Geoffrey Mutai läuft Marathon-Jahresweltbestzeit in Berlin
Geoffrey Mutai hat es geschafft. Er gewann den knappsten Zieleinlauf in der Geschichte des BMW Berlin-Marathons, der zum 39. Mal stattfand. Nachdem der 30-Jährige vor zwei Jahren in einem Sprint-Finish seinem Landsmann Patrick Makau um zwei Sekunden unterlegen war, siegte der kenianische Ausnahmeathlet am letzten September-Sonntag mit nur einer Sekunde Vorsprung beziehungsweise einem halben Schritt vor seinem Trainingspartner Dennis Kimetto. Mit 2:04:15 Stunden erzielte Geoffrey Mutai dabei eine Jahresweltbestzeit. Lässt man die nicht rekordtauglichen Resultate des Boston-Marathons außen vor, waren dies die viert- und fünftbesten Ergebnisse aller Zeiten. Zudem lief Dennis Kimetto einen inoffiziellen Debüt-Weltrekord.
Geoffrey Mutai hat durch seinen Sieg in Berlin, bei dem er bis auf 37 Sekunden an den Weltrekord von Patrick Makau (2:03:38 in Berlin 2011) heran kam, vorzeitig die World Marathon Majors (WMM)-Serie 2011-2012 für sich entschieden. Der drittplatzierte Debütant Geoffrey Kipsang machte mit 2:06:12 den kenianischen Triumph perfekt.
Bei den Frauen lief Aberu Kebede (Äthiopien) zum zweiten Sieg in Berlin nach 2010. Sie gewann in hervorragenden 2:20:30 Stunden vor ihrer Landsfrau Tirfi Tsegaye (2:21:19) und der Ukrainerin Olena Shurhno (2:23:32). Alle drei Läuferinnen erzielten persönliche Bestzeiten, Olena Shurhno stellte sogar einen Landesrekord auf.
Ein starkes Rennen zeigte auch Jan Fitschen (TV Wattenscheid), der sich als 14. auf 2:13:10 verbesserte, damit erstmals unter 2:15 Stunden blieb und eine deutsche Jahresbestzeit aufstellte. Es war die schnellste Zeit eines deutschen Marathonläufers seit 2009. Damals war André Pollmächer in Düsseldorf 2:13:09 gelaufen. Die 22-jährige Anna Hahner (Run2Sky) hatte mit ihrem zweiten Marathon ein gutes Rennen und wurde mit 2:30:37 Achte.
40.987 Läufer aus 125 Nationen hatten für die 39. Auflage des BMW Berlin-Marathons gemeldet. Rund eine Million Zuschauer standen an der Strecke des World Marathon Majors-Event, das die Teilnehmer an Berliner Wahrzeichen wie der Siegessäule, dem Reichstag, der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und dem Potsdamer Platz vorbeiführt. Die Wetterbedingungen – Sonnenschein, Starttemperaturen um zehn Grad Celsius, aber phasenweise etwas Wind – waren insgesamt einmal mehr sehr gut in Berlin.
Das Rennen der Männer: Geoffrey Mutais Marathon-Sprint
Neun Läufer hatten die Halbmarathonmarke nach 62:06 Minuten erreicht. Hinter den vier kenianischen Tempomachern folgten deren Landsleute Geoffrey Mutai, Dennis Kimetto, Geoffrey Kipsang, Jonathan Maiyo und Nicholas Kamakya. Sie waren mit ihrer Zwischenzeit etwas langsamer als geplant, denn angepeilt war bei der Jagd nach dem Weltrekord von Patrick Makau eine Durchgangszeit von 61:40.
Doch die Bestmarke war trotz des Zeitrückstandes noch nicht ganz außer Reichweite. „Nach 30 Kilometern habe ich gesehen, dass wir zu langsam sind. Deswegen habe ich das Tempo erhöht“, erklärte Geoffrey Mutai, der dann den nächsten 5-km-Abschnitt in schnellen 14:19 Minuten absolvierte. Er lief Kilometer 32 in 2:43 Minuten auf der leicht abfallenden Strecke herunter – das ist der schnellste je beim Berlin-Marathon gelaufene Kilometerabschnitt – und wurde dann für Kilometer 33 in 2:48 gestoppt. Damit konnte er die Spitzengruppe auseinander reißen.
Die letzten Tempomacher waren bei Kilometer 30 beziehungsweise 31 aus dem Rennen gegangen, Jonathan Maiyo (Kenia) und Geoffrey Kipsang fielen aufgrund des hohen Tempos von Geoffrey zurück. Nicht so jedoch der Trainingspartner des späteren Siegers, Dennis Kimetto. Der 28-Jährige, der in diesem Jahr bereits den Vattenfall Berliner Halbmarathon gewonnen und dann bei den Big 25 Berlin einen 25-km-Weltrekord aufgestellt hatte(1:11:18 Stunden), heftete sich an die Fersen des Boston- und New York-Marathon-Siegers von 2011, Geoffrey Mutai. Zwischen Kilometer 38 und 40 kamen die beiden im Vergleich mit Patrick Makaus Zeiten bis auf eine Sekunde an die Weltrekord-Splits heran.
Doch auf den letzten beiden Kilometern konnten sie das enorme Tempo nicht mehr ganz halten und wurden langsamer. Geoffrey Mutai gelang es jedoch, seinen knappen Vorsprung, begleitet von begeisterten Anfeuerungsrufen der Zuschauer auf den vollbesetzten Tribünen, bis ins Ziel zu verteidigen. Ein ähnlich knappes Rennen hatte es 2003 gegeben, als Paul Tergat (Kenia) in Berlin mit 2:04:55 Stunden einen Weltrekord aufgestellt hatte und mit einer Sekunde Vorsprung vor seinem Landsmann Sammy Korir gewann. Damals war der Abstand zwischen den beiden aber etwas größer als am Sonntag.
„Wir hatten eine Chance auf den Weltrekord, aber es hat auf den letzten Kilometern nicht gereicht. Ich bin aber trotzdem zufrieden mit meinem Ergebnis. Es ist nicht so einfach, ein derartiges Tempo zu laufen“, sagte Geoffrey Mutai, der nach 35 km ein leichtes Problem im linken Bein bekam. „Deswegen musste ich etwas vorsichtiger sein.“ Am Ende unterbot er dennoch die Jahresweltbestzeit des Äthiopiers Ayele Abshero, der in Dubai im Januar 2:04:23 gelaufen war, um acht Sekunden. „Es war gut, dass Dennis vorne noch dabei war. Er war natürlich mein Rivale, aber das hat mir geholfen“, erklärte der Ausnahmeathlet, der auch seinem Trainingspartner zutraut, den Weltrekord zu verbessern. Auf die Frage, ob er sich eine Chance gegen Geoffrey ausgerechnet hatte, antwortete Dennis Kimetto: „Geoffrey ist der Chef – ich dachte nicht, dass ich ihn besiegen kann!“
Die kenianischen Läufer dominierten das Rennen auch in der Breite der Spitze: Sie belegten die ersten neun Plätze bei dem beliebten Marathon durch die deutsche Hauptstadt. Hinter Geoffrey Mutai, Dennis Kimetto und Geoffrey Kipsang kamen auch Nicholas Kamakya (2:08:28), Josphat Keiyo (2:08:41) und Josphat Jepkopol (2:08:44) unter 2:09 ins Ziel.
Im seinem fünften Marathon gelang Jan Fitschen (TV Wattenscheid) endlich die erhoffte Zeit unter 2:15 Stunden. Geführt von Tempomachern hatte der 35-Jährige, der vor einem Jahr in Frankfurt 2:15:40 gelaufen war, die Halbmarathonmarke nach 66:59 Minuten erreicht. Zudem konnte er den zweiten Abschnitt schneller als den ersten laufen. „Ich bin überglücklich. Die Stimmung war toll, und die Zuschauerunterstützung hat mir geholfen“, sagte Jan, der die deutsche Jahresbestzeit von Sören Kah (LG Lahn/2:14:25) um 75 Sekunden unterbieten konnte. Nachdem erreichen „einer soliden Leistung“ im Marathon, „kann ich bei meinem nächsten Rennen im Frühjahr ein bisschen was riskieren“.
Das Rennen der Frauen: Entscheidung vor Kilometer 35
Im Frauenrennen bestimmten die beiden äthiopischen Trainingspartnerinnen Aberu Kebede und Tirfi Tsegaye von Beginn an das Tempo. An der Halbmarathonmarke (Durchgangszeit: 1:10:33) lief auch noch Flomena Chepchirchir in der Spitzengruppe, doch die kenianische Athletin konnte vor der 30-km-Marke nicht mehr mithalten. Die Entscheidung fiel dann kurz vor Kilometer 35, als sich Aberu Kebede erfolgreich absetzte. Mit 2:20:30 verbesserte sie ihren persönlichen Rekord um drei Sekunden. „Ich wollte unter 2:20 laufen, aber es hat nicht ganz gereicht. Es war zeitweilig etwas windig, aber ich freue mich, dass ich zum zweiten Mal in Berlin gewonnen habe und bin zufrieden“, erklärte die erst 23-jährige Aberu Kebede.
Hinter Aberu, Tirfi Tsegaye und Olena Shurhno blieben auch noch Flomena Chepchirchir (2:24:56), Fate Tola (Äthiopien/2:25:14, sie ist die Trainingspartnerin von Irina Mikitenko), und Alevtina Biktimirova (Russland/2:28:45) unter 2:30 Stunden. Siebente wurde Caroline Chepkwony (Kenia) mit 2:30:34.
Anna Hahner war lange Zeit auf Kurs für eine Zeit von knapp unter 2:30:00 Stunden. Nach 1:14:28 hatte die 22-Jährige, geführt von mehreren Tempomachern, die Halbmarathonmarke erreicht. Doch in der zweiten Hälfte konnte sie das Tempo nicht ganz halten. „Wir waren im Plan beim Halbmarathon, und ich habe mich auch danach gut gefühlt. Aber dann habe ich pro Kilometer ein paar Sekunden verloren“, erklärte Anna, die mit 2:30:37 bis auf 23 Sekunden an ihre eigene Bestmarke herankam. „Ich habe nicht mehr auf die Uhr geschaut, sondern einfach nur noch alles gegeben. Es herrschten optimale Bedingungen und die Stimmung war super.“
Am Samstag vor dem Rennen hatten es Tausende von Kindern und Schülern ihren großen Vorbildern nachgemacht. Begeistert nahmen sie am Bambinilauf (500 bzw. 1.000 m) und mini-Marathon (4,2195 km auf dem letzten Abschnitt der Berlin-Marathons) teil. Das Marathon-Wochenende bietet so Sportbegeisterten aller Alterststufen ein unvergessliches Erlebnis.
Uta, die das Rennen auf der Eurosport-Website zu Hause im amerikanischen Colorado mitverfolgen konnte, war begeistert von einem weiteren spannenden Marathon mit einer mitreißenden Atmosphäre in der deutschen Hauptstadt. „Was für ein toller Marathon. Geoffrey und sein Trainingspartner Dennis liefen ein hervorragendes Rennen mit schnellen drei Meilen zwischen der 30- und 35-km-Marke. Es ist fantastisch, dass diese zwei Athleten solch außergewöhnliche Resultate erlaufen konnten. Die Zuschauer und die begeisternden Wettbewerbe in Berlin zu sehen, hat viele schöne Erinnerungen in mir geweckt. Eine ganz herzliche Gratulation an die Berliner und die Organisatoren des Marathons“, sagte sie nach der Veranstaltung.
Die Resultate des 39. Berlin-Marathons
Männer:
1. | Geoffrey Mutai | KEN | 2:04:15 Stunden |
2. | Dennis Kimetto | KEN | 2:04:16 |
3. | Geoffrey Kipsang | KEN | 2:06:12 |
4. | Nicholas Kamakya | KEN | 2:08:28 |
5. | Josphat Keiyo | KEN | 2:08:41 |
6. | Josphat Jepkopol | KEN | 2:08:44 |
7. | Jonathan Maiyo | KEN | 2:09:19 |
8. | Eluid Kiptanui | KEN | 2:09:59 |
9. | Felix Keny | KEN | 2:10:22 |
10. | Masakazu Fujiwara | JPN | 2:11:31 |
Frauen:
1. | Aberu Kebede | ETH | 2:20:30 Stunden |
2. | Tirfi Tsegaye | ETH | 2:21:19 |
3. | Olena Shurhno | RUS | 2:23:32 |
4. | Flomena Chepchirchir | KEN | 2:24:56 |
5. | Fate Tola | ETH | 2:25:14 |
6. | Alevtina Biktimirova | RUS | 2:28:45 |
7. | Caroline Chepkwony | KEN | 2:30:34 |
8. | Anna Hahner | GER | 2:30:37 |
9. | Sonia Samuels | GBR | 2:30:56 |
10. | Degefa Biruktayit | ETH | 2:33:27 |
- Erschienen am 30. September 2012