Der Schritt vor die Tür

Von Uta Pippig mit Scott Douglas und David Wright
Gleich geht es los... © Betty Shepherd
Gleich geht es los… © Betty Shepherd

An manchen Tagen kann man es gar nicht erwarten, endlich loszulaufen. Man fühlt sich körperlich und mental topfit und sprintet voller Vorfreude förmlich aus dem Haus. Oft ist es aber auch so, dass es einem eher schwer fällt, sich zum Laufen zu motivieren. Man ist müde oder lustlos. Laufen ist das Letzte, wonach einem der Sinn steht.

An diesen Tagen kann es helfen, sich bewusst zu machen, dass sich alle – auch die besten Sportler – von Zeit zu Zeit so fühlen. Langstreckenläufer wissen, dass die Beine, wenn sie sich an einem solchen Tag dazu aufrappeln aus dem Haus zu treten, nach einer Weile wie von selbst laufen. Nach dem Training werden Sie sicherlich froh sein, diesen magischen ersten Schritt gemacht zu haben. Hier sind ein paar Tipps, die Ihnen helfen können, auch an schwierigen Tagen den entscheidenden ersten Schritt vor die Tür zu wagen.

Setzen Sie sich ein Ziel

Ein realistisches Ziel zu haben, kann Ihnen dauerhafte Motivation geben. Setzen Sie sich also ein Ziel, das Sie gut erreichen können und gehen Sie in kleinen Schritten vor. So vermeiden Sie eine mögliche Enttäuschung, falls Sie es eventuell etwas zu hoch gesteckt haben und es vielleicht nicht gleich erreichen können. Ihre Motivation wird bestehen bleiben, wenn Sie sich Zeit lassen, Training und Fitness zu verbessern. Wählen Sie sich ein Ziel aus, das Ihnen Spaß macht und sinnvoll erscheint – und das zudem eine Herausforderung darstellt, aber dennoch realistisch ist.

Wenn Sie zum Beispiel bisher zweimal pro Woche gelaufen sind und sich dazu entschlossen haben, Ihr Pensum zu steigern, planen Sie zunächst nur einen weiteren Trainingstag ein. Später, wenn Sie sich damit wohl fühlen, legen Sie einen vierten und schließlich sogar einen fünften Lauftag fest. Sie werden überrascht sein, wie problemlos Sie Fortschritte machen können, wie viel Spaß es Ihnen bereitet und wie leicht es sein kann, das zunächst in weiter Ferne scheinende Ziel durch eine behutsame Steigerung des Trainingsumfangs zu erreichen.

…Freude mit Freunden beim Laufen. © Michael Reger
Viele Athleten führen ein Protokoll über ihr Training, weil es sie inspiriert, Schwarz auf Weiß zu sehen, welche Fortschritte sie schon gemacht haben. Eine gute Idee kann das Festlegen von messbaren Größen sein wie beispielsweise eine gewisse Anzahl von Läufen oder Zeiten für eine bestimmte Distanz, anstatt sich einfach nur vage vorzunehmen, mehr oder schneller zu laufen. Ein detaillierter Plan kann Ihnen dabei helfen, sich verschiedene Ziele zu setzen und sie auch zu erreichen.

Außerdem beinhaltet ein sinnvolles Ziel ein realistisches, chronologisches Zeitelement. Damit ist gemeint, eine bestimmte Strecke nach einer gewissen Vorbereitungszeit zu laufen. Sie könnten sich zum Beispiel vornehmen, in den kommenden zwei Monaten 10 Kilometer zu schaffen oder in vier Wochen an Ihrem ersten 5-Kilometer-Lauf teilzunehmen. Mit solchen zeitlichen Vorgaben können Sie sich selbst einen Anreiz schaffen, auf die Realisierung Ihres Zieles mit zusätzlicher Motivation hinzuarbeiten.

Falls Sie etwas lustlos sind und Ihnen gar nicht nach Training zumute ist, kann es durchaus motivierend sein, das gesteckte Ziel vor Augen zu haben. Allein der Gedanke an das wunderbare Gefühl, es eines Tages geschafft zu haben, kann Ihnen jene Energie und Begeisterung bringen, die Sie für den ersten Schritt vor die Tür brauchen.

Legen Sie einen Termin fest

© Uta Pippig
Behandeln Sie Ihr Lauftraining wie jeden anderen festen Termin. Es wird Ihnen helfen, konsequent dabei zu bleiben. Es kann leichter sein, den magischen Schritt zu tun, wenn Sie sich beispielsweise fest vornehmen, am nächsten Morgen um 6:30 Uhr zu laufen, anstatt nur dann, wenn Sie sich danach fühlen. Wenn die Laufzeit näher rückt und Sie keine Energie aufbringen können, verschieben Sie den Lauf nach Möglichkeit auf einen späteren Zeitpunkt am selben Tag und versuchen Sie, sich daran zu halten.

Eine sichere Methode, Ihren Lauftermin einzuhalten, ist die Verabredung mit einem Freund oder einer Freundin. Sie wissen, dass Ihr Freund auf Sie zählt und Sie am Start erwartet. Gemeinsam werden Sie sicherlich ein gutes Training absolvieren. Ich jogge gern mit Freunden – an diesen Tagen gibt es kein ,Zurück’ mehr. Der Termin ist fest eingeplant, und ich möchte meinen Laufpartner auf keinen Fall enttäuschen.

Erinnern Sie sich an das gute Gefühl nach Ihrem Training

© Take The Magic Step®
Bestimmt haben Sie schon Tage erlebt, an denen Ihnen überhaupt nicht nach Laufen zumute war. Sind aber dennoch gejoggt und haben sich danach viel besser gefühlt.

Ein erfahrener Läufer erzählte mir einmal Folgendes: „Ich weiß nicht, wie oft ich schon nahe dran war, morgens den Wecker auszustellen, mich umzudrehen und weiter zu schlafen. Doch ich tue es nicht und schon nach wenigen Laufminuten denke ich: ‚Um ein Haar wäre ich heute nicht gelaufen, und ich bin so froh, dass ich es dennoch gemacht habe!’” Rufen Sie sich diese Tage ins Gedächtnis, wenn es Ihnen wieder mal besonders schwer fällt, den Schritt vor die Tür zu machen.

Wenn es draußen kalt ist oder regnet oder wie oft in den Sommermonaten viel zu heiß ist – versuchen Sie sich daran zu erinnern, wie gut Sie sich beim letzten Mal gefühlt haben, als Sie dem Wetter getrotzt und Ihren Lauf absolviert haben. Wie froh Sie über diesen Entschluss waren. Allein die Gewissheit daran, dass Sie sich hinterher wieder so gut fühlen werden, kann Ihnen Freude und Energie geben.

Gestalten Sie Ihre Trainingspläne abwechslungsreich

Es kann passieren, dass Sie möglicherweise die Begeisterung verlieren, wenn Sie jeden Tag dieselbe bekannte Strecke laufen und Ihren Trainingsplan nicht abwechslungsreich genug gestalten. Durch eine kleine Veränderung können Sie Ihrem Training wieder neuen Schwung verleihen und den Reiz der faszinierenden Natur Ihrer Laufstrecken neu entdecken.

Falls Sie normalerweise in flachem Gelände laufen, wäre es eine willkommene Abwechslung, in hügeligem Gelände oder über eine lange Brücke zu rennen und dabei noch ein paar Bergan- und Bergabläufe zu trainieren. Oder falls Sie sich tagtäglich auf den Hügeln in Ihrer Umgebung tummeln, trainieren Sie doch mal auf einem Sportplatz in Ihrer Nähe.

Training auf dem Laufband… © Tim DeFrisco
Wenn Eis und Schnee des Winters oder die Hitze des Sommers das Laufen erschweren, könnte ein Training auf dem Laufband in einem Fitnessstudio eine angenehme Alternative sein. Dabei können Sie vielleicht sogar auf dem Monitor den Wetterbericht verfolgen und sich darüber freuen, bei angenehmen Temperaturen und ohne frostige Nase zu laufen. Und falls es Ihnen schwer fällt, sich selbst bei bestem Wetter zu motivieren, dann versuchen Sie, an einem ganz anderen Ort zu laufen – wie zum Beispiel in einem schönen Park oder auf herrlichen Laufpfaden in einem nahe gelegenen Wald.

Manchmal ist es nicht nur der Gedanke an das bevorstehende Lauftraining an sich, der Sie davon abhält, den Schritt vor die Tür zu machen, sondern die Trainingseinheit, die Sie für diesen Tag geplant haben. Vielleicht haben Sie sich vorgenommen, 45 Minuten in hügeligem Terrain zu laufen – und das scheint Ihnen jetzt einfach zuviel zu sein. In diesem Fall erinnern Sie sich daran, dass Sie nicht ständig einem festen Plan folgen müssen.

Ein Teil meines Erfolges als Läuferin bestand darin, mir die Freiheit zu nehmen, mein Training zu ändern, wenn ich das Gefühl hatte, dass mein Körper dies brauchte. Sollten Sie sich zum Beispiel dazu entscheiden, einen 45-minütigen Lauf auf 30 Minuten zu verkürzen, kann es vorkommen, dass Sie sich während des Trainings besser fühlen als erwartet. Vielleicht entscheiden Sie sich dann, die gesamten 45 Minuten zu laufen. Lassen Sie sich etwas Spielraum an einem harten Trainingstag, um auf Müdigkeit reagieren zu können. So beugen Sie beispielsweise auch Verletzungen vor.

Wählen Sie eine andere Aktivität

© Betty Shepherd
Es gibt auch andere Sportarten und Aktivitäten, die Ihr Lauftraining unterstützen können. Effektives Ausgleichstraining, wie beispielsweise eine ausgedehnte, anspruchsvolle Radtour, kann nicht nur Ihre Ausdauer verbessern, sondern auch eine gute Alternative zu einem langen Dauerlauf sein.

Ebenso können Sie einen lockeren Erholungslauf gelegentlich durch eine Schwimmeinheit ersetzen. Schwimmen ist besonders vorteilhaft, wenn Sie sich gerade von einer Verletzung oder einem sehr anstrengenden Lauf erholen. Außerdem kann es Ihnen helfen, sich an eine tiefere Atmung zu gewöhnen.

Wasserjogging im tiefen Becken mit Zeitmessung zusammen mit schnellen und langsamen Wiederholungen eignet sich gut zur Aufrechterhaltung Ihrer Fitness und kann ähnlich wie ein Tempo- und Intervalltraining auf der Bahn in Ihren Trainingsplan eingebaut werden.

Bleiben Sie auch mal im Bett – ohne Schuldgefühle

© Betty Shepherd
© Betty Shepherd

Es gibt Tage, da ist es einfach das Beste, der fehlenden Motivation nachzugeben und tatsächlich nichts zu tun – sich zu erlauben den Tag frei zu nehmen und sich nicht mit Selbstvorwürfen zu plagen. Natürlich sollten diese Tage nicht zur Regel werden, aber es kann immer einen Grund dafür geben, warum Sie so unmotiviert sind. Am besten warten Sie nicht zu lange, die Ursache dafür herauszufinden.

An Tagen, an denen Sie sich fit fühlen, ermitteln Sie zum Beispiel gleich nach dem Aufwachen Ihren normalen Puls und Ihre Körpertemperatur. Diese Angaben vergleichen Sie dann mit den Werten der Tage, an denen Sie sich nicht motiviert fühlen. Sollte Ihr Puls oder Ihre Körpertemperatur deutlich höher als normal sein, sind Sie vermutlich krank oder vom letzten zu harten Training übermüdet. Dann sind ein Ruhetag oder nur leichtes Training die beste Alternative. Im Falle von Krankheit sollten Sie pausieren und zu Ihrem Hausarzt gehen. Vergewissern Sie sich bitte, wie lange es ratsam ist, mit dem Lauftraining auszusetzen.

Wenn sich dagegen Ihr Puls und Ihre Temperatur im normalen Bereich befinden, Sie sich aber trotzdem nicht motiviert fühlen, dann kann dies häufig etwas mit anderen Bereichen Ihres Lebens zu tun haben. Vielleicht haben Sie in der letzten Zeit zuviel gearbeitet? Oder Alltagsstress hat Sie zu sehr ermüdet? Fühlen Sie sich nicht wohl, weil Sie wegen des Trainings weniger Zeit mit Ihrer Familie verbringen?

Wenn Sie sich außergewöhnlich träge fühlen und sich entschließen, den Tag ohne Schuldgefühle frei zu nehmen, dann haben Sie hoffentlich einige ruhige Minuten, um Ihren Gedanken nachzugehen und andere Lebensbereiche zu reflektieren. Möglicherweise können Sie Dinge unternehmen, die Ihnen einfach Freude bereiten, die Sie erfrischen und die Ihnen Motivation und Energie zurückgeben.

Ruhen Sie sich an Ihrem freien Tag mal so richtig aus! Bestimmt haben Sie am darauffolgenden erneut Elan, um eine Ihrer Lieblingsstrecken zu laufen… Vielleicht haben Sie dann sogar etwas Zeit, um herausfinden, ob es Dinge in Ihrer Arbeit, Familie oder Ihrem ganz persönlichen Bereich gibt, die Sie belasten und Ihnen die Energie rauben. Und möglicherweise fallen Ihnen sogar Lösungen ein, wie Sie Ihre Situation verbessern könnten. Ich hoffe, Sie können Ihre Pläne in die Tat umsetzen, ganz behutsam und Schritt für Schritt. So haben Sie auch eine größere Chance, sich bald wieder Ihrem Training zu widmen und sich rundum wohl zu fühlen.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei Fitness und Training – und vor allem Motivation und Ausdauer, sodass Ihnen der Schritt vor die Tür immer leicht fallen wird!

Lesetipps:

  1. Für alle Laufeinsteiger: hier ist Utas 6-Wochen-Trainingsplan für Eure ersten 5 Kilometer
  2. Yoga – ein Weg zur inneren Ausgeglichenheit
  3. Möchten Sie besser laufen? Dann entspannen Sie sich!

Aktualisiert am 3. Mai 2018
Aktualisiert am 17. Mai 2016
Aktualisiert am 8. April 2014
Aktualisiert 15. Juni 2012
Aktualisiert am 23. Juli 2009