf am 19. August gestartet wurde, waren Sie nicht da – was war passiert?
Haile: Es gab ein Flugzeugproblem in Addis Abeba. Irgendwie geriet auf der Startbahn ein Kaninchen in ein Triebwerk. Als wir in der Luft waren, fing es an, komisch zu riechen. Wir dachten, da wird das Essen vorbereitet – aber es war das Kaninchen. Nachdem wir schon 1:40 Stunden geflogen waren, entschied der Kapitän, dass wir zurück müssen und bereitete eine Notlandung vor. Dadurch hatte ich meinen Anschlussflug verpasst und konnte nicht mehr nach Italien reisen.
Hatte das verpasste Rennen eine Auswirkung auf die Marathon-Vorbereitungen?
Haile: Es wäre gut gewesen, wenn ich die 10 km hätte rennen können, aber 10 km wären ohnehin kein richtiger Marathon-Test gewesen. Insofern ist es kein Problem. Dadurch aber wird der Berlin-Marathon mein erstes Rennen nach dem London-Marathon. Ich habe mich seit London nur auf die Vorbereitung für den Lauf in Berlin konzentriert. Ich werde nach Berlin kommen, laufen und sehen, was passiert – ich mache mir keine Sorgen.
Wie lief das Training, auch im Vergleich zum London-Marathon, wo Sie ja lediglich auf Rang neun kamen?
Haile: Ich war eigentlich sehr gut in Form vor London, aber es war einfach nicht mein Tag. Als ich sah, dass es regnete, wusste ich irgendwie, dass es nichts wird. Auf rutschiger Straße bekomme ich aufgrund meines Laufstils Probleme mit der Balance. Ich war sehr gut vorbereitet und werde es jetzt wieder sein. Hinzu kommt, dass ich nach drei Marathonrennen inzwischen ein besseres Gefühl für diese Distanz bekommen habe.
Was war der bisher größte Erfolg Ihrer Karriere?
Haile: Das ist ganz klar: das olympischen 10.000-m-Finale in Sydney 2000, das ich ganz knapp gegen Paul Tergat gewann.
Wie ist Ihr Verhältnis zum Marathon-Weltrekordler Paul Tergat?
Haile: Paul ist anders als andere. Es gibt viele gute Läufer, aber er ist ein ganz spezieller. Im Wettkampf gibt es natürlich keine Freundschaft, aber es gibt auch keine Fehde zwischen Kenia und Äthiopien. Abgesehen vom Wettkampf haben wir ein sehr freundschaftliches Verhältnis. Wenn er nach Addis Abeba kommt, ist er ein Teil meiner Familie – genauso ist es umgekehrt, wenn ich zu ihm nach Kenia komme.
Sehen Sie im Marathon ein Limit – was ist noch möglich?
Haile: Ich sehe generell kein Limit. Ich denke, dass es für meine Generation möglich ist, etwa 2:03 Stunden zu laufen. In der Zukunft hoffe ich, dass der Weltrekord auf unter zwei Stunden gedrückt wird. Ich weiß aber nicht, wie lange das dauert, bis wir dort sind – 20 oder 50 Jahre? Vor 45 Jahren war Abebe Bikila bei 2:15 Stunden – jetzt sind wir zehn Minuten schneller.
Denken Sie an einen bestimmten Zeitpunkt für ein Karriereende?
Haile: So lange ich im Training immer der schnellste bin, gibt es keinen Grund ans Aufhören zu denken. Ich habe mir keinen Zeitpunkt gesetzt. Aber Olympia 2008 steht auf jeden Fall auf dem Plan.
- Erschienen am 23. September 2006
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