Meine Liebe zum Laufen: Wie alles begann…

Von Uta Pippig
Sprint zum Ziel im Staffel-Wettbewerb bei einem meiner ersten Wettkämpfe. © Uta Pippig
Sprint zum Ziel im Staffel-Wettbewerb bei einem meiner ersten Wettkämpfe. © Uta Pippig

„Hey, morgen findet am Waldsportplatz ein Leichtathletik-Wettkampf statt“, sagte meine Freundin zu mir, „warum kommst Du nicht einfach mit?“ Dieser Einladung war ich nur zu gern gefolgt, hatte damals jedoch keine Vorstellung, dass es zugleich der Beginn einer großen Leidenschaft sein würde. Ich erinnere mich noch gut an jenen Tag: An die zwei mir soooo lang erscheinenden Runden auf dem Waldsportplatz… 800 Meter lief ich für meine Schule… nachdem ich mich nur wenige Stunden vorher für den Lauf angemeldet hatte.

An diesem Herbstnachmittag – ich war gerade 13 Jahre alt geworden – entdeckte ich für mich die Freude am Laufen und damit diesen faszinierenden Sport!

Schon bald konnte ich auch seine Vorzüge genießen, denn es ist ganz einfach und unkompliziert, durch das Laufen fit zu bleiben. Alles was man dazu braucht, sind ein Paar Laufschuhe, eine schöne Laufstrecke und etwas Liebe zur Natur. Dass diese Liebe mir auch jetzt noch immer wieder den Antrieb gibt, ein paar lockere Kilometer zu joggen, könnt Ihr Euch sicherlich vorstellen.

Gemeinsam laufen

Mit der Zeit hat es sich ergeben, dass ich zusammen mit anderen Laufbegeisterten gejoggt bin, sogar Freundschaften schließen konnte. Neben dem Laufen selbst, sind dies die schönsten Erlebnisse bei diesem Sport. Kennt Ihr auch dieses Gefühl, dass die Zeit beim gemeinsamen Joggen wie im Fluge vergeht?

Gemeinsames Jugendtraining nach Sonnenuntergang bei meinem Heimatklub im Herbst 2014. © Gerald Angerer
Gemeinsames Jugendtraining nach Sonnenuntergang bei meinem Heimatklub im Herbst 2014. © Gerald Angerer

Hin und wieder gibt es auch Tage, an denen man vielleicht etwas mehr Elan benötigt, um den ersten magischen Schritt vor die Tür zu tun. Aber meist spürt man schon nach kurzer Zeit, wie gut einem der Lauf tut – man fühlt sich sogar erfrischt und befreit.

Meine ersten schnellen Schritte machte ich im Sportverein TSG Blau-Weiß Petershagen, dem gleichnamigen hübschen Ort östlich von Berlin, in dem ich aufgewachsen bin. Wir waren eine ausgelassene Gruppe von 8- bis 18-jährigen Kindern und Jugendlichen und trainierten dreimal in der Woche etwa zwei Stunden. Das klingt vielleicht nach ‚viel Laufen‘, so war es aber nicht. Unser Training war abwechslungsreich, es kam nie Langeweile auf.

Während dieser zwei Stunden sind wir nicht nur gelaufen, wir trainierten auch Hoch- und Weitsprung, rannten über die Hürden, spielten Fuß- und Handball. Hatten großen Spaß bei Brenn- und Völkerball und vielen anderen Spielen. Im Winter fuhren wir ins Ski-Trainingslager. Diese Abwechslung hat uns super motiviert! Im Spätherbst, wenn es so richtig kalt wurde, trainierten wir oftmals in der Halle. Dort konzentrierten wir uns auf verschiedene Spiele, allgemeine Kraftübungen und auf das Stabilisations- und Techniktraining. Wir konnten die ersten warmen Frühlingstage kaum erwarten: Endlich wieder draußen auf dem Waldsportplatz zu sein.

Unsere Laufbahn. © Victah Sailer/Take The Magic Step®
Unsere Laufbahn. © Victah Sailer/Take The Magic Step®

Unsere Laufbahn dort war weit einfacher als die heutigen modernen und speziell ausgestatteten Tartan-Bahnen. Damals liefen wir auf Asche oder etwas Ähnlichem. Auf alle Fälle brauchte unsere Bahn viel Liebe und Pflege, so dass wir an einigen Samstagen Unkraut zupften. Ich muss bei diesem Gedanken schmunzeln, denn wir Kinder hatten eine Menge Spaß an diesen Nachmittagen. Das Unkrautzupfen wurde dabei fast zu einer Nebensache.

Die etwas engeren Kurven unserer Bahn störten uns nicht, selbst nicht bei schnellen Intervall-Programmen. Außerdem war die Nähe zum Wald fantastisch – wir hatten wunderschöne Strecken, die wir zum Ein- oder Auslaufen oder für lockere Dauerläufe nutzen konnten.

Trainieren mit Freude

Die vielen verschiedenen Laufspiele haben das Training erheblich erleichtert, es war spaßbetont und unkompliziert. Wir konnten die Zeit vergessen und sind einfach um die Wette gerannt. Heute gebe ich diese Erfahrungen gern an Kinder und Jugendliche weiter, wie beispielsweise an die Leichtathletik-Teams verschiedener High Schools, oder an junge Athleten, die nach weiteren Hinweisen zu ihrem eigenen Lauftraining suchen. Ich spüre dann wieder die Freude, die wir bei Intervall- und Pyramidenprogrammen und den lustigen Laufspielen empfunden haben. Die freudvollen Erfahrungen dieser kreativen Trainingstage zu teilen, liegt mir sehr am Herzen. Denn auch heute eignen sich diese Spiele hervorragend, um junge Talente zu inspirieren und sie zugleich auf die ersten umfangreicheren Laufeinheiten vorzubereiten.

© Betty Shepherd
© Betty Shepherd

Mit der Zeit fanden wir bei unserem Training heraus, dass es für jeden von uns wichtig war, so gut wie möglich zu sein – egal ob als Freund und Ratgeber oder als Athlet gemeinsam in unserem Team. Mit Ehrgeiz wollten wir bei den Spielen gewinnen und bei Staffelläufen schnell sein – wir waren so sehr motiviert und wollten uns etwas zutrauen. Das alles ist mir in bester Erinnerung, vor allem auch das Zusammensein mit meinen Freunden und die Unbeschwertheit dieser Zeit. Am schönsten war es, im Sommer mit anderen Sportlern ins zweiwöchige Trainingslager zu fahren. Wir hatten dort immer jede Menge Spaß und haben es genossen, einmal weg von den Eltern zu sein – auch wenn wir froh waren, anschließend wieder nach Hause zu kommen.

Meine Eltern bremsten mich zunächst in meinem sportlichen Ambitionen: Ich sollte mich mehr auf die Schule als auf den Sport konzentrieren. Sie sahen in mir weniger eine Olympionikin als vielmehr eine erfolgreiche Ärztin, die einmal in ihre Fußstapfen treten könnte. Doch einmal so eng mit diesem schönen Sport verbunden, konnte mir niemand mehr die Leidenschaft am Laufen nehmen. Ich bin dankbar, dass ich diese wunderbare Chance hatte – später auch das Verständnis und die Unterstützung – meinen Traum, eine Läuferin zu werden, zu erfüllen und gleichzeitig für einige Jahre Medizin zu studieren. Nachdem ich an der Freien Universität Berlin das Physikum bestanden hatte, konzentrierte ich mich jedoch ausschließlich auf den Laufsport.

Heinz Lüdemann, mein erster Trainer, zeigte mir seine neue Uhr bei einem Kindersportfest auf dem Waldsportplatz. © Victah Sailer/Take The Magic Step®
Heinz Lüdemann, mein erster Trainer, zeigte mir seine neue Uhr bei einem Kindersportfest auf dem Waldsportplatz. © Victah Sailer/Take The Magic Step®

Die Freude am Laufen hat mich immer inspiriert. So war es recht einfach, von Anfang an Ziele zu haben. Da ich jedoch neu in diesem Sport war, dachte ich in den ersten Jahren meines Trainings weniger an zeitliche Vorgaben, sondern vielmehr daran, wie ich es lernen konnte, eine Wettkämpferin zu werden. Ich hatte damit weit weniger Erfahrung als meine Freunde. Eine Stoppuhr benutzte ich nur selten, in der Regel nur bei kurzen Sprints auf der Bahn oder wenn ich mich auf einer 5-Kilometer- und später auf meiner 8-Kilometer-Lieblingsrunde mal wieder testen wollte.

Vieles ausprobieren

Es kam mir sehr entgegen, dass ich mir viel Zeit lassen konnte, den Umfang meines Lauftrainings zu erhöhen. Lange hielt ich an den kurzen Strecken fest, bin auch gern die 400-m-Hürden und die 200 m oder die 400 m gerannt. Erst später kamen die Mittel- und Langstrecken hinzu. Und schließlich, einige Jahre nachdem ich mit der Leichtathletik begonnen hatte, probierte ich die 10 Kilometer und auch längere Distanzen.

Um mein Laufprogramm etwas abwechslungsreicher zu gestalten, habe ich immer wieder neue Laufstrecken ausprobiert, egal ob im Wald oder auf der Straße, ob flach oder bergig. Besonders toll fand ich es, mit der Trainingsgruppe in den Sommerferien ans Meer zu fahren und am Strand zu laufen. Im Herbst und Winter haben mich vor allem Crossläufe begeistert.

Sportverein TSG Blau-Weiß Petershagen… © Uta Pippig

Was mich am meisten als junges Mädchen faszinierte, waren vor allem der Spaß am Training und das Gefühl, in einem Team unter Freunden zu sein. Wir waren füreinander da – weit über das Training hinaus – und haben uns gegenseitig geholfen. Allein deshalb werde ich diese Zeit nie vergessen.

Ihr könnt Euch sicher gut vorstellen, dass mir diese Verbundenheit auch bei Wettkämpfen die ersten Schritte leichter machte. Wir sind einfach um die Wette gerannt: in Shorts und Shirts aus Baumwolle und einfachen Stoffschuhen, weit weg von der heutigen Funktionskleidung. Wir hatten die Gewissheit, dass wir schnell laufen konnten, weil wir konzentriert und gut vorbereitet waren – vor allem aber, weil wir gern gelaufen sind!

Lasst uns zusammen laufen!

In Erinnerung an meinen guten Freund und ersten Trainer Heinz Lüdemann.

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