Bekele scheitert, Tadesse und Kiplagat Cross-Weltmeister

Von Jörg Wenig
Zersenay Tadesse lässt Kenenisa Bekele in Mombasa zurück. © www.photorun.net
Zersenay Tadesse lässt Kenenisa Bekele in Mombasa zurück. © www.photorun.net

In 27 Crossrennen der höchsten Kategorie war Äthiopiens Ausnahmeläufer Kenenisa Bekele zuletzt in Folge ungeschlagen. Und insgesamt fünfmal in Serie hatte er bei den Cross-Weltmeisterschaften sowohl die Kurz- als auch die Langstrecke, also zehn Goldmedaillen, gewonnen – das alleine ist einmalig in der Leichtathletik-Geschichte. Doch ausgerechnet in Kenia, im Land seiner schärfsten Rivalen, endete die Cross-Erfolgsstory des 24-Jährigen auf tragische Art und Weise. 800 Meter vor dem Ziel gab der Äthiopier aufgrund von Magenproblemen auf, nachdem ihm kurz zuvor Zersenay Tadesse die Führung abgenommen hatte. Der ein Jahr ältere Läufer aus Eritrea, der im vergangenen Jahr bereits Weltmeister im 20-km-Straßenlauf geworden war, wurde in der Hafenstadt Mombasa Bekeles Nachfolger. Nach 35:50 Minuten war Zersenay Tadesse vor fünf Kenianern im Ziel des 12-km-Rennens.

Silber ging mit 23 Sekunden Rückstand an Moses Mosop (36:13), die Bronzemedaille gewann Bernard Kiprop Kipyego (36:37). Während die Kenianer die Team-Wertung gewannen, zeigte der Cross-Europameister eine beeindruckende Vorstellung: Der Brite Mo Farah, der im Vorfeld mit einer Erkrankung zu kämpfen hatte, lief auf Rang zehn.

Eingangs der sechsten und letzten Runde hatten Tadesse und Bekele gemeinsam in Führung gelegen. Dann löste sich der Äthiopier von seinem Kontrahenten und alles sah nach einem sechsten Cross-WM-Erfolg über die Langstrecke aus. Sieg Nummer sechs war das große Ziel von Kenenisa Bekele. Sechs Goldmedaillen über die Langstrecke bei der Cross-WM hat noch keiner gewonnen – und derartige Superlative sind sein Steckenpferd. Fünf Siege dagegen sind nicht einmalig, denn das schaffte auch der Kenianer Paul Tergat. Nachdem die Kurzstrecke aus dem Programm der Cross-WM gestrichen worden war, gibt es in Kenia keine zweite Chance für Kenenisa Bekele.

Lornah Kiplagat zeigte eine außergewöhnliche Leistung. © www.photorun.net
Lornah Kiplagat zeigte eine außergewöhnliche Leistung. © www.photorun.net

Der 10.000-m-Olympiasieger und Weltrekordler Bekele erklärte später, dass die enorme Hitze zu den Magenproblemen führte, die in der Mitte des Rennens begannen. In Mombasa herrschten tropische Bedingungen mit 37 Grad Celsius und 80 Prozent Luftfeuchtigkeit. Nur wer die Kräfte richtig einteilte, kam durch – so brach die Titelverteidigerin im Juniorenrennen, Pauline Korikwiang (Kenia), auf der Strecke zusammen. Medizinische Hilfe brauchte Kenenisa Bekele nicht. Und der Äthiopier kann sich damit trösten, immer noch der einzige zu sein, der zuvor fünfmal in Folge beide Titel gewonnen hatte. Doch in seiner eindrucksvollen Erfolgsliste gibt es nun ein WM-Rennen mit dem Ergebnis: aufgegeben.

Ursprünglich wollte Kenenisa Bekele nach seinem Doppelsieg in Fukuoka (Japan) vor einem Jahr bei diesen Titelkämpfen gar nicht mehr an den Start gehen. Doch seine starke Form zu Beginn des Jahres – Bekele gewann die Crossrennen in Edinburg und Sevilla und brach dann den 2.000-m-Hallenweltrekord in Birmingham – ließ ihn nachdenklich werden. Es war dann ausgerechnet Paul Tergat, der sich inzwischen auf Straßenrennen konzentriert und in Berlin 2003 den aktuellen Marathon-Weltrekord aufstellte, der ihn nach dem Cross in Sevilla zu einem WM-Start überredete. Die Kenianer hatten die Befürchtung, dass die Cross-WM ohne Bekele degradiert werden würde. Nun war der große Äthiopier geschlagen, doch die heimischen Läufer konnten nicht profitieren.

Auch im Frauenrennen über 8 km lief es nicht ideal für die Gastgeber: Mit Lornah Kiplagat gewann zwar eine gebürtige Kenianerin – doch sie startet inzwischen für Holland. Die Niederländer kamen so zu ihrer ersten Cross-WM-Goldmedaille überhaupt. Während Kiplagat nach 26:23 Minuten ins Ziel lief, folgten ihr die Titelverteidigerin Tirunesh Dibaba (Äthiopien/26:47) und Meselech Melkamu (Äthiopien/26:48). In der Team-Wertung gewann Äthiopien vor Kenia.