Die Halbmarathon-Saison beginnt mit einem Weltrekord – unser Überblick

Von Jörg Wenig
Leonard Korir und Stephen Sambu liefen Seite an Seite ins Ziel im ‚Big Apple‘. © www.PhotoRun.net
Leonard Korir und Stephen Sambu liefen Seite an Seite ins Ziel im ‚Big Apple‘. © www.PhotoRun.net

Bevor im April die beliebten Frühjahrs-Marathonläufe gestartet werden, darunter die Rennen in Boston und London, standen im Februar und März einige hochklassige Halbmarathonläufe auf dem internationalen Wettkampfkalender. Etliche der Top-Marathonläufer nutzen die Gelegenheit, bei diesen Rennen über die „halbe Distanz“ ihre Form in der Vorbereitung auf die Frühjahrs-Klassiker zu testen. Für einen Höhepunkt sorgte dabei im Februar einmal mehr Florence Kiplagat. Die kenianische Athletin verbesserte beim Barcelona-Halbmarathon zum zweiten Mal in Folge den Weltrekord. Nachstehend können Sie eine Zusammenfassung ausgewählter Halbmarathonläufe der letzten Wochen nachlesen.

Wir gratulieren allen Teilnehmern ganz herzlich zu ihren tollen Resultaten bei den zahlreichen Frühjahrsrennen und wünschen denen, die sich auf einen Marathon vorbereiten, alles Gute und viel Erfolg für ihr verbleibendes Training. Wir drücken Euch die Daumen!

Berlin am 29. März: Debütant Birhanu Legese überrascht die Favoriten

Birhanu Legese setzte sich in Berlin haarscharf vor David Kogei (links) durch. © www.PhotoRun.net
Birhanu Legese setzte sich in Berlin haarscharf vor David Kogei (links) durch. © www.PhotoRun.net
Ein äthiopischer Debütant sorgte bei teilweise windigen Wetterbedingungen für die Überraschung des Tages beim 35. Vattenfall Berliner Halbmarathon. Der 21-jährige Äthiopier Birhanu Legese gewann das deutsche Rennen über die 21,0975-km-Distanz nach einem packenden Zweikampf in 59:45 Minuten mit einer Sekunde Vorsprung vor Kenias David Kogei. Dritter wurde der favorisierte Abraham Cheroben (Kenia) in 59:49. Sein Landsmann Richard Mengich blieb als Vierter mit 59:59 auch noch unter der Stunden-Barriere. Bester deutscher Läufer war Steffen Uliczka (SG TSV Kronshagen/Kieler TB), der auf Platz 15 nach 64:16 im Ziel war.

„Ich weiß, dass ich einen guten Endspurt habe und war zuversichtlich, dass ich gewinnen würde. Es war aber so knapp, dass ich mir im Ziel zunächst nicht sicher war“, sagte Birhanu Legese nach seinem Halbmarathon-Debüt.

Kenias Cynthia Kosgei gewann das Rennen der Frauen in 70:52 Minuten vor ihrer Landsfrau Elizabe Cherono (70:56) und Isabellah Andersson. Die schwedische Läuferin hatte bis kurz vor der 15-km-Marke in Führung gelegen und erreichte das Ziel schließlich nach 71:31. Melina Tränkle (LG Karlsruhe) war überraschend die beste deutsche Läuferin auf Platz acht in 75:34. Insgesamt 32.025 Läufer aus 106 Nationen hatten für das Rennen gemeldet.

Prag am 28. März: Daniel Wanjiru läuft unter einer Stunde

Daniel Wanjiru gewann das Rennen in Prag. © www.PhotoRun.net
Daniel Wanjiru gewann das Rennen in Prag. © www.PhotoRun.net
Daniel Wanjiru feierte in Prag einen großen Erfolg in seiner noch jungen Karriere. Der erst 22-jährige Kenianer gewann den Sportisimo Prag-Halbmarathon mit einer persönlichen Bestzeit von 59:51 Minuten. Zwei weitere kenianische Langstreckler blieben ebenfalls unter der prestigeträchtigen Stunden-Barriere. Wilfred Murgor wurde in 59:57 knapp vor dem zeitgleichen Leonard Komon Zweiter. „Die Konkurrenz in Prag war sehr stark. Das war wie ein Meisterschaftsrennen, es war hart. Ich habe heute viel gelernt“, sagte Daniel Wanjiru, der vor einem Jahr in Prag bereits Rang drei mit 59:59 belegt hatte. „Dieser Sieg ist eine große Motivation für mich für die nächsten Rennen“, fügte er hinzu.

Bei den Frauen gab es einen äthiopischen Doppelerfolg. Worknesh Degefa, die im vergangenen Jahr den Lissabon-Halbmarathon gewonnen hatte, lief trotz windiger Wetterbedingungen starke 67:14 Minuten, die fünftschnellste Zeit des Jahres. Sie verbesserte damit ihre persönliche Bestzeit um 35 Sekunden und gewann vor Yebrgual Melese (68:21). Diane Nukuri (Burundi) belegte Rang drei mit 69:33. „Mein Ziel war eine Zeit zwischen 66 und 67 Minuten. Aber es war ein hartes Rennen“, sagte die 24-jährige Worknesh. „Es war nicht nur der harte Wettkampf, sondern auch der Wind, der schwierig war. Zudem habe ich mich schwer getan auf den Streckenabschnitten mit Kopfsteinpflaster.“ 12.500 Läufer hatten für den Lauf gemeldet.

Lissabon am 22. März: Mo Farah gewinnt mit Europarekord

Mo Farah triumphierte mit einer Sekunde Vorsprung vor Micah Kogo. © www.PhotoRun.net
Mo Farah triumphierte mit einer Sekunde Vorsprung vor Micah Kogo. © www.PhotoRun.net
Mo Farah hat beim Lissabon-Halbmarathon einen neuen Europarekord aufgestellt. Einen Tag vor seinem 32. Geburtstag gewann der britische Olympiasieger über 5.000 und 10.000 m das Rennen in 59:32 Minuten mit einer Sekunde Vorsprung vor Micah Kogo. Dritter wurde Stephen Kibet (beide Kenia) mit 59:58. Um genau 20 Sekunden verbesserte Mo Farah den Europarekord, den der Spanier Fabian Roncero 2001 beim Berliner Halbmarathon aufgestellt hatte. „Das war nicht leicht, meine Konkurrenten haben es mir schwer gemacht. Ich konnte am Ende kaum noch meine Beine heben“, sagte Mo Farah.

Im Rennen der Frauen gab es bei der 25. Auflage des Lissabon-Halbmarathons einen klaren Sieg für Rose Chelimo. Die kenianische Athletin gewann in 68:22 Minuten vor Sara Moreira. Die portugiesische Mitstreiterin lief 69:18 und verwies die favorisierte Kenianerin Priscah Jeptoo (69:21), die sich auf den London-Marathon vorbereitet, noch auf Platz drei.

New York am 15. März: Leonard Korir und Molly Huddle siegen, Arne Gabius überzeugt

Die US-Amerikanerin Molly Huddle gewann überraschend den United Airlines New York-Halbmarathon und stellte dabei mit 1:08:31 Stunden sogar einen Streckenrekord auf. Auch bei den Männern gab es mit Leonard Korir einen unerwarteten Sieger. Der kenianische Langstreckler konnte sich im Endspurt mit 61:06 Minuten durchsetzen.

Molly Huddle läuft beim New York-Halbmarathon auf den ersten Platz. © www.PhotoRun.net
Molly Huddle läuft beim New York-Halbmarathon auf den ersten Platz. © www.PhotoRun.net
Im Rennen um den Sieg fielen bei Kilometer 20 Lusapho April (Südafrika) und Juan Luis Barrios (Mexiko) zurück. Der Zweikampf zwischen Kenias Leonard Korir und Stephen Sambu wurde dann erst auf der Ziellinie entschieden. Denn auf den letzten Metern gelang es Leonard noch, sich an dem führenden Stephen vorbei zu schieben. In 61:06 Minuten gewann er dann mit einer Sekunde Vorsprung. „Ich hatte schon immer einen starken Schlussspurt, so dass ich wusste, dass ich eine Chance haben würde“, erklärte Leonard Korir, der nicht zu den großen Favoriten gehört hatte. Dritter wurde Juan Luis Barrios mit 61:14, Platz vier belegte Lusapho April in 61:21.

Vor einem Jahr war Arne Gabius in New York ein bemerkenswertes Debüt über die Halbmarathondistanz gelaufen und hatte Rang acht mit 62:09 Minuten belegt. Jetzt zeigte er bei seinem zweiten Rennen über die 21,0957-km-Strecke eine ähnliche Leistung und wurde Neunter in 62:34 – nur einen Platz beziehungsweise 17 Sekunden hinter Meb Keflezighi (USA), der sich als Titelverteidiger auf den Boston-Marathon im April vorbereitet.

Arne Gabius zeigte erneut eine starke Leistung in New York. © www.PhotoRun.net
Arne Gabius zeigte erneut eine starke Leistung in New York. © www.PhotoRun.net
„Es war ein hartes Rennen, aber ich hatte Spaß“, sagte Arne Gabius nach dem Event, bei dem 19.455 Teilnehmer bei kühlen Temperaturen um sechs Grad Celsius ins Ziel liefen. Unter ihnen waren auch 400 Läufer der Initiative „NYRR Team for Kids“, die Spenden für Gesundheits- und Fitnessprogramme für Kinder sammelten.

Im Rennen der Frauen bestimmte Molly Huddle im zweiten Abschnitt das Geschehen. Die 30-Jährige, die über 5.000 m im WM-Finale 2013 Rang sechs belegt hatte, war mit einer Halbmarathon-Bestzeit von 69:04 Minuten ins Rennen gegangen. Molly drückte auf das Tempo, so dass zunächst die Titelverteidigerin und Streckenrekordlerin Sally Kipyego sowie deren kenianische Landsfrau Caroline Rotich zurückfielen. In der Schlussphase konnte dann auch Kenias Topfavoritin Joyce Chepkirui nicht mehr mithalten. Molly Huddle wurde zur ersten US-amerikanischen Siegerin beim New York-Halbmarathon und gilt spätestens jetzt als neue große US-Hoffnung im Straßenlauf. „Ich habe mich gut gefühlt und war gut vorbereitet. Hier war ein starkes Feld am Start – dieses Rennen dann zu gewinnen, ist toll für mich“, sagte Molly, die mit 1:08:31 auch die neue Kursrekordhalterin ist. Zweite wurde Joyce Chepkirui in 1:08:42, Rang drei belegte Sally Kipyego mit 1:09:39 vor Caroline Rotich (1:09:53).

Den Haag am 8. März: Stanley Biwott erreicht Jahresweltbestzeit

Stanley Biwott, hier zu sehen beim Halbmarathon 2013 in Ras Al Khaimah, erzielte in Den Haag eine Jahresweltbestzeit. © www.PhotoRun.net
Stanley Biwott, hier zu sehen beim Halbmarathon 2013 in Ras Al Khaimah, erzielte in Den Haag eine Jahresweltbestzeit. © www.PhotoRun.net

Kenias Stanley Biwott gewann den NN CPC Run The Hague-Halbmarathon mit einer Jahresweltbestzeit. Der 28-Jährige erreichte ein Weltklasseergebnis von 59:20 Minuten. Hinter Stanley, der über diese Distanz eine Bestzeit von 58:56 Minuten aufweist und im vergangenen Jahr Zweiter beim London-Marathon war, blieben noch zwei weitere Läufer unter der 60-Minuten-Marke: Cyprian Kotut wurde Zweiter in 59:28, sein kenianischer Landsmann Edwin Kiptoo belegte Rang drei mit 59:35.

Die kenianischen Athleten dominierten das Rennen bei dem bekanntermaßen schnellen Lauf in Den Haag. Als Vierter folgte Eliud Tarus in 60:04 mit einer Sekunde Vorsprung vor Bernard Kimani (beide Kenia). Stanley Biwott, der sich auf den London-Marathon vorbereitet, hatte sich vor der 20-km-Marke von seinen Konkurrenten abgesetzt.

Ohne afrikanische Topläuferinnen fand das Rennen der Frauen statt. Hier lief Maja Neuenschwander (Schweiz) in 1:11:08 Stunden zum Sieg. Ihr folgten Gezashign Gemeda (Niederlande/1:12:41) und ihre Landsfrau Fabienne Schlumpf (1:13:56).

Barcelona am 15. Februar: Florence Kiplagat stellt neuen Weltrekord auf

Florence Kiplagat, hier zu sehen beim Berlin-Marathon 2013, verbesserte in Barcelona ihren eigenen Weltrekord. © www.PhotoRun.net
Florence Kiplagat, hier zu sehen beim Berlin-Marathon 2013, verbesserte in Barcelona ihren eigenen Weltrekord. © www.PhotoRun.net

Florence Kiplagat verbesserte ihren eigenen Weltrekord in Barcelona um drei Sekunden. Die 27-jährige Kenianerin gewann das Rennen in 65:09 Minuten. Vor einem Jahr war sie an gleicher Stelle 65:12 gelaufen. Ihre Zwischenzeiten an den 15- und 20-km-Punkten sind ebenfalls Weltrekorde. Die Ausnahmeathletin erreichte bei guten Wetterbedingungen die 15-km-Marke nach 46:14 Minuten und passierte den 20-km-Punkt in 61:54. Damit gelang ihr ein perfekter Test in der Vorbereitung auf den London-Marathon.

Florence wurde im November 2014 von der ‚Association of International Marathons and Distance Races‘ (AIMS), dem Verband der internationalen Straßenlaufveranstalter, zur Marathonläuferin des Jahres 2014 gewählt. Wir schauen nun gespannt auf ihren Frühjahrsmarathon in der britischen Hauptstadt.

Wie bereits vor einem Jahr war Florence Kiplagat die einzige Weltklasseläuferin im Frauenfeld des Barcelona-Halbmarathons und konnte sich so vollkommen auf ihren Rekordversuch konzentrieren. Florence, die vom renommierten italienischen Coach Renato Canova betreut wird, erreichte bereits nach 31:02 Minuten die 10-km-Marke – eine Zeit, die bei nur wenigen Rennen über diese Distanz unterboten wird.

Im Rennen gegen die Uhr wurde dann die 15-km-Marke nach 46:14 Minuten passiert. Damit unterbot Florence Kiplagat den Weltrekord der mehrfachen Olympiasiegerin Tirunesh Dibaba (Äthiopien) deutlich. Über die allerdings eher selten gelaufene 15-km-Distanz hatte Tirunesh im Jahr 2009 in Nijmegen (Holland) 46:28 erreicht.

Die 20-km-Marke erreichte Florence nach 61:54 Minuten. Damit war sie zwei Sekunden schneller als bei ihrem eigenen Weltrekord im vergangenen Jahr. 2014 hatte Florence die 20-km-Marke in Barcelona nach 61:56 passiert. Die kenianische Läuferin hatte im Ziel mit 65:09 schließlich fast neun Minuten Vorsprung auf die Irin Elizabeth Lee (74:06). Dritte wurde die Schweizerin Charlotte Karlsson mit 75:25.

Das Rennen der Männer gewann der für die Schweiz startende Tadese Abraham. Er erzielte mit 60:42 einen Schweizer Rekord. Die Äthiopier Mitstreiter Getu Feleke (60:45) und Azmeraw Mengistu (60:48) belegten die nächsten Plätze.

Die Entwicklung des Halbmarathon-Weltrekordes der Frauen:

 65:09 Minuten  Florence Kiplagat (KEN)  Barcelona  15.02.2015 
 65:12  Florence Kiplagat (KEN)  Barcelona  16.02.2014 
 65:50  Mary Keitany (KEN)  Ras Al Khaimah/UAE  18.02.2011 
 66:25  Lornah Kiplagat (NED)  Udine/ITA  14.10.2007 
 66:44  Elana Meyer (RSA)  Tokio  15.01.1999 
 67:59  Elana Meyer (RSA)  East London/RSA  18.05.1991 
 68:31  Ingrid Kristiansen (NOR)  New Bedford/USA  19.03.1989 
 68:34  Joan Samuelson (USA)  Philadelphia/USA  16.09.1984 

Ras Al Khaimah am 13. Februar: Mary Keitany läuft Topzeit in den Emiraten

Mary Keitany erreichte in Ras Al Khaimah eine schnelle Zeit. © www.PhotoRun.net
Mary Keitany erreichte in Ras Al Khaimah eine schnelle Zeit. © www.PhotoRun.net

Beim Halbmarathon von Ras Al Khaimah in den Vereinigten Arabischen Emiraten gewann die Kenianerin Mary Keitany souverän in 66:02 Minuten. Dies war zu diesem Zeitpunkt die drittschnellste Halbmarathonzeit aller Zeiten auf einer rekord-konformen Strecke. Während die zweitplatzierte Äthiopierin Mamitu Daska mit 66:28 ebenfalls noch eine Weltklassezeit und zudem einen Landesrekord erreichte, gewann ihr Landsmann Mosinet Geremew das Rennen der Männer in 60:05 Minuten.

In Ras Al Khaimah hat Mary Keitany einmal mehr eindrucksvoll bewiesen, dass sie nach ihrer zweiten Schwangerschaft wieder zur Bestform zurückgefunden hat. Die 33-Jährige wird am 26. April den London-Marathon laufen. Neben Mary Keitany und Mamitu Daska, die am 20. April beim Boston-Marathon startet, blieben noch zwei weitere Läuferinnen unter 68 Minuten: Cynthia Limo wurde in 67:02 Minuten Dritte, Rang vier belegte ihre kenianische Landsfrau Jospehine Chepkoech mit 67:32.

Die Ergebnisse des Männerrennens sind gemessen am Standard des Rennens von Ras Al Khaimah in der Vergangenheit weniger stark. Der Kampf um den Sieg blieb allerdings spannend bis zum Schluss. Mosinet Geremew setzte sich schließlich in 60:05 Minuten mit nur einer Sekunde Vorsprung vor dem Kenianer Daniel Wanjiru durch. Dritter wurde Jonathan Maiyo (Kenia) mit 60:08. Eliud Kipchoge belegte Rang sechs mit 60:50. Er wird im April beim London-Marathon zu den Favoriten zählen.

Aktualisiert am 29. März 2015
Erschienen am 19. März 2015