Die erste Aufbauphase Eurer Marathonvorbereitung und Trainingstipps für Eure Erholungswochen
Liebe Freunde,
anknüpfend an meinen letzten Beitrag mit Informationen zu den Trainingsphasen für Eure Marathonvorbereitung und zu den Themen Erholung und Umfangsteigerung der langen Läufe, möchte ich Euch heute allgemeine Tipps zu Eurer ersten Aufbauphase geben. Im zweiten Teil dieses Textes findet Ihr spezifische Trainingsvorschläge für Eure Erholungswochen.
Falls Ihr Euch auf einen Marathon vorbereitet, der zwischen Mitte April und Anfang Mai stattfindet, werdet Ihr in diesen Tagen von der Grundlagenphase zur ersten Aufbauphase Eures Trainings wechseln. In dieser Phase werdet Ihr sowohl den Kilometerumfang einer jeweiligen Laufwoche als auch den Eurer längeren Läufe erhöhen.
Bitte beachtet in den kommenden drei bis vier Wochen einige der im Folgenden von mir für Euch zusammengefassten allgemeinen Grundprinzipien des Trainings. Sie werden Euch dabei helfen, für die anschließende zweite Aufbauphase (von März bis Anfang April), die dann den höchsten Kilometerumfang und die längsten Läufe Eurer Marathonvorbereitung beinhalten wird, bestens vorbereitet zu sein.
- Folgt dem Konzept der Periodisierung, indem Ihr im Anschluss an eine harte Trainingsphase eine lockere Trainingsperiode absolviert. Ein guter Plan würde zwei bis drei harte und intensivere Trainingswochen vorsehen, denen sich eine Erholungswoche mit leichterem und weniger intensivem Training anschließt.
- Ein Grundprinzip des Trainings der ersten Aufbauphase ist die Erhöhung des Kilometerumfangs Eurer langen Läufe, die ab einer Länge von 30 Kilometern marathonspezifische Läufe genannt werden. In meinem letzten Beitrag habe ich Euch Vorschläge zur Umfangsteigerung für alle Leistungsstufen gemacht.
- Für unsere Einsteiger und fortgeschrittenen Läufer: Wenn Euch der Kilometerumfang der langen Läufe keine Probleme bereitet, könnt Ihr nun auch deren Tempo langsam erhöhen. Aufgrund meiner Trainingserfahrungen schlage ich Euch vor, auf jeden Fall zunächst den Kilometerumfang gut zu meistern, bevor Ihr Eure Geschwindigkeit steigert. Und beginnt Eure Läufe in einem langsameren Tempo als Ihr sie beendet. Ihr folgt damit dem wichtigen Trainingsprinzip der „Negativen Splits“. Das bedeutet, dass Ihr es auf den ersten Kilometern etwas ruhiger angehen lasst und die zweite Hälfte Eurer gewählten Distanz etwas schneller rennt. Ich werde Euch noch einige Male auf diese „Negativen Splits“ hinweisen, denn es ist eines der notwendigen Hilfsmittel, um ein gutes Marathonresultat zu erreichen.
- Für unsere weiter fortgeschrittenen Läufer und Leistungssportler: Einige von Euch werden schon ein Intervalltraining pro Woche aufgenommen haben, wie beispielsweise ein 1000-Meter-Programm. In der ersten Aufbauphase sollte ein derartiges Programm Teil Eures Planes sein. In der zweiten Aufbauphase kann es dann erweitert werden. Achtet bitte auch auf eine angemessene Umfangsteigerung dieser Programme sowie Eurer marathonspezifischen Läufe und der Dauerläufe in mittlerer wie auch schneller Geschwindigkeit – so wie es Euer speziell auf Euch zugeschnittener Trainingsplan vorsieht.
- Unseren Triathleten, die diesen allgemeinen Hinweisen folgen und die einige Zeit nach ihrem Marathon an einem Triathlon teilnehmen, würde ich vorschlagen, in der ersten Aufbauphase zunehmend mehr laufspezifische Trainingseinheiten zu absolvieren. Eine Kombination aus beidem, einer Marathon- und Triathlonvorbereitung, ist möglich, um in beiden Events erfolgreich zu sein.
- Behaltet bitte während der ersten Aufbauphase auch die darauffolgende zweite Aufbauphase im Auge. Trainiert also immer mit Reserven – anstatt zu oft alles aus Euch herauszuholen und zu hart zu trainieren. Konzentriert Euch dabei auf den Gesamtverlauf Eures Trainings. Das bedeutet: Versucht, Euch in eine gute Form zu bringen, aber trainiert so, dass Ihr in der Lage seid, diese jetzige Trainingsperiode mit guten Kräften zu beenden, damit Ihr Euch nach einer Erholungswoche wieder erfrischt und motiviert fühlt. So werdet Ihr mit genügend Energie Eure besten Trainingsleistungen in der zweiten Aufbauphase Eurer Marathonvorbereitung – im März bis Anfang April – erzielen können.
Ich wünsche Euch so sehr, dass Ihr Eurem Plan erfolgreich folgen könnt und Euer Training gut läuft. Ihr habt noch einige Wochen Zeit bis zum Marathon, und so hoffe ich auch, dass Ihr zuversichtlich und zufrieden mit Euren Fortschritten seid.
Noch ein Gedanke: Falls Ihr einmal im Zweifel über eine harte Trainingseinheit seid, sie Euch zu schwer erscheint und Ihr Euch nicht kräftig genug fühlt, sie zu absolvieren, dann geht auf Nummer sicher und nehmt Abstand davon. Ihr könnt so einem „Übertraining“ oder gar einer Verletzung vorbeugen.
Anzeichen von „Übertraining“ sind: (1) ein erhöhter Ruhepuls am Morgen nach dem Aufwachen sowie ein erhöhter Puls während und nach einer Laufeinheit, (2) eine Verminderung der allgemeinen Erholungsfähigkeit, (3) anhaltende Müdigkeit und stärkere Muskelverspannungen als üblich, (4) vorzeitiges Abbrechen einer oder mehrerer Trainingseinheiten, (5) eine verstärkte Neigung zu Verletzungen, (6) die Schwächung des Immunsystems mit einem erhöhten Risiko für Erkältungen, (7) verminderter Appetit, (8) die Veränderung Eures normalen Schlafrhythmus, (9) Mangel an Konzentration und (10) das häufige Gefühl von Müdigkeit, Erschöpfung und/oder Überforderung.
Bitte fühlt Euch nicht entmutigt, wenn eine Verletzung, eine Erkältung, berufliche oder persönliche Herausforderungen oder vielleicht auch Reisepläne Euer Training verzögern. Das alles kann jedem passieren. Es ist nicht einfach, sich neuen Anforderungen zu stellen und sich den intensiven Trainingsbelastungen einer Marathonvorbereitung zu unterziehen. Falls Ihr Eurem Plan nicht folgen könnt, dann ist es immer gut, einen Schritt zurückzutreten, die Situation zu überdenken, Euren Plan zu modifizieren und dann mit verändertem Programm fortzufahren. Warum solltet Ihr Euch davor scheuen, wenn eine schwierige Situation es erfordert? Oftmals ist es der beste Weg, unnötigen Druck von Eurem bereits anspruchsvollen persönlichen Tagesplan und von anderen Zielen zu nehmen. Ihr werdet auf diese Weise mit mehr Kraft und neuem Mut das Training fortsetzen können.
Trainingstipps für Eure Erholungswochen
Erholungsphasen spielen eine entscheidende Rolle, um optimal für Euren Marathon vorbereitet zu sein. Sie sind ein unentbehrlicher Teil eines ausgewogenen Trainingsprogramms mit notwendiger Belastung und gezielter Erholung und helfen Euch, Eure Fitness bis zum Rennen stetig, effektiv und sicher aufzubauen. In meinem letzten Beitrag haben wir uns mit der allgemeinen Bedeutung der Erholungswochen beschäftigt und wann Ihr sie in Euren Plan aufnehmen könnt. Nun möchte ich Euch einige spezifische Trainingshinweise geben, die Ihr in Euren speziell auf Euch zugeschnittenen Trainingsplan integrieren könnt.
Einsteiger I und II: Bitte plant in Euren Erholungswochen nur einen Gesamtkilometerumfang von 50 bis 60 Prozent im Vergleich zu den harten und intensiven Trainingswochen ein. Das gilt auch für den Kilometerumfang Eures langen Laufes – 50 bis 60 Prozent des Umfangs des längsten Laufes Eurer harten Trainingswochen. Wählt auch niedrigere Geschwindigkeiten für Eure Haupttrainingseinheiten.
Wenn Euer Marathon auf einer hügeligen Strecke verläuft, dann ist es natürlich hilfreich, Euren längsten Lauf während der Erholungswoche auf einem ähnlich hügeligen Kurs zu rennen, um bestens vorbereitet zu sein. Beginnt dabei mit einem lockeren Tempo und beschleunigt in der zweiten Hälfte des Laufes, aber nur, wenn Ihr Euch ausreichend von den zuvor absolvierten harten Trainingswochen erholt habt. Für Einsteiger II: Bitte nehmt keinen Tempolauf oder Intervalle in Euren Plan auf, wie Ihr es von Euren harten Trainingswochen gewohnt seid. Plant stattdessen einen lockeren Dauerlauf von sechs bis acht Kilometern mit anschließenden acht bis zehn Steigerungsläufen. Erklärungen zu Steigerungsläufen könnt Ihr im Beitrag „Möchten Sie besser laufen? Dann entspannen Sie sich!“ finden.
Fortgeschrittene Läufer I und II: Bitte plant in Euren Erholungswochen nur einen Gesamtkilometerumfang von 50 bis 65 Prozent im Vergleich zu den harten und intensiven Trainingswochen ein. Wählt für die Dauer Eures langen Laufes 50 bis 60 Prozent des Umfangs des längsten Laufes Eurer harten Trainingswochen. Die Geschwindigkeiten für die Haupttrainingseinheiten sollten niedriger sein.
Wenn Euer Marathon auf einer hügeligen Strecke verläuft, dann ist es natürlich hilfreich, so wie ich es den Einsteigern unter Euch vorschlug, den längsten Lauf der Erholungswoche auf einem ähnlich hügeligen Kurs zu rennen, um bestens vorbereitet zu sein. Lauft dabei in einer Geschwindigkeit, die etwas schneller ist als die Eurer lockeren Läufe, jedoch nur, wenn Ihr Euch ausreichend von den zuvor absolvierten harten Trainingswochen erholt habt. Viele Athleten, die ich in den letzten Jahren betreut habe, empfanden den Umfang von 15 bis 16 Kilometern als angebracht für diese längste Trainingseinheit in der Erholungswoche.
Leistungssportler und diejenigen von Euch, die schneller als drei Stunden laufen wollen: Nutzt Eure lockeren und weniger intensiven Trainingswochen so gut wie möglich, um Eure nächste harte Trainingsphase nicht nur mit einem höheren Leistungsniveau zu beginnen, sondern auch um ohne Verletzungen oder Trainingseinschränkungen aufgrund von „Übertraining“ durch die gesamte verbleibende Marathonvorbereitung zu kommen.
Da in Euren Erholungswochen der Gesamtkilometerumfang geringer und die Intensitäten niedriger sind, bietet Euch diese Zeit eine gute Gelegenheit, Abstand von Eurem harten Trainingsrhythmus zu nehmen und Euch mit lockeren, kürzeren Läufen nicht nur muskulär, sondern auch mental zu erholen. Ihr werdet Eure ganze Konzentration für die zweite Aufbauphase und die darauffolgende „Tapering“-Phase („Reduktions“-Phase) benötigen. Bitte plant in Euren Erholungswochen nur einen Gesamtkilometerumfang von 60 bis 65 Prozent im Vergleich zu den harten und intensiven Trainingswochen ein.
Entscheidet mit Bedacht, welchen Umfang der längste Lauf Eurer Erholungswochen betragen soll. Vermeidet dabei einen Kilometerumfang von mehr als 75 Prozent im Vergleich zu den harten Trainingswochen und lauft ihn auf einer hügeligen Strecke, um bestens vorbereitet zu sein. Rennt diese Trainingseinheit mit mittlerer Geschwindigkeit, aber nur, wenn Ihr Euch bereits fünf bis sechs Tage lang sehr gut von den zuvor absolvierten, harten Trainingswochen erholt habt. Euer detaillierter Plan wird Euch zusätzliche Informationen dazu geben.
In der Mitte Eurer Erholungswoche, also etwa vier Tage nach Beendigung der zuvor absolvierten harten Trainingsphase, könnt Ihr ein leichtes Fahrtspiel oder ein kurzes Intervallprogramm laufen. Unseren schnellen Leistungssportlern schlage ich auf jeden Fall ein Intervalltraining, wie beispielsweise ein 300-Meter-Programm, vor.
Ein Fahrtspiel, auch bekannt als Fartlek [Schwedisch, fart = Geschwindigkeit, lek = Spiel], ist ein beliebtes Trainingsmittel, das mit freien Geschwindigkeitsvorgaben von abwechselnd schnell und langsam zu laufenden Streckenabschnitten auf der Straße oder auf einem Weg gestaltet wird – und vorzugsweise nicht auf einer Stadionrunde stattfindet. Es wäre dann ein typisches Geländefahrtspiel, eine von mir sehr geschätzte Trainingsform, die ich während meiner Zeit als Leistungssportlerin in all meinen Marathonvorbereitungen genutzt habe. Auch heute ist es Teil meines Fitnessprogramms, denn es macht nicht nur großen Spaß, sondern hat auch einen hervorragenden Trainingseffekt.
Wählt für das Fartlek einen leicht hügeligen Rundkurs, der in Euren Erholungswochen nicht länger als acht Kilometer sein sollte – einschließlich Warm-up und Cool-down von jeweils einem Kilometer. Ihr könntet zum Beispiel auf den Bergauf-Strecken zügig und bergab dagegen ganz locker laufen – oder es umgekehrt gestalten, ganz wie Ihr wollt und wie Ihr Euch innerhalb dieser Einheit fühlt.
Alternativ könnt Ihr anstelle des Fahrtspiels ein kurzes Intervallprogramm absolvieren, beispielsweise mit schnellen 200-Meter-Wiederholungen, wobei zehn bis zwölf davon ausreichend sind. Einen Tag nach dem Fahrtspiel oder dem Intervallprogramm schlage ich Euch einen Dauerlauf auf einer flachen und einfachen Strecke vor, den Ihr locker beginnt und in der zweiten Hälfte mit mittlerer Geschwindigkeit fortsetzt, um ihn dann in schnellem Tempo zu beenden. Beschleunigt das Tempo bitte nur, wenn Ihr Euch schon ausreichend erholt fühlt.
Für alle Läufer: Falls Ihr Euch nach einer Erholungswoche noch müde fühlt und spürt, dass Ihr weitere Erholung braucht, dann nehmt Euch bitte genügend Zeit, damit Ihr Euch vor der nächsten Phase körperlich und mental ausreichend kräftigt. In solch einem Fall ist es besser, lieber noch einen freien Tag ohne Laufen oder vielleicht sogar einen zweiten mit einem ganz lockeren und kurzen Dauerlauf an Eure Erholungswoche anzuhängen.
Ich sende Euch alles Gute und viel Erfolg für Eure Fitness und Euer Training. Habt Spaß bei allen Läufen auf immer wieder tollen Strecken und Wegen – und bleibt vor allem verletzungsfrei.
Keep running,
- Erschienen am 10. February 2013
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