Irina Mikitenko nach ihrem WM-Startverzicht: „Ich fühle mich erschöpft und leer“

Von Jörg Wenig
Irina Mikitenko rennt freudestrahlend mit schnellen 2:19:18 Stunden ins Ziel des real,- Berlin-Marathon in 2008. © www.photorun.net
Irina Mikitenko rennt freudestrahlend mit schnellen 2:19:18 Stunden ins Ziel des real,- Berlin-Marathon in 2008. © www.photorun.net

Die deutsche Rekordhalterin im Marathon und Siegerin des Berlin-Marathons 2008 sowie des diesjährigen London-Marathons wird nicht an den Weltmeisterschaften in Berlin teilnehmen. Am Tag ihres 37. Geburtstages hätte die Läuferin des TV Wattenscheid Chancen gehabt, ihre Karriere mit einer Goldmedaille zu krönen. Das deutsche Team hat damit eine der größten Hoffnungen auf einen WM-Triumph verloren.

Die Ereignisse der letzten Wochen verbunden mit dem Ableben ihres Vaters haben Irina zu dieser schweren Entscheidung bewegt.

Als Sie Ende Juni aus einem ersten Höhentrainingslager aus St. Moritz zurückkehrten, waren Sie noch guter Dinge. Was passierte dann?

Irina Mikitenko: Ja, das erste Trainingslager in St. Moritz lief sehr gut, ich hatte Spaß am Laufen und war optimistisch. Aber dann musste mein Vater Anfang Juli mit einem akuten Lungenproblem ins Krankenhaus. Es ging ihm von Tag zu Tag schlechter, ich war jeden Tag bei ihm und nur mittags kurz zu Hause, um den Kindern Essen zu kochen. Es tat meinem Vater gut, dass ich bei ihm war, das habe ich gesehen – und mir auch. Ich konnte schon damals nicht mehr richtig trainieren. Ich habe es früh morgens versucht, aber ich war so leer und kaputt. Es ging einfach nicht.

Sie gingen aber damals noch davon aus, dass Sie bei der WM starten würden.

Irina: Ich hoffte, dass es meinem Vater bald wieder besser gehen würde und ich dann wie geplant ins zweite Trainingslager nach St. Moritz fahren würde. Doch es ging ihm immer schlechter und er starb in der dritten Juli-Woche. Mein Vater war der wichtigste Mensch für mich. Ihm habe ich auch zu verdanken, dass wir 1996 aus Kasachstan überhaupt nach Deutschland gekommen sind. Dass er nicht mehr bei mir ist, kann ich immer noch nicht begreifen, er fehlt mir sehr. Es ist die schwierigste Zeit in meinem Leben.

Die Familie ist ein Motor für Irina Mikitenko – hier zu sehen mit ihrem Mann Alexander sowie ihren Kindern Vanessa und Alexander. © www.photorun.net
Die Familie ist ein Motor für Irina Mikitenko – hier zu sehen mit ihrem Mann Alexander sowie ihren Kindern Vanessa und Alexander. © www.photorun.net

Sie sind dann trotzdem noch einmal nach St. Moritz gefahren und mussten dort ihre Pläne ändern.

Irina: Ja, ich war noch einmal neun Tage in St. Moritz mit meiner Familie und meiner Mutter. Ich habe alle anderen beim Training gesehen und bin auch selbst wie automatisch zum Laufen gegangen. Aber es machte keinen Sinn, ich fühlte mich erschöpft und leer. Ich hatte mich sehr auf die WM gefreut und habe mich nach dem London-Marathon nur auf diesen Start vorbereitet und alle anderen Startangebote abgelehnt. Aber die Familie ist für mich viel wichtiger als alles andere. Mein Vater war immer stolz auf mich … ich werde weiterlaufen.

Liebe Irina! Das gesamte Take The Magic Step-Team und sicherlich auch alle Ihre Freunde und Fans wünschen Ihnen viel Kraft für die nächsten Wochen. Wir danken Ihnen sehr für dieses herzliche Interview.