Fauja Singh – mit 93 hat man als Weltrekordler im Marathon noch etwas vor

Fauja Singh beim Frankfurt-Marathon 2011. © www.PhotoRun.net
Fauja Singh beim Frankfurt-Marathon 2011. © www.PhotoRun.net

Die Welt des Langstreckenlaufens schreibt viele begeisternde Geschichten, aber der Lebenslauf von Fauja Singh ist einmalig. Als Bauernkind in Indien geboren, ist er vor elf Jahren nach England gekommen, und im Alter von 89 hat er mit dem Laufsport angefangen! Beim Flora London-Marathon im April ist das Sondertalent bei nassem, kaltem Frühlingswetter 6:07:13 gelaufen. Hut ab! Aber es gibt noch mehr zu bewundern.

Singh war schon 2002 Weltrekordler seiner Altersklasse, mit 5:40:14 in Toronto. Diese Leistungen haben die Sportartikelfirma adidas beeindruckt. Auf diese Weise ist der 93-Jährige ,Mitläufer’ von David Beckham und Zinedine Zidane geworden. Aber trotz seines Sponsorenvertrages leistet sich Singh kein Luxusleben. Er sammelt durch sein Laufen für wohltätige Zwecke, insbesondere für zwei Organisationen: die britische Herzstiftung und BLISS. BLISS kümmert sich um Frühgeburten. Als Schüler in Punjab in Nord-Indien lief er einst Crossläufe. Jetzt, nach einem halben Jahrhundert Unterbrechung, hat er sein Talent wiederentdeckt.

“Von Gottes Gnaden laufe ich noch“, erklärt er. “Und wegen meines Glaubens laufe ich, um den Schutzlosen zu helfen.” Dabei ist sein Körper ein Meisterwerk. Im Vergleich mit einem Durchschnittsmenschen im Alter von 93, ist Fauja Singh ein physiologisches Wunder. Seine allgemeine Kondition ist 180 Prozent höher als bei anderen in seinem Jahrgang. Aber es kommt noch besser: Es gibt einen Unterschied zwischen seinem linken und seinem rechten Bein. Nach wissenschaftlichen Untersuchungen gleicht sein linkes Bein mehr dem eines 20-Jährigen. Sein rechtes besitzt immerhin die Kraft eines 50-Jährigen. Immerhin schafft er ein bewundernswertes Trainingspensum: zirka sieben bis zehn Meilen (12 bis 16 Kilometer) pro Tag, wobei er eine Mischung aus Laufen und Gehen betreibt. Einmal in der Woche trifft er seinen Trainer, der auch ein Singh oder Sikh ist, aber mit Vornamen Hamander heißt. Der Langläufer Fauja Singh sagt: “Wenn ich müde bin, dann nehme ich meine Busfahrkarte.”

Mit den Jahren sind die Zähne nicht mehr so gut wie früher. Deswegen kann er nur noch weiche Kost essen, und die Augen sind auch nicht mehr so stark. Lesen und schreiben kann er nicht. Aber Kondition und Ehrgeiz sind stark. Zurzeit macht er eine längere Marathon-Pause. Er hat vor, in fünf Jahren zurückzukommen, um im Alter von 98 den Alters-Weltrekord zu unterbieten, der jetzt von einem Griechen gehalten wird. Als Vegetarier weicht Fauja Singh schwerer Kost aus, er trinkt eher Joghurt, Wasser und viel Tee mit Pfeffernuss. Und sein Rat, wie man die letzten sechs Meilen (zehn Kilometer) eines Marathons durchkommt? “20 Meilen zu laufen ist leicht, danach spreche ich mit meinem ,Rabba’ (Gott).“