Cheruiyot und Mockenhaupt gewinnen starken Frankfurt-Marathon

Von Jörg Wenig
Robert Kiprono Cheruiyot siegt sensationell in Streckenrekordzeit. © www.photorun.net
Robert Kiprono Cheruiyot siegt sensationell in Streckenrekordzeit. © www.photorun.net

In der Streckenrekordzeit von 2:07:21 Stunden hat der Kenianer Robert Kiprono Cheruiyot den 27. Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon vor seinen beiden Landsleuten Wilson Kigen (2:08:16) und KIMbias Stephen Kiogora (2:08:24) gewonnen. Im hochklassigsten Rennen in der Geschichte des Laufes blieben sieben Läufer unter 2:10 Stunden. Eine derartige Dichte in der Spitze hat kein anderer deutscher Marathon in diesem Jahr erreicht. Zudem wird die Siegzeit in Deutschland 2008 nur von Berlin übertroffen. Weltweit steht Frankfurt in dieser Liste bisher an achter Stelle. Bester deutscher Läufer wurde André Pollmächer (LAC Chemnitz), der bei seinem guten Marathon-Debüt 2:14:18 Stunden lief und 18. wurde.

Bei den Frauen triumphierte Sabrina Mockenhaupt (Kölner Verein für Marathon) in der persönlichen Bestzeit von 2:26:22 Stunden vor Olesya Nurgalieva (Russland/2:27:37) und der Titelverteidigerin Melanie Kraus (Bayer Leverkusen/2:28:20). Erstmals blieben in Frankfurt fünf Läuferinnen unter 2:30 Stunden. Die beiden deutschen Läuferinnen blieben damit deutlich unter der WM-Norm für Berlin 2009 (2:32:00 Stunden).

Die Rekordzahl von 12.046 Marathonläufern hatte für das Marathonrennen gemeldet. Zählt man alle anderen Wettbewerbe hinzu, hatte der Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon zum ersten Mal über 20.000 Teilnehmer. Genau 20.451 Läufer hatten für die Veranstaltung gemeldet. Rund 300.000 Zuschauer säumten bei guten Wetterbedingungen mit allerdings etwas Wind die 42,195 Kilometer lange Strecke.

Für die Überraschung des Tages sorgte der erst 20-jährige Robert Cheruiyot. In eindrucksvoller Manier setzte er die kenianische Siegserie in Frankfurt fort. Zum siebenten Mal in Folge kommt der Gewinner aus Kenia. Und die Kenianer dominierten das Rennen gleich derart, dass sie die ersten 14 Läufer stellten. Nachdem eine große Gruppe von Läufern die Halbmarathonmarke in 63:57 Minuten erreicht hatte, fiel die Entscheidung bei zunehmendem Tempo kurz nach Kilometer 35. Hier setzte sich Cheruiyot, der nicht verwandt ist mit dem Boston- und Chicago-Marathon-Sieger Robert Kipkoech Cheruiyot, von seinen Konkurrenten ab und baute fortan seinen Vorsprung aus.

„Ich bin völlig überrascht, dass ich hier gewonnen habe – daran hatte ich während des Rennens 35 Kilometer lang nicht gedacht”, erklärte Robert Cheruiyot. Nicht zum ersten Mal gewann ein kaum bekannter kenianischer Läufer einen großen Marathon gleich beim Debüt. Dies war zum Beispiel in Chicago Evans Rutto (2:05:50/2003) und Ondoro Osoro (2:06:54/1998) gelungen.

Im Kampf um Platz zwei hatte Stephen Kiogora Pech, weil er in der letzten Kurve vor dem Zieleinlauf zu Fall kam. So erreichte er acht Sekunden hinter Wilson Kigen die Finish Line in der Frankfurter Festhalle. Sein Ziel erreicht hat der 25-jährige André Pollmächer, der sich in Frankfurt mit 2:14:18 Stunden bei seinem Debüt für das WM-Team 2009 qualifizierte. Pollmächer lag lange Zeit auf Kurs für eine Zeit von 2:13 Stunden. Auf den letzten vier Kilometern brach er dann jedoch alleine laufend ein und erreichte völlig erschöpft das Ziel. Doch mit André Pollmächer hat der deutsche Marathonlauf einen Athleten, der sich in der Zukunft noch deutlich steigern kann. Eine gute Leistung zeigte Martin Beckmann (LG Leinfelden), der lange mit André Pollmächer lief und schließlich als 20. in 2:14:30 eine Bestleistung erreichte.

Sabrina Mockenhaupt gewinnt den Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon. © www.photorun.net
Sabrina Mockenhaupt gewinnt den Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon. © www.photorun.net

Bei den Frauen lief Sabrina Mockenhaupt, geführt von Tempomachern, von Beginn an an der Spitze des Feldes. Nach 1:12:59 Stunden erreichte die 27-jährige Deutsche die Halbmarathonmarke. Unmittelbar hinter ihr lief hier noch Olesya Nurgalieva, die Siegerin des Rennens 2004. Doch kurz nach der 25-km-Marke konnte die Russin nicht mehr mithalten und fiel dann auf dem nächsten 10-km-Abschnitt noch deutlich zurück. Am Ende wurde zwar auch Sabrina Mockenhaupt langsamer, doch mit 2:26:22 Stunden steigerte sie ihre persönliche Bestzeit um gut drei Minuten und gewann nach Köln 2007 auch das zweite Marathonrennen ihrer Karriere. „Ich kann das noch gar nicht realisieren, aber ich freue mich schon sehr. Es war sehr unruhig am Anfang. Ich habe lange gebraucht, um meinen Rhythmus zu finden, denn das Tempo ging ständig rauf und runter. Zukünftig muss ich meine Trainingskilometer hochschrauben, denn da habe ich noch Potenzial. Im Gegensatz zu anderen Marathonläuferinnen laufe ich wirklich wenige Kilometer”, erklärte Sabrina Mockenhaupt. Schnellste Läuferin im Schlussteil des Rennens war Melanie Kraus, die von Platz sechs noch auf Rang drei nach vorne lief und in 2:28:20 die zweitbeste Zeit ihrer Karriere erreichte.

„Das war ein erfolgreicher Tag, spitzen- wie auch breitensportlich. Christoph Kopp hat wieder einmal ein Top-Feld nach Frankfurt geholt. Die Bedingungen waren heute super, auch wenn der Wind uns am Ende vielleicht doch etwas Zeit gekostet hat. Wir hatten einen Strecken- und einen Teilnehmerrekord – was will man mehr”, sagte Race-Direktor Jo Schindler.

Paula Radcliffe siegt über 10 Meilen, Joseph Lomala beim Venedig-Marathon

Eine Woche vor ihrem Start beim New York-Marathon lief Paula Radcliffe einen erfolgreichen Test in Portsmouth. Die britische Marathon-Weltrekordlerin, die in diesem Jahr immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen wurde, stellte mit 51:11 Minuten einen Landesrekord auf und siegte souverän trotz windiger und feuchter Bedingungen. „Ich wollte hier heute noch einmal laufen”, erklärte Paula Radcliffe, die die zweitplatzierte Jessica Augusto (Portugal/53:15) klar distanzierte. Das Rennen der Männer gewann Bernard Kipyego (Kenia) in 46:43 Minuten vor Martin Fagan (Irland/46:55).

Einen kenianischen Sieger gab es auch beim Venedig-Marathon, den Joseph Lomala in 2:11:06 Stunden vor seinem Landsmann Jacob Chesire (2:11:07) gewann. Bei den Frauen siegte Aniko Kalovics (Ungarn) mit 2:31:24 vor Anne Kosgei (Kenia/2:32:21).

Horst Milde: Der Vater des modernen Laufsports wurde 70

Horst Milde bei einer Präsentation der World Marathon Majors in Boston. © www.photorun.net
Horst Milde bei einer Präsentation der World Marathon Majors in Boston. © www.photorun.net

Stellvertretend für die Entwicklung der großen Berliner Läufe, allen voran der Berlin-Marathon, steht ein Name: Horst Milde. Schon bei der Geburtsstunde der breitensportlich angelegten Laufveranstaltungen gehörte er zu den Initiatoren. Vom ersten Crosslauf am 8. November 1964 am Berliner Teufelsberg im Grunewald – damals als Student der Freien Universität Berlin – bis zu seinem Ausscheiden als Race-Direktor Anfang 2004 hat er mit seinem Organisationsteam in rund 40 Jahren genau 1.268.649 Menschen in 348 Veranstaltungen zum Laufen gebracht. Fünf Weltrekorde sah der Berlin-Marathon unter seiner Regie, darunter die bahnbrechenden Bestzeiten von Naoko Takahashi und Paul Tergat. Die Japanerin blieb als erste unter 2:20 Stunden, der Kenianer durchbrach als erster die 2:05-Stunden-Barriere.

Am Freitag feierte Horst Milde in Berlin im Kreise seiner Freunde und Familie seinen 70. Geburtstag. Anfang 2004 übernahm sein Sohn Mark den Posten des Race-Direktors beim Berlin-Marathon. Auch Horst Mildes anderen beiden Kinder, Karsten und Gesine, haben jahrelang ehrenamtlich für die großen Berliner Läufe gearbeitet.

Als Leichtathlet startete Horst Milde, der aus dem Berliner Bezirk Tempelhof stammt und noch heute dort wohnt, für den TSV Tempelhof-Mariendorf. Später wechselte er als Mittelstreckenläufer zum SCC Berlin und wurde mit der 3×1.000-Meter-Staffel des Klubs, in der der 1500-m-Europameister von 1966 Bodo Tümmler lief, zweimal Deutscher Meister (1964 und 1965). Über 800 m hatte Horst Milde damals eine Bestzeit von 1:49,8 Minuten, über 1000 m lief er 2:25:00, über 1500 m 3:51,8 und über 400 m 49,1 Sekunden. Über 10.000 m erreichte Horst Milde 33:33 Minuten.

Als Horst Milde 1964 mit der Organisation der Läufe begann, studierte er an der Freien Universität (FU Berlin). Später übernahm der Diplom-Kaufmann und Konditormeister die Bäckerei und Konditorei Milde am Tempelhofer Damm. Das Familienunternehmen führte er gemeinsam mit seiner Frau Sabine in dritter Generation bis 1998. Das Büro in der Backstube wurde zur Ideenfabrik für die Laufbewegung in Berlin und Deutschland. Für eine Reihe von wegweisenden Initiativen zeichnet Horst Milde mit verantwortlich – ob es einst um die Einführung von nationalen Crosslauf-Meisterschaften ging, die Unterstützung des Chip-Zeitmesssystems vor der offiziellen Anerkennung oder die Premiere einer reinen City-Marathon-Rundstrecke bei Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Bei der WM 2009 in Berlin werden Start und Ziel am Brandenburger Tor sein. Bisher war zumindest das Ziel bei diesen Titelkämpfen immer im Stadion.

Als Organisator startete Horst Milde selber bei mehreren großen Marathonrennen – zweimal in New York sowie in London, Boston, Honolulu, Wien, Stockholm und Kopenhagen – und erreichte eine Bestzeit von 3:42:00 Stunden. Horst Milde war über ein Jahrzehnt lang Vorsitzender der Leichtathletikabteilung des SCC Berlin, zudem Volkslaufwart des Berliner Leichtathletik-Verbandes (BLV) und im Breitensportausschuss des Landessportbundes Berlin tätig. Heute ist er Mitglied im Board of Directors der Association of International Marathons and Road Races (AIMS) sowie Sprecher der German Road Races (GRR). In diesen Funktionen hat er nach wie vor entscheidenden Anteil an der Entwicklung des nationalen und internationalen Laufsportes. So unterstützt er zum Beispiel das offizielle AIMS-Museum (das Sportmuseum Berlin) und ist Vorsitzender des AIMS-Symposiums, das am 8. November zum zweiten Mal in Athen stattfinden wird.

HORST MILDES ZAHLEN

Gesamtteilnehmerzahl
seit November 1964: 1.268.649

Veranstaltungszahl
seit November 1964: 348

Gesamtteilnehmerzahl
im Rekordjahr 2003: 123.778

Gesamtteilnehmerzahl der
Jahre 1999 bis 2003: 473.576

Gesamtteilnehmer-Zuwachs
von 1999 bis 2003: 94,33 %